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Lieferantenmanagement: Greenwashing in der Lieferkette vermeiden

Aufbau eines datenbasierten Monitorings im Lieferantenmanagement
Greenwashing in der Lieferkette vermeiden

Bei Greenwashing-Fällen steckt meist keine böse Absicht dahinter, sondern Unwissen. Ein Großteil des ökologischen Fußabdrucks eines Herstellers stammen aus der Lieferkette. Wer Greenwashing-Vorwürfe vermeiden will, braucht also in erster Linie vollständige Transparenz über die eigene Supply Chain.

Verbraucher, Investoren und weitere Stakeholder stellen immer höhere Ansprüche an den ESG-Aspekt des Geschäfts sämtlicher Unternehmen. Dieses Interesse wächst in Zukunft noch weiter, aber bereits jetzt kann es über Verkaufszahlen oder Kooperationen entscheiden. In irgendeiner Form Nachhaltigkeit an die Öffentlichkeit zu kommunizieren ist daher in kaum einer Branche verhandelbar.

Ist diese Kommunikation aber nicht fundiert, droht besonders Unternehmen, die stark im Fokus stehen, der Vorwurf des Greenwashings. Nicht nur, dass diese der eigenen Reputation großen Schaden zufügen können, auch finanziell können die Auswirkungen hoch sein. Gar nicht angesprochen sind an dieser Stelle die gesetzlichen Anforderungen, die detaillierte ESG-Reportings verlangen, um Compliance mit der Regulatorik sicherzustellen, Strafen zu vermeiden und den Marktzugang zu sichern.

Sicherheit ist Resultat zuverlässiger Zulieferer-Daten

Der entscheidende Faktor hierbei sind die Lieferkette und insbesondere die Auswahl der Zulieferer. Je nach Branche stammen bis zu 98 Prozent des ökologischen Fußabdrucks aus dem Wertschöpfungsnetzwerk. Hinzu kommen jenseits der Greenwashing-Frage soziale Aspekte wie die Wahrung der Menschenrechte. Es ist zu einer grundlegenden Aufgabe geworden, bei der Gestaltung der Supply Chain nicht nur Kosten und Versorgungssicherheit zu berücksichtigen, sondern auch das Thema ESG. Unternehmen brauchen ein Setup, um vollständige und belastbare Daten ihrer gesamten Lieferkette zu bekommen, um dadurch Transparenz herzustellen. Denn ohne solche Daten von Seiten der Zulieferer fehlt Nachhaltigkeitsbehauptungen die nötige Grundlage.

Beim CO2-Fußabdruck beispielsweise umfassen Scope-1– und Scope-2-Emissionen nur das, was ein Unternehmen selbst direkt ausstößt, beziehungsweise die Energiequellen, die es für seinen Betrieb einkauft und einsetzt. Scope-3-Emissionen dagegen umfassen sämtliche eingekauften Produkte und Dienstleistungen. Diese zu quantifizieren stellt offensichtlich eine entsprechend große Herausforderung dar. Gerade Hersteller mit komplexer Produktion müssen schnell eine fünfstellige Anzahl direkter und indirekter Zulieferer managen. Die wesentliche Rolle und primäre Rolle, damit dies gelingen kann, gehört dem Einkauf.

Gefahrenquelle Einkaufspolicy

Nicht alleiniges Mittel der Wahl sollten dabei jedoch die Einkaufspolicies darstellen, die Vorgaben zur Nachhaltigkeit sicherstellen sollen. Die Zulieferer stimmen zu und der Hersteller wähnt sich auf der sicheren Seite – doch diese Sicherheit kann trügen. Halten wirklich alle Zulieferer sich an diese Policy? Behandeln alle Seiten sie mit dem nötigen Ernst, oder werden am Ende aus Kostengründen Abstriche gemacht und unter den Tisch gekehrt? Es ist kein Geheimnis, dass solche Fälle existieren.

Die Arbeit im Bereich ESG ist deshalb mit der Einkaufspolicy nicht getan, zusätzlich benötigt es belastbare Daten und Nachweise, um wirklich auf der sicheren Seite zu sein.

Belastbare „grüne“ Kommunikation

Nachhaltigkeit in der Lieferkette bedeutet, dass sie nicht nur in Teilaspekten, sondern in ihrer Gesamtheit transparent und belastbar ist. Dies berücksichtigt nicht nur den CO2-Abdruck, auf dem gegenwärtig meist der größte öffentliche Fokus liegt, sondern von regulierten Stoffen und Materialien bis hin zu ethischen Praktiken weit mehr. Nur wenn all dies beachtet wird, stellen Unternehmen sicher, dass sie ESG-Anforderungen und Richtlinien zur Produktkonformität erfüllen oder sogar übertreffen.

