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Stahpreis: Erneuter Umschwung am Stahlmarkt?

Aktuelle Stahlpreisentwicklung
Stahlpreis: Erneuter Umschwung am Markt?

Auf der Nachfrageseite zeichnet sich auf dem Stahlmarkt – ausgenommen der Automotive-Bereich – ein recht einheitliches Bild ab: Bauindustrie, verarbeitendes Gewerbe und Maschinenbau bewegen sich alle auf gutem Niveau, sorgen also kurzfristig für eine konstant hohe Nachfrage am Stahlmarkt.

In den Branchen hat sich allerdings ein enormer Backlog aufgebaut. Aus verschiedenen Gründen, hauptsächlich aufgrund der Lieferkettenprobleme, wurden nicht die Umsätze generiert, die möglich gewesen wären. Irgendwann aber werden sich die Lieferketten wieder erholen. Sobald das beginnt, befürchtet die Digitalplattform Stahlkompakt massive Probleme in der Stahlversorgung. Bereits zum Jahreswechsel gab es erste Anzeichen, dass dieser Punkt nicht in allzu ferner Zukunft liegt: etwa Rekordwerte bei den Auftragserteilungen im Baugewerbe sowie bei den Auftragseingängen im Maschinenbau. Der Automotive-Bereich befindet sich nach wie vor auf einem äußerst niedrigen Produktionsniveau. Aber auch hier wird sich die Situation wieder ändern und die Stahlnachfrage anziehen. Am Stahlmarkt stets zu berücksichtigen ist auch die psychologische Komponente. Es wird dort nicht immer rational gehandelt. Allein durch die Meldung „Automobilwerke fahren die Produktion und damit die Stahlbedarfe wieder hoch” könnten Überreaktionen entstehen.

Produktionsseitig zeigten sich in den letzten Wochen in Deutschland kaum Veränderungen, durch welche die Marktlage nennenswert beeinflusst wird. Auslastung und Preisniveau bieten derzeit vermutlich wenig Motivation, den Output zu steigern. Auf europäischer Ebene war laut Eurofer-Daten in den letzten Wochen aber ein Rückschritt erkennbar, durch den auch in Deutschland die verfügbare Menge im Markt beeinflusst wird.

Die Angebotssituation insgesamt hat sich aus Einkäufersicht, insbesondere aufgrund des Außenhandels, zwar bis Oktober erheblich verbessert und in Summe war 2021 hier ein Rekordjahr. Die letzten beiden Monate 2021 zeigten aber einen deutlichen Abwärtstrend. Zusammen mit den rückläufigen Produktionsmengen auf europäischer Ebene ergibt sich daraus ein deutlich spürbarer Rückgang der im Markt angebotenen Mengen. Ein allgemeiner Ausblick ist daher und aufgrund vieler unsicherer Entwicklungen weiterhin schwierig.

Es besteht die Gefahr einer erneuten Verknappung, wenn die entstandenen Überhänge an Aufträgen oder Baugenehmigungen abgearbeitet werden können und so die Stahlnachfrage erhöhen. Die Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage ist erstmals seit einigen Monaten wieder in Richtung eines Nachfrageüberhangs gekippt. Neben den geschilderten Mengen-Faktoren müssen auch die gestiegenen Produktionskosten berücksichtigt werden. Die Energiekosten waren ohnehin auf hohem Niveau, jetzt ergeben sich zudem negative Einflüsse aus dem von Russland geführten Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Entwicklung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorherzusagen, zu Preisreduzierungen wird es aber sicherlich nicht kommen.

Der Krieg in der Ukraine

Etwa 22 bis 23 Prozent der Stahlimporte in die EU stammen aus Russland, Belarus und der Ukraine. Dies wirkt erst mal bedrohlich und wird sich mit Sicherheit auch bemerkbar machen. Betrachtet man aber den Anteil dieser Mengen am Gesamtmarkt in Europa, so machen sie nur etwa drei bis vier Prozent aus. Dies relativiert die Bedeutung dann wieder. Zu bedenken ist aber, dass der Stahlmarkt nicht immer nur faktenbasiert ist. Psychologie spielt – siehe oben – eine wichtige Rolle und eine Situation, wie wir sie aktuell in der Ukraine erleben, kann zu entsprechenden Überreaktion im Markt führen. Es wird daher neben den Einflüssen durch die steigenden Energiekosten auch eine Preissteigerung aufgrund dieser Ereignisse erwartet.

Schaut man genauer in die betroffenen Produktgruppen, so ist festzustellen, dass Importe aus Russland dabei ganz klar von Warmbreitband mit etwa zwei Millionen Tonnen im letzten Jahr dominiert werden. Auf den folgenden Plätzen liegen dann Baustahl, feuerverzinktes Material, Quartoblech, Draht und Stabstahl, allerdings jeweils mit nur kleineren Mengen zwischen 0,2 und 0,4 Mio. Tonnen. Aus der Ukraine waren die beiden Hauptbereiche Quartoblech mit etwas weniger als einer Million Tonnen Import in die EU sowie Warmbreitband mit 0,6 Mio Tonnen. Darüber hinaus sind die wesentlichen Importbereiche Draht, feuerverzinktes Material und kaltgewalztes Blech mit Mengen zwischen 0,2 und 0,4 Mio. Tonnen.

Was der Einkauf tun kann

Stahlkompakt empfiehlt jetzt Ware zu sichern: lieber zu viel kaufen, sich dafür aber langfristig absichern. Preise, die heute vielleicht hoch erscheinen, könnten in den nächsten Monaten zu „Schnäppchen“ werden. Wichtig ist zudem: immer „am Ball“ und in gutem Austausch mit dem Händler zu bleiben. Elementar ist die kontinuierliche Beobachtung des Marktes. Hier sollte sich intensiv mit den unterschiedlichen Einflussfaktoren der jeweiligen Stahlsorten beschäftigt werden. Von einer Gesamtmarktsicht lässt sich nicht direkt auf die eigenen Sorten schließen. Die Entwicklung im Markt stellt sich sehr unterschiedlich dar, je nachdem, in welcher Branche der Stahl überwiegend fließt oder aus welchen Regionen er überwiegend beschafft wird. Der Einkauf sollte dieses Know-how über die verwendeten Stahlsorten aufbauen, um in der Lage zu sein, zum richtigen Zeitpunkt zu optimalen Marktpreisen einkaufen zu können.


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