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Verbesserung der Working-Capital-Performance

REL Working-Capital-Studie 2018
Verbesserung der Working-Capital-Performance

Verbesserung der Working-Capital-Performance
Insgesamt liegen knapp 1,115 Billionen Euro an Liquiditätspotential brach. Trotz dieses enormen Liquiditätspotenzials haben die europäischen Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr die beste Working Capital-Performance seit 2008 erzielt. Bild: nordroden/Fotolia

Im Geschäftsjahr 2017 konnten deutsche Großunternehmen ihr Working Capital, also ihr Umlaufvermögen, etwas verbessern: Die in der REL-Studie analysierten 134 deutschen Unternehmen (ohne Finanz- und Versicherungsunternehmen) wiesen 2017 eine Kapitalbindungsdauer (Cash Conversion Cycle, CCC) von durchschnittlich 47,4 Tagen gegenüber dem Vorjahr mit 48,8 Tagen auf. Auch die untersuchten 24 DAX-Unternehmen – ebenfalls ohne Finanzinstitute und Versicherungen – konnten ihren CCC-Wert gegenüber dem Vorjahr leicht auf 54 Tage verbessern (2016: 55), lagen aber dennoch – gemessen am deutschen Unternehmensdurchschnitt – um über 7 Tage schlechter.

Insgesamt liegen knapp 1,115 Billionen Euro an Liquiditätspotential brach. Trotz dieses enormen Liquiditätspotenzials haben die europäischen Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr die beste Working Capital-Performance seit 2008 erzielt. Das lag vor allem daran, dass die europäischen Großunternehmen wesentliche KPIs geändert haben: Sie reduzierten ihren DSO-Wert um 5,2 Prozent, trieben also ihre Zahlungen vonseiten der Kunden um 2,6 Tage schneller ein als im Vorjahr und bauten ihren DIO-Wert, der die Bevorratung und Lagerhaltung angibt, um 6,1 Prozent , also um 3,9 Tage ab. Diese Verbesserungen wurden aber zum Teil durch das veränderte Zahlungsverhalten zunichte gemacht: Die Unternehmen zahlten ihre Verbindlichkeiten (DPO) um 3,6 Tage schneller als im Vorjahr. Unter dem Strich, so die Studie, könnte durch eine Optimierung der Kenngrößen DPO, DIO und DSO weitere erhebliche Liquidität freigesetzt werden. Bei den 134 untersuchten deutschen Großunternehmen liegt dieses Potenzial bei 278 Milliarden Euro und bei den 24 DAX-Unternehmen beträgt die brachliegende Liquidität immerhin noch 169 Milliarden Euro.

Im europäischen Vergleich der Working Capital Performance liegen die deutschen Unternehmen also weit abgeschlagen: Der europäische Durchschnitt der 1000 untersuchten Großunternehmen brachte es 2017 auf einen CCC-Wert von 37 Tagen. Damit liegt der europäische Durchschnitt 2017 also um 10 Tage besser als die durchschnittlichen deutschen Unternehmen.

Dieser Unterschied liegt an mehreren Faktoren, so erklärt Paul Moody, Managing Director DACH: „Deutsche Unternehmen wuchsen 2017 um 6 Prozent und dank der unglaublich günstigen Kredite wurde die Optimierung des Umlaufvermögens zweitrangig.“ Moody führt weiter aus: „Die europäischen Unternehmen zahlten 2017 ihre Rechnungen im Schnitt nach 69,6 Tagen, die deutschen Unternehmen bereits nach 56,7, die DAX-Unternehmen nach 57 Tagen. Ein weiterer, wichtiger Faktor: Die deutschen Unternehmen stehen in Europa einzig da, was die Mischung der sehr kapitalintensiven Produktion und die Fertigungstiefe in Kombination mit einem global ausgerichteten Kundengeschäft angeht. Das aber bedingt auch eine intensive und auf größere zeitliche Reichweite ausgelegte Lager- und Vorratswirtschaft, die mehr und länger Kapital bindet.“

Die trotz der leichten Verbesserung gegenüber 2016 immer noch ungünstigen DPO-Werte der deutschen Unternehmen, erklärt Paul Moody so: „Sie können aufgrund ihrer finanziellen Kraft relativ schnell zahlen und darüber hinaus existiert – vor allem bei DAX-Unternehmen – weiterhin eine historisch stark bedingte Präferenz für Skonto-Konditionen.“ Aber, so relativiert Paul Moody im gleichen Atemzug: „Die deutschen und die DAX-Unternehmen waren auch 2017 führend, was Wachstum, Rentabilität, Gewinne und Exporterfolge anging. Bei einer neuerlichen Finanz- und Wirtschaftskrise kann sich die im europäischen Vergleich schlechtere Working-Capital-Performance aber durchaus als kritischer Wettbewerbsnachteil auswirken.“

