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Silicium: Das digitale Metall

Rohstoff des Monats: Silicium
Das digitale Metall

Silicium ist unverzichtbar für Elektronik und Energiewende, für die Metall- und Baubranche. Obwohl es überall in der Erdkruste vorkommt, hat sich der Preis für den Ausgangsstoff im letzten Jahr verfünffacht.

Michael Grupp, Journalist, Stuttgart

Elementares Silicium wird aus Silicaten hergestellt; sprich: aus Quarzsanden. Die gibt es zwar wie Sand am Meer – trotzdem ist der Preis für Siliciummetall im zweiten Halbjahr 2021 von rund 2000 US$ auf einen Rekordpreis von 9500 US$ gestiegen. Eine langfristige Preis-Entwicklung ist schwer festzumachen. So treiben die Unsicherheiten im Rahmen des Ukrainekrieges die Preise weiter nach oben. Darüber hinaus hat die Entwicklungs- und Reformkommission der chinesischen Provinz Yunnan angekündigt, die Produktion von Siliciummetall wegen Energie-Beschränkungen und weiter verschärften Umweltauflagen langfristig deutlich zu senken. Mit einem Marktanteil von rund 64 % ist China das weltweit größte Förderland, es folgen Russland mit rund zehn und die USA mit gut fünf Prozent. Die Deutsche Rohstoffagentur ordnet Silicium wegen der starken regionalen Konzentration in die Gruppe der Rohstoffe mit den höchsten Preis- und Lieferrisiken ein.

Die Produktion von elementarem Silicium ist aufwendig: Zuerst wird der Ausgangsstoff Siliciumdioxid (Quarzsande) bei Temperaturen von rund 2000 °C im Lichtbogenofen reduziert. Dabei entsteht Siliciummetall plus Kohlenmonoxid. Rohsilicium enthält mindestens 98,5 % Silicium sowie maximal 0,5 % Eisen, 0,5 % Aluminium und 0,3 % Calcium. Es wird hauptsächlich als Aluminium-Legierung eingesetzt, um Schwindung und Fließeigenschaften positiv zu beeinflussen.

Solartechnologie und Halbleiter

Für die meisten industriellen Anwendungen wird allerdings hochreines Silicium gebraucht, sogenanntes Polysilicium oder Solarsilicium. Der Name ist Programm: Rund 90 % des global produzierten Materials werden für die Herstellung von Solarpanelen eingesetzt, rund 10 % wandern in die Mikrochip-Industrie. Nur ein relativ kleiner Teil landet beispielsweise als Legierungszusatz im Schmelztiegel, als Schleifmittel in Zahnpasta oder in Form von Silikon in der plastischen Chirurgie.

Silicium Valley

Zur Veredelung wird Rohsilicium mit Chlorwasserstoff in flüssiges Trichlorsilan umgewandelt und anschließend destilliert. Das entstehende Produkt ist polykristallin und wird deshalb kurz Polysilicium genannt. Es besitzt eine Reinheit von mindestens 99,9999 %. Für die Halbleiterindustrie muss die Reinheit allerdings 99,999999999 % betragen; das bedeutet weniger als ein Fremdatom auf 100 Mrd. Siliciumatome. Das kann durch mehrmaliges Zonenschmelzen erreicht werden, die Verunreinigungen lösen sich dabei in der Schmelze und werden abgetrennt.

Durch die gezielte Einlagerung von Fremdatomen können im nächsten Schritt die elektrischen Eigenschaften von Polysilicium maßgeschneidert in einem weiten Bereich verändert werden – als Grundlage für unterschiedliche elektronische Anwendungen von Mikrochips bis hin zur Fotovoltaik. Die Namensgebung für ein kleines Tal in Kalifornien belegt die Relevanz dieses Grundstoffs für die weltweite Halbleiter- und Computerindustrie – obwohl es (zumindest im deutschen Sprachgebrauch) eigentlich Silicium Valley heißen müsste.

Aus Licht wird Strom

Die Wirkungsweise eines Solarpanels ist einfach: Die Module bestehen aus zwei Siliciumschichten. Die obere Schicht enthält eine exakt definierte Anzahl von Phosphor-Atomen, die untere entsprechend Bor-Atome. Trifft ein Sonnenstrahl auf ein Elektron in der oberen Schicht, wandert es nach unten. Dadurch entsteht eine elektrische Spannung, die als Gleichstrom zu einem Wechselrichter fließt, welcher dann das gewünschte Spannungsniveau erzeugt – genügend Sonneneinstrahlung vorausgesetzt. Ein standardisiertes Grundmodul mit der Kantenlänge von 12,5 Zentimeter erzeugt bei voller Sonneneinstrahlung ungefähr zwei Watt.

Wacker Chemie AG ist mit zwei Produktionsstandorten in Deutschland und einem in den USA der weltweit zweitgrößte Produzent von Polysilicium. Insgesamt mehr als 3500 Beschäftigte produzieren jährlich rund 80.000 Tonnen. Im Bereich Panel-Produktion hat Deutschland dagegen seinen Spitzenplatz verloren: Die Zahl der Arbeitsplätze in der Solarindustrie hat sich mit dem Auslaufen von Förderprogrammen seit 2012 halbiert.

Deutschland ist Siliciumland

Silicium könnte allerdings auch hierzulande wieder eine Renaissance erleben: vergleichbar mit Wasserstoff als Energieträger der Zukunft. So kann Siliciumdioxid unter Energiezufuhr in Silicium und Sauerstoff aufgespalten werden. Das reine Silicium kann gespeichert und in anderen Prozessen wieder zur Energiegewinnung eingesetzt werden. Als Verbrennungsprodukt entsteht lediglich Sandstaub.


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