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Die Lage am Stahlmarkt im November 2020

Stahlpreisentwicklung aktuell – eine Analyse
Die Lage am Stahlmarkt im November 2020

Nachdem wir uns bereits in unseren vergangenen beiden Beiträgen mit dem Einfluss der Corona-Krise auf den Stahlmarkt beschäftigt haben, möchten wir Ihnen noch einmal ein allgemeines Update zur aktuellen Lage am Stahlmarkt (Stand 30.10.2020) geben:

Demnach hat sich die Nachfrage-Seite doch recht schnell erholt, jedenfalls schneller als gemeinhin befürchtet. Gesamtwirtschaftlich werden für das 3. Quartal 2020 sehr positive Zahlen berichtet, sodass Wirtschaftsminister Peter Altmaier den im Frühjahr zunächst erwarteten Wirtschaftsrückgang in 2020 von 6,3 auf 5,8% reduziert hat. Dies betrifft natürlich auch die Stahlnachfrage.

So ist beispielsweise der Destatis-Auftragsindex für Investitionsgüter in den Monaten Juni bis August im Durchschnitt etwa auf Vorjahresniveau, ähnlich ist die Lage in der Bauindustrie (Index Auftragseingang Baugewerbe Juni bis August 2019 zwischen 120 und 123; Juni bis August 2020 zwischen 117 und 124; Quelle: www.destatis.de) Der Einkaufsmanager-Index (EMI) im verarbeitenden Gewerbe liegt sogar über den Werten von 2019.

Lediglich die Automotivindustrie lag in den Monaten Juni bis September noch recht deutlich hinter den Vorjahreswerten zurück (durchschnittlich knapp 20%, in der Spitze mit 37% im Minus; Quelle: vda.de)

Im Gesamtbild liegt die Nachfrage aber bereits annähernd auf dem Niveau vom Vergleichszeitraum 2019, was sich auch im Stahlkompakt-Index (siehe Grafik) widerspiegelt.

Auf Angebotsseite sieht dies hingegen anders aus. Die Produktionsmengen in Deutschland liegen seit März zwischen 15% und 30% unter den Werten von 2019 (Mittelwert Deutschland Juni bis September 2020: ca. 2,7 Mio. Tonnen; Vergleichszeitraum 2019: 3,4 Mio. Tonnen; Quelle: worldsteel.org)

In diesem Zusammenhang ist allerdings anzumerken, dass dies nicht allein auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist, da die Stahlproduktion bereits mehrere Monate zuvor bis zu 15% unter dem Vorjahresniveau lag. Auf EU-Ebene ist die Entwicklung sehr ähnlich mit bis zu 30% Rückgang während der Corona-Zeit bei ebenfalls schon spürbaren Abschlägen auch in den Monaten zuvor.

Die Gegenüberstellung der Indexwerte des Stahlkompakt Angebots- und Nachfrageindex zeigt sehr deutlich die auseinandergehende Entwicklung. Erste vorliegende Daten deuten für den Oktober auf einen Angebotsindex im Bereich 80 bis 85 hin; er hinkt also immer noch deutlich der Nachfrage hinterher.

Tendenziell wird es insofern zu erhöhten Preisen führen, wenn das Angebot nicht kurzfristig nachzieht oder die Nachfrage in Folge der zweiten Corona-Welle wieder abnimmt.

Ein Ausblick

Nach unserer Einschätzung werden wir in der Automobilindustrie mit den reduzierten Bedarfen auch in der Nach-Corona-Zeit – wann immer die sein wird – leben müssen. Die Produktionszahlen aus den Jahren bis 2018 werden wir auch mittelfristig nicht wieder erreichen. Daher wird eine entsprechende Lücke in der Stahlnachfrage bestehen bleiben. Dies wird einerseits auf Angebotsseite dadurch kompensiert, dass nicht alle Kapazitäten in Europa wieder komplett hochgefahren werden. So schließt ArcelorMittal pandemiebedingt beispielsweise noch in diesem Jahr sein Werk in Krakau (Polen). Auch in Deutschland werden wir wohl nicht mehr mit einer Kapazitätsauslastung von bis zu 85% rechnen können.

Die deutsche Wirtschaft hat aber jetzt wie auch bereits nach der letzten großen Wirtschaftskrise 2008/2009 gezeigt, wie schnell sie sich erholen kann. Diese Erholung war im Sommer bzw. in Q3 erkennbar und wird auch nach der zweiten Corona-Welle einsetzen. Wie oben aufgezeigt, waren wir auf Nachfrageseite trotz weiterhin schlechter Automotiv-Zahlen sehr schnell wieder nah an dem Vorkrisenniveau dran. Andere Branchen werden sich dementsprechend nach der Krise positiver als erwartet entwickeln und so die Lücke der rückläufigen Automotiv-Nachfrage teilweise mit schließen können.

Da wir in den Vorjahren häufig das Thema Überkapazitäten thematisiert haben, ist eine gewisse Marktbereinigung durch weitere Schließungen oder Übernahmen – siehe entsprechende aktuelle News zu Übernahmegesprächen zwischen Thyssen, Tata, SSAB oder Liberty – also auch nicht ausgeschlossen.

In den nächsten Monaten gehen wir daher noch von starken Schwankungen aus: im Lockdown rückläufige Bedarfe, eine nach einem Lockdown hochschnellende Nachfrage (dieses Jahr beispielsweise in der Investitionsgüter-Branche zu beobachten.)

Da die Angebotsmenge in der Regel nicht so schnell reagieren kann, könnte dies auch zu deutlichen Schwankungen bei den Stahlpreisen und Verfügbarkeiten führen: gleichzeitig Chance, aber auch Risiko für den Stahleinkäufer.

Zu einer Beruhigung der Stahlpreise wird es unseres Erachtens erst im 2. Halbjahr 2021 kommen, wenn es bis dahin die versprochenen Impfstoffe geben sollte und sich das Infektionsgeschehen daher besser unter Kontrolle halten lässt, mit den entsprechenden Auswirkungen eben auch auf die Wirtschaft.

Mehr zum Thema „Stahl und Stahlbeschaffung“, insbesondere auch zu den aktuellen Stahlpreisentwicklungen, finden Sie auf www.stahl-kompakt.de.


STAHLkompakt ist ein Angebot der HKN & Internet
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