Wie breit gefächert das Liquiditätspotential bereits erschlossen oder noch erschließbar ist, zeigt ein Blick auf einige deutsche Protagonisten der Schlüsselindustrien:

  • Autofirmen: Spitzenreiter ist 2017 die BMW AG mit einer Kapitalbindungsdauer von 26 Tagen, gefolgt von Audi mit 38 Tagen, Volkswagen mit 59 Tagen und Daimler mit 68 Tagen.
  • Autozulieferer: Unter den deutschen Unternehmen führt die Continental AG mit 32 Tagen CCC, die Knorr Bremse AG folgt mit 34, die Leoni AG mit 41 Tagen. Die Schaeffler AG konnte ihren CCC-Wert 2017 um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 63 Tage verbessern.
  • Chemie: Mit einem Wert von 62 Tagen Kapitalbindungsdauer hält die Covestro AG die Spitze. Die Lanxess AG erzielte einen CCC-Wert von 89 Tagen, die BASF AG konnte ihre Kapitalbindungsdauer von 112 Tagen um 11 Prozent verbessern, während die Symrise AG ihre Kapitalbindungsdauer um 6 Prozent auf 177 Tage verschlechterte.
  • Energiedienstleister: Bei den Versorgungsunternehmen liegt die EnBW AG ganz vorne. Sie konnte ihre Kapitalbindungsdauer gegenüber dem Vorjahr (12 Tage) auf nur noch 3 Tage verringern. Die RWE AG dagegen musste 2017 gegenüber dem Vorjahr eine Verschlechterung von 8 auf 14 Tage hinnehmen, während die Uniper SE ihren CCC-Wert leicht von 42 auf 40 Tage verbessern konnte.
  • Mischkonzerne: Der CCC-Wert der ThyssenKrupp AG lag 2017 bei 74 Tagen, die Rheinmetall AG erreichte 109 Tage, während die Siemens AG wie schon im Vorjahr unverändert 135 Tage Kapitalbindungsdauer aufwies. 3
  • Textilien, Kleidung, Schuhwerk: Die Tom Tailor Holding SE verkürzte die Kapitalbindungsdauer gegenüber 2016 um 9 Prozent auf 30 Tage, während sich die Adidas AG beim CCC-Wert gegenüber 2016 von 93 Tagen auf 100 Tage verschlechterte. Der Konkurrent Puma SE schaffte dagegen eine Verbesserung von 76 Tagen (2016) auf 67 Tage im Geschäftsjahr 2017.

Dass Liquiditätspotentiale generell erfolgreich und konsequent genutzt werden können belegt die REL-Studie eindrucksvoll: In Europa erreichen die Spitzenunternehmen des statistischen 1. Quartils einen CCC-Wert von 6 Tagen gegenüber dem Mittelwert aller untersuchten Unternehmen von 44 Tagen, sie liegen also um 87 Prozent besser. Wie das möglich ist, zeigen die einzelnen Working Capital-Komponenten: Die Topunternehmen zahlen ihre Zulieferer nach 89,5 Tagen, der Durchschnitt schon nach 59,8 Tagen. Zudem treiben sie ihre Forderungen um fast 20 Tage schneller ein als der Durchschnitt und halten ihre Lagerbestandsreichweite bei 19 Tagen, während der Mittelbereich die Lager für 57,8 Tage bevorratet.

Anmerkung: Der Cash Conversion Cycle (CCC), also die Kapitalbindungsdauer gibt an, wie viele Tage es braucht, bis das eingesetzte Kapital für die Beschaffung der Rohmaterialien, die Lagerung der Halb- und Fertigbestände bis zur Zahlung der Kundenforderungen in zur Verfügung stehende Liquidität umgewandelt wird. Gerechnet wird nach der Formel DIO (Tage der Bestandsreichweite) + DSO (Tage Umsatz aus Forderungen) – DPO (Tagesreichweite eigener Verbindlichkeiten). Dabei werden DIO und DPO dividiert durch COGS (Costs of goods sold), DSO wird dividiert durch den Umsatz. (sas)

Weitere Informationen

www.relconsultancy.com

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