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Rohstoff des Monats: Tantal

Der Rohstoff des Monats: Tantal
Tantal für die Industrie

Tantal ist das seltenste aller stabilen Elemente im gesamten Sonnensystem. Es lässt sich bei Zimmertemperatur schmieden und besitzt dabei einen extrem hohen Schmelzpunkt. Tantal ist biokompatibel und gleichzeitig unverzichtbar als Werkstoff für die Halbleiterindustrie.

Entdeckt wurde Tantal 1802 von Anders Gustav Ekeberg in Schweden. Er gab dem Metall seinen Namen – analog zu König Tantalos, der laut griechischer Mythologie als Strafe von Gottvater Zeus seinen Durst mitten in einem See nicht stillen kann. Oder chemisch ausgedrückt: Tantal(V)-oxid Ta2O5 widersteht (fast) allen Säuren und Basen einschließlich Königswasser. Dafür sorgt eine dünne, aber sehr dichte und stabile Schicht aus Tantalpentoxid.

Die Kombination von vier Eigenschaften macht Tantal so einzigartig: Leitfähigkeit, Härte, Beständigkeit und die hohe Schmelztemperatur von 3942 °C.

Relativ günstig, absolut unverzichtbar

Rund ein Drittel (32 %) der weltweiten Förderung wird in der Halbleiterindustrie eingesetzt. Tantal ermöglicht extrem kleine und leistungsfähige Kondensatoren, die lange halten und wenig Strom verbrauchen – also auch weniger Wärme entwickeln. Ein knappes Viertel (23 %) der Tantalförderung wird als Leistungsadditiv für die Produktion von korrosions-, säure- und hitzebeständigen Stählen verwendet. Diese werden dann zum Beispiel für Ausrüstungskomponenten in der chemischen Prozessindustrie, für Komponenten in der Kerntechnik, im Raketen- und Flugzeugbau sowie für die Herstellung von panzerbrechender Munition genutzt. In Verbindung mit Karbid erreicht Tantal fast die Härte von Diamanten; deshalb wird das Element auch für Schneidwerkzeuge eingesetzt.

Geht unter die Haut

Ein weiteres Einsatzgebiet sind chirurgische Implantate. Tantal geht keine Verbindung mit Körpergewebe und -flüssigkeiten ein. Die Oberflächenstruktur unterstützt gleichzeitig das Einwachsen in den menschlichen Körper. Moderne Hüftgelenke, chirurgische Nägel und Schrauben bestehen überwiegend aus dem bioneutralen Material. Neben medizinischen Vorzügen besitzt Tantal auch optische Qualitäten und wird deshalb für hochbrechende Linsen benutzt – in dem Hubble-Weltraumteleskop ebenso wie in der Photo-lithographie für die Belichtung von Silizium- Wafern. Historisch war Tantal vor allem für Glühbirnen und Schreibgeräte wichtig – Lampenfäden und Füllerfedern bestanden häufig aus diesem Element.

Die Zukunft von Tantal

Der Einsatz als Additiv in Legierungen für die Luft- und Raumfahrt wie auch im Anlagenbau wird laut Einschätzung der Deutschen Rohstoffagentur DERA in der Zukunft weiter steigen. Gleichzeitig prognostiziert die DERA einen Rückgang des Verbrauchs von Tantalkarbid in der Hartmetallindustrie. Als Gründe

nennt die Agentur gesteigerte Substitutions- und Recyclingbemühungen.

Aktuell macht Recycling aber nur rund 20 Prozent vom Gesamtangebot aus; den größten Anteil daran stellen Schrotte aus der Produktion. Das Recycling aus Tantalkondensatoren ist aufgrund der starken Verdünnung des Materials derzeit unwirtschaftlich.

Recycling ist rar

Weltweit wird nur ein Prozent des in Altgeräten verwendeten Metalls zurückgewonnen, in der Europäischen Union liegt die Recyclingquote immerhin bei sechs Prozent.

2018 betrug die weltweite Förderung von Tantal insgesamt 1900 t. Bei einem Kilopreis von rund 260 US$ für Tantalkonzentrat entspricht das einem Gegenwert von knapp 500 Mio. US$. Zum Vergleich: Ein Kilobarren Gold kostet derzeit mehr als 60.000 US$. Insgesamt belaufen sich die globalen Reserven des Elements auf etwa 98.000 t. Diese würden bei der derzeitigen jährlichen Fördermenge noch für rund 75 Jahre ausreichen.

Besser nicht

Zwei Gründe treiben die Substitution von Tantal voran: die Volatilität des Marktes sowie die Förderbedingungen. Der Tantalmarkt zeichnete sich in den letzten Jahrzehnten durch ein Wechselspiel zwischen Angebotsüberschüssen und -defiziten aus. Mit dem Siegeszug des PCs in den beginnenden 80er- Jahren sowie den Handys in den Nullerjahren explodierten jeweils Spekulationen im Markt und damit die Preise, bevor diese wieder auf das vorherige Niveau sanken.

Rund die Hälfte (51 %) des weltweit verbrauchten Tantals stammt aus der Region der großen Seen in Zentralafrika. Die Haupt-förderländer sind dort Ruanda und der Kongo, gefolgt von Brasilien (12 %), China (10 %) und Australien (3 %). Ins Gewicht fallen außerdem noch die Verarbeitung tantalhaltiger Zinnschlacken vor allem in SO-Asien; deren Anteil liegt derzeit trotz rückläufiger Entwicklung noch bei rund neun Prozent.

In Afrika wird Tantal vor allem in Kleinbergwerken geschürft – der Anteil der sogenannten artisanalen, also der nicht-industriellen Förderung liegt laut Recherchen der DERA bei rund 60 Prozent. Rund zwei Millionen Kleinschürfer bestreiten allein im Kongo ihren Lebensunterhalt durch Mineralabbau; zum Teil unter katastrophalen Bedingungen.

Wegen seiner Flexibilität und den Möglichkeiten zu kurzfristigen Produktionssteigerungen wird nach Einschätzung der DERA der Artisanal- und Kleinbergbausektor weiterhin eine wichtige Rolle in der weltweiten Förderung spielen. Deshalb wurde Tantal von der US-amerikanischen Börsenaufsicht SEC als „Konfliktmineral“ eingestuft.

Darüber hinaus soll eine EU-Verordnung sicherstellen, dass Tantal-Importeure internationale Beschaffungsstandards einhalten, die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) festgelegt wurden.

Einzigartig

Tantal kann substituiert werden, allerdings mit Leistungseinbußen bei den spezifischen Eigenschaften des Endproduktes. So kann Tantal in Kondensatoren durch Aluminium ersetzt werden, in korrosionsfesten Geräten durch Titan und in Hochtemperatur-Applikationen durch Wolfram.


Michael Grupp, freier Journalist aus Stuttgart

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