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Diesen Future-Boost braucht der Einkauf

Herausforderungen bewältigen
Diesen Future-Boost braucht der Einkauf

Diesen Future-Boost braucht der Einkauf
Bild: Denys Rudyi/stock.adobe.com

Die vier großen Zukunftsthemen für Einkäuferinnen und Einkäufer sind: Versorgungssicherheit und Digitalisierung gefolgt von Nachhaltigkeit und Prozessoptimierung. Das ergab der erste interaktive Workshop der amc-Zukunftswerkstatt Einkauf und Supply Chain zum Thema „Future-Boost für den Einkauf“. In diesem Beitrag beschäftigen wird uns mit den Herausforderungen rund um die Digitalisierung und die Versorgungssicherheit.

 

Das beschäftigt Einkäuferinnen und Einkäufer 2022.
Das beschäftigt Einkäuferinnen und Einkäufer 2022.

 

Die vier großen Zukunftsthemen des Einkaufs sind Digitalisierung, Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Prozessoptimierung. Ihr Impact auf den Unternehmenserfolg gilt als groß.
Die vier großen Zukunftsthemen des Einkaufs sind Digitalisierung, Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Prozessoptimierung. Ihr Impact auf den Unternehmenserfolg gilt als groß.

 

Das sind die Einschätzungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Zukunftswerkstatt Einkauf bezüglich der künftigen Digitalisierung der Beschaffung.
Das sind die Einschätzungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Zukunftswerkstatt Einkauf bezüglich der künftigen Digitalisierung der Beschaffung.

 

Digitalisierung: Einkauf im Mittelstand braucht pragmatische Hilfe

In Bezug auf die Digitalisierung des Einkaufs braucht die mittelständische Beschaffung genauso wenig hochtrabende Konzepte wie unkonkret-wolkige Zielbilder. „Down to Earth“ ist das Gebot der mittelständischen Praxis, so lautet eine wichtige Erkenntnis des ersten Workshops der Zukunftswerkstatt Einkauf und Supply Chain.

Gefragt nach den Digitalisierungs-Hürden bzw. den Herausforderungen, denen sich der Mittelstand mit Blick auf den digitalen Einkauf gegenübersieht, erarbeiteten Einkäufer und Einkäuferinnen in der Zukunftswerkstatt die folgenden Topics:

  1. Da im Einkauf die Schnittstellen aller Wertschöpfungsprozesse zusammenlaufen, kommt es in der Digitalisierung von Beschaffungsprozessen vor allem auf ein sensibles Datenmanagement und einen durchgängigen Informationsfluss an.
  2. Die interne IT-Unterstützung ist für den Einkauf eine knappe Ressource.
  3. IT-Budgets gerade in kleineren Einkaufsorganisationen oftmals zu niedrig und müssen an die künftigen Anforderungen angepasst werden.
  4. Die Ressourcenbelastung durch manuelle Arbeiten im mittelständischen Einkauf ist nach wie vor hoch. Zitat einer Teilnehmerin: „Wir sind eine teure Schreibmaschine.“
  5. Das Verständnis, was Digitalisierung im Einkauf tatsächlich bedeutet, ist sehr unterschiedlich. Ein Teilnehmer zitiert aus der Praxis: „Digitalisierung heißt eben nicht, ich verschicke ein PDF und am anderen Ende scannt das jemand ab oder tippt die Daten ins SAP ein.“
  6. Eine oftmals unterschätzte Herausforderung im indirekten Einkauf sind die vielen Einmalbedarfe (hoher Belegaufwand für vergleichsweise kleine Volumina).

„Wir haben zahlreiche neue Aufgaben im Einkauf dazubekommen, Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung, Lieferkettengesetz, Innovationsthemen oder in der aktuellen Phase auch klassische Verhandlungen teilweise quartalsweise oder sogar im Monatsrhythmus mit einzelnen Lieferanten. Und das können wir nur stemmen und leisten, wenn wir durch die Digitalisierung Freiräume schaffen. Unsere mittelfristige Vision ist, dass es keinen operativen Einkauf mehr gibt.“
Alexander Schreiber, Chief Procurement Officer VILLEROY & BOCH

 

 Entsprechend lauten die in den Workshops formulierten kurzfristen Digitalisierungs-Ziele:

  • ein systemintegrativer Ansatz auf der Grundlage der bereichsübergreifenden Funktion des Einkaufs,
  • ein besseres Verständnis für die Ressourcenverschwendung eines (noch) manuell arbeitenden Einkaufs im Unternehmen,
  • No-touch-Bestellungen, keine operativen Tätigkeiten im Einkauf mehr,
  • Fokus auf die wesentlichen, strategischen Aufgaben.

Erste Ansätze, Ideen und Initiativen

Die technische Entwicklung kommt dem Einkauf entgegen, so eine weitere Erkenntnis:

  • Cloudlösungen helfen interne IT-Ressourcen zu schonen.
  • Durch die Weiterentwicklung der Systeme kommt der Boost zunehmend durch die Standardlösungen selbst, die auf den Bedarf hin konfiguriert werden.
  • Der Einkauf sollte für seine Digitalisierungsprojekte sowohl interne, als auch externe Unterstützung einfordern und nutzen.
  • Entscheidend ist, an den prozessualen Schwächen zu arbeiten und eine moderne Prozesslandkarte aufzusetzen.

In der Praxis fehlt es an vielen Stellen im Beschaffungsprozess weiterhin an standardisierten Daten: Einen Zusatzschub könnte deshalb die Standardisierung von Dokumenten wie dem Lieferavis (ähnlich dem elektronischen Rechnungsformat) bringen, die damit deutlich einfacher zu verarbeiten sind.

Eine weitere Idee: Qualitätsstammdaten könnten ähnlich wie ESG-Daten über Plattformen gemanagt und angeboten werden. „Das würde für alle einkaufende Unternehmen und deren Lieferanten, die all diese Daten parallel erheben, den Prozess erheblich vereinfachen“, beschreibt ein Teilnehmer das Ziel den Stammdaten-Leidensdruck gemeinsam aufzulösen.

Neue Konzepte für die Versorgungssicherheit

Hochvolatil bis chaotisch erleben Einkäufer und Einkäuferinnen die Situation auf den globalen Beschaffungsmärkten. „Es gibt nichts Schlimmeres als ein Geschäft, dass man aufgrund fehlender Rohstoffe nicht machen kann“, beschreibt ein Teilnehmer den immensen Umsatzeinfluss, den der Einkauf in der aktuellen Versorgungslage hat.

Versorgung: Das sind die internen Hindernisse

  • Knappheiten crossfunktional managen: Einerseits rückt der Einkauf durch die Beschaffungskrise und Verknappung in den Fokus der Aufmerksamkeit. Andererseits wird nicht von allen Funktionen die eigene Beteiligung am Wertschöpfungsprozess erkannt. Dies führt zu Produktdesigns, die die Versorgungssicherheit für Bauteile und Komponenten weiterhin nur unzureichend berücksichtigen.
  • Sales & Operation Planning: Forecasts durch Marketing, Vertrieb und Produktion müssen verlässlich sein, um den Bedarf mit ausreichend Vorlauf am Markt platzieren zu können. Die Versorgungskrise braucht ausgereifte, hochintegrierte Sales & Operation (S&OP) Prozesse, die in der mittelständischen Praxis oftmals noch nicht ausreichend implementiert sind.
  • Neue Wege gehen: Die Rahmenbedingungen auf den Märkten lassen sich durch den Einkauf nur bedingt steuern. Um nicht „ausgeliefert“ zu sein, braucht die Beschaffung neue Konzept, um sich auf die Veränderungen agil anpassen zu können. Dazu gehört unter anderem die Unterstützung der Supply Chain der Lieferanten oder die engere Zusammenarbeit zwischen Einkauf und Verkauf, um die Bedarfe langfristig im Sinne der Kunden abstimmen zu können. Neue Produkte und Dienstleistungen wie der 3D-Druck können Lieferketten digitalisieren, simplifizieren und resilienter machen.

Multi-Sourcing neu gedacht

Die Lieferkrise macht Second und Multi-Sourcing zum Gebot der Stunde. Entweder, weil kurzfristig neue Lieferquellen freigefahren werden, um bei Lieferausfällen bzw. Allokationen Alternativen zu haben. Oder weil es dem Einkauf nun endlich gelingt, den Bedarf nach Alternativlösungen ganz vorn im Produktentstehungsprozess zu platzieren.

Neu ist: Erfolgreiches, das heißt resilientes Multi-Sourcing bezieht sich nicht mehr allein auf die Verfügbarkeit weiterer Lieferquellen, sondern auch auf alternative Regionen und reicht im Idealfall weit über den Tier-1 bis zum Rohstoff – was Multisourcing zu einer sehr anspruchsvollen Beschaffungsaufgabe der Zukunft macht

Das erfordert eine neue Datenqualität im Sinne von Big Data sowie eine enge, partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Lieferanten. Das Ziel: stabile Lieferbeziehungen sowie eine durchgängige Digitalisierung der Supply Chain, um schnell auf Störfeuer reagieren zu können.

Das bringt einen Zusatzschub für die Versorgung

  • Trotz aller Digitalisierung bleiben die Kernfunktionen des Einkaufs ein anspruchsvolles Human Business. Deshalb braucht die Beschaffung ausreichende personelle Kapazitäten sowie eine konsequente Personalqualifizierung und Weiterbildung.
  • Erfolgreiche Beschaffung braucht eine enge Abstimmung mit Produktmarketing, Design und Verkauf, um Kundenprojekte bereits im Vorfeld durch ein proaktives, zielgerichtetes Sourcing absichern zu können.
  • Second Source wir zum Standard für die Versorgungssicherheit. Das „Belächeln“ der Einkaufsanforderungen in Bezug auf alternative Lieferquellen gehört der Vergangenheit an.
  • Der Hebel des Einkaufs für den Unternehmenserfolg braucht Sichtbarkeit und Wertschätzung auf Geschäftsführungsebene, im gesamten Unternehmen und darüber hinaus.
  • Finance (CFO) sollte aktiv eingebunden werden, um die Finanzplanung und Kostenkontrolle in künftige Beschaffungsszenarien zu integrieren.
  • Die Zukunft gehört dem Real-Time-Monitoring der Märkte mit dem Ziel auf Veränderungen so früh wie möglich beanworten zu können.
  • Anerkennung der zentralen Steuerungsfunktion des Einkaufs für die unternehmerische Wertschöpfung.

Autor:
Andreas Pohle, Managing Partner amc Group

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