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In der Laufruhe liegt die Kraft

Fräser beschleunigen Prozesse
In der Laufruhe liegt die Kraft

Mit einer Technologie des Werkzeugherstellers Walter konnte Licon MT die Fräszeit von Bauteilen für Bearbeitungszentren verkürzen: Das Schruppen einer innenliegenden Öffnung kann um 46 Minuten beschleunigt werden. Das Schlichten mittels eines Eckfräsers ist jetzt binnen weniger Minuten erledigt.

Wir waren mit den vorherigen Bearbeitungszeiten nicht zufrieden“, sagt Harald Dammann, Leiter Fertigung/Arbeitsvorbereitung beim Werkzeugmaschinenbauer Licon MT. Zwei aufeinanderfolgende Arbeitsgänge an einem Bauteil erschienen dem erfahrenen Praktiker zu langwierig und kostspielig. Verbaut wird das Teil in fünfachsigen, zweispindeligen Horizontal-Bearbeitungszentren des Typs Liflex II 444. Die modularen Bearbeitungszentren der Liflex-Reihe sind neben Rundtakt- und Sondermaschinen die Hauptumsatzträger von Licon MT. Das Unternehmen beschäftigt im Hauptwerk in Laupheim bei Ulm 200 Mitarbeiter.

Bei den genannten Arbeitsgängen handelt es sich um die spanende Grob- sowie Feinbearbeitung einer innen liegenden Öffnung an einem Z-Schlitten. Das Bauteil ist 1400 mm lang und jeweils 300 mm breit und hoch. Das knapp 200 kg schwere Werkstück besteht aus Sphäroguss mit einer Zugfestigkeit von 600 N/mm². Die Öffnung wird durch Bohrzirkularfräsen von 200 auf 2418 mm Durchmesser erweitert. Sowohl für die Grobbearbeitung, das Schruppen, als auch für die nachfolgende Feinbearbeitung, das Schlichten, setzt Licon MT spezielle Fräswerkzeuge ein.
Das Schruppwerkzeug besitzt eine sehr große Auskraglänge von 553 mm. „Bei so langen Werkzeugen ist eine ausreichende Stabilität ein wichtiger Aspekt, um die gewünschte Bearbeitungsqualität zu erreichen“, bemerkt Dammann. Allerdings besteht der mehr als 10 kg wiegende Werkzeugschaft aufgrund der leichteren manuellen Handhabbarkeit nicht aus Stahl, sondern aus Aluminium. Dies kommt einer hohen Stabilität nicht entgegen. Daher sind Fräser und Wendeschneidplatten gefragt, die zu einer stabilen Bearbeitung bei hoher Laufruhe beitragen.
Ideale Lösung in wenigen Tagen
Das Schruppen erfolgt auf einem horizontalen Vier-Achsen-Groß-Bearbeitungszentrum mit Horizontal/Vertikal-Fräskopf. Bis vor kurzem nahm dieser Prozess volle 56 min in Anspruch und das anschließende Schlichten diverser Flächen dauerte weitere 48 min. Um diese Zeiten zu reduzieren, wandten sich der Fertigungsleiter und der CAM-Programmierer Marcus Breymayer Anfang September 2015 an Martin Huber von Walter Deutschland. Der Anwendungstechniker arbeitet seit Jahren mit Licon MT zusammen und fand für beide Arbeitsgänge eine ideale Lösung.
Für das Schruppen wird seit Ende September 2015 statt des bisher verwendeten Octagon-Fräsers der Rundplatten-Fräser F2334 eingesetzt. „Zu den Stärken gehören ein besonders ruhiger Lauf und eine hohe Prozesssicherheit“, so Huber. „Runde Wendeschneidplatten mit Facetten und eine stabile Plattenfixierung ermöglichen hohe Vorschübe und Zerspanvolumina – gerade beim Schruppen schwerzerspanbarer Werkstoffe.“
Beim nachfolgenden Schlichten sollte der Eckfräser F5041 Blaxx von Walter den bisher verwendeten Eckfräser eines anderen Herstellers ersetzen. „Der F5041 ist auf hohe Stabilität, Prozesssicherheit und Produktivität hin ausgelegt“, betont Huber. „Basis ist ein robuster, durch spezielle Oberflächenbehandlung verschleißgeschützter Blaxx-Werkzeugkör-per, ein besonders stabiler Kern, vier gedrallte positive Schneidkanten je Wendeschneidplatte sowie präzise 90° am Werkstück.“
Kürzere Bearbeitung dank Aluminiumoxid
Der Walter-Fräser verbindet die Vorteile tangentialer Frässysteme mit den Stärken von Wendeschneidplatten mit der herstellereigenen CVD-Beschichtung Tigertec Silver. Bei dieser temperaturbeständigen, verschleißfesten Beschichtung trägt Aluminiumoxid mit optimierter Mikrostruktur zu reduzierten Bearbeitungszeiten bei. Besonders glatte Spanflächen minimieren den tribochemischen Verschleiß. Eine silberne Freifläche als Indikatorschicht macht den Verschleiß leicht erkennbar und verhindert so die Verschwendung von Schneidkanten. Der zum Schruppen eingesetzte Rundplatten-Fräser mit 160 mm Durchmesser ist mit zehn achtschneidigen Rundplatten mit Tigertec-Silver-Beschichtung bestückt. Durch den Wechsel auf dieses Werkzeug erhöhte sich der Vorschub pro Zahn (fz) von 0,28 auf 0,8 mm und die Zustellung (beziehungsweise Schnitttiefe) pro Umlauf (ap) nahm von 0,5 auf 1 mm zu.
Bei der runden Wendeplatte mit einer Zustellung von 1 mm liegt der effektive Schneideneingriffswinkel Kappa bei 20° – gegenüber 45° bei der achteckigen Platte des Octagon-Fräsers. „Je niedriger der Winkel Kappa, desto dünner sind die Späne und desto höher ist der mögliche Vorschub“, erläutert Huber. Die Vorschubgeschwindigkeit (vf) ließ sich somit von 850 auf 2700 mm/min steigern. Die Bearbeitungszeit sank von 56 auf 10 min. „Mit einer derartigen Verbesserung hatten wir nicht gerechnet“, freut sich Dammann. Bei gesparten 46 min pro Werkstück ergibt sich bei 100 Bauteilen pro Jahr eine Kapazitätserweiterung von 76 h. Ein weiterer positiver Effekt der Walter-Lösung: Je dünner die Späne, desto niedriger ist auch die Belastung der Frässpindel und desto ruhiger läuft die Maschine. Weniger Vibrationen bedeuten mehr Maschinenschonung.
Der seit der Umstellung für das Schlichten eingesetzte Walter-Eckfräser mit 63 mm Durchmesser ist mit sieben rechteckigen Wendeschneidplatten bestückt. Während das Wettbewerbsprodukt sechs gleiche Rechteckplatten besaß, sind es beim Walter-Fräser sechs tangentiale Wendeplatten mit vier Schneiden sowie eine zweischneidige Wendeplatte mit Breitschlichtkante. Das Produkt besteht aus dem besonders verschleißfesten Schneidstoff WAK15 und besitzt eine besonders lange Nebenschneide. Dies ermöglicht einen höheren Zahnvorschub (fz) und sorgt für eine deutlich verbesserte Oberflächenqualität (Ra = 0,5 statt Ra = 1).
Vorschub pro Zahn und Geschwindigkeit sind gestiegen
Durch den Einsatz des Schlichtwerkzeugs von Walter ließ sich der Vorschub pro Zahn (fz) von 0,08 auf 0,358 mm steigern. Die Vorschubgeschwindigkeit (vf) stieg von 300 auf 3500 mm/min und die Bearbeitungszeit sank von 48 auf 5 min. „Dies ist nur noch rund ein Zehntel – davon hätten wir kaum zu träumen gewagt“, zeigt sich Dammann beeindruckt. Die um 43 min reduzierte Bearbeitungszeit pro Werkstück führt bei 100 Bauteilen pro Jahr zu einer Kapazitätserweiterung von 72 h. Die Reduzierung