Es ist ein positiver Nebeneffekt zur Gesetzessicherheit, dass Unternehmen dadurch, dass sie Daten in die Nachhaltigkeit ihrer Lieferkette einbeziehen, in ihrer strategischen Kommunikation „grüne“ Aussagen nach Außen tragen können, die sie auch verteidigen können. Aspekte, die darunter fallen, sind:

  • Die Umweltleistung von Lieferanten.
  • Das Sicherstellen einer nachhaltigen und ethischen Beschaffung von Materialien.
  • Der Schutz der Lieferkette vor Risiken wie Sklaverei, Kinderarbeit und Korruption.
  • Das Bewerten des Umfangs der Einhaltung nationaler wie internationaler gesetzlicher Anforderungen im Hinblick auf die hergestellten Produkte.

Jede Behauptung über den ökologischen Fußabdruck eines Produkts sollte mit Daten untermauert sein und es sind die Einkäufer, die entscheidend dazu beitragen können, diese Daten zu bekommen. Dies hilft dem ganzen Unternehmen und ist natürlich auch im eigenen Interesse, wenn bei Verstößen die Frage „Wieso ist dieser Zulieferer in unserer Lieferkette?“ aufkommt.

Alleine ein ernsthaftes Bemühen um Compliance und Nachhaltigkeit nachweisen zu können, hilft bereits dabei, vielen möglichen Problemen mit gesetzlichen Anforderungen und Greenwashing-Vorwürfen zu begegnen. Zudem trägt es dazu bei, dass Kommunikation und Marketing nach Außen eine tatsächlich fundierte ESG-Kommunikation betreiben können.

Aufbau eines ESG-Programms – auch bei komplexen Strukturen

Erste Aufgabe ist also, den Aufbau einer Struktur zum Einholen von Daten für ESG-Nachweise auf die Agenda der Entscheider zu bringen. Bei einer hohen Anzahl an Zulieferern manuell vorzugehen, ist wenig erfolgversprechend. Mittlerweile sind hierfür mehrere spezialisierte IT-Plattformen verfügbar. Ein Beispiel dafür ist Assent, das sich vor allem auf Hersteller mit besonders komplexen Lieferketten spezialisiert und das Sammeln, Managen und die Analyse von Daten für verschiedene ESG-Anforderungen unterstützt – darunter unter anderem Konfliktminerale, Menschenhandel und Sklaverei. Auf Basis der weltweit größten Datenbank an Nachhaltigkeitsdaten sowie direktem Zugang zu Experten erhalten Unternehmen zuverlässige Auswertungen zum Status Quo und Risiken.

Diese Analysen sind es, wodurch Aussagen über den ökologischen Fußabdruck eines Produkts mit Beweisen untermauert werden können. Greenwashing kann wie erwähnt auch unabsichtlich sein, doch dies schützt nicht vor Vorwürfen und rechtlichen Sanktionen. Zulieferer mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen ist unabdingbar. Zusätzlich gibt der Fokus auf Nachhaltigkeit in der Lieferkette tiefere Einblicke in die ESG-Gesamtleistung eines Unternehmens und ermöglicht stärkere Nachhaltigkeitsaussagen über den eigenen ESG-Fußabdruck in seiner Gesamtheit.

Beim Aufbau eines Nachhaltigkeitsprogramms sollte unter anderem folgendes auf der Checkliste stehen:

  • Ausgangspunkt ist eine „Gap-Analyse“
  • Eine Risikoanalyse, um Risiken zu erkennen, zu reduzieren und vorzubeugen
  • Direkter Kontakt zu Lieferanten
  • Nachhaltiges Supply-Chain-Management geht über direkte Lieferanten hinaus
  • Indirekte und erweiterte Methoden der Lieferantenprüfung (z.B. Überwachen negativer Medien oder die Bewertung von Georisiken)
  • Branchenübliche Umfragen, um Daten der Zulieferer zu sammeln
  • Konstante Entwicklung und Aufklärung von Lieferanten
  • Zugang zu Fachwissen und Experten
  • Einsatz von Technologie und Automatisierung
  • Integration des nachhaltigen Lieferkettenmanagements in bestehende interne Prozesse
  • Buy-In des obersten Managements

Wer eine gut ausgebildete und unterstützte Lieferkette hat, hat eine konforme Lieferkette. Und wer heute ein Nachhaltigkeitsprogramm für die eigene Supply Chain einführt und dieses dann konstant weiterentwickelt, der ist auch auf die gesetzlichen Anforderungen von morgen vorbereitet – denn weniger werden diese nicht. Zusätzliches Nebenprodukt ist eine ESG-Kommunikation mit gutem Gewissen.


Bild: Assent

Patrick Klaver

Vice President und Managing Director Europe bei Assent Inc.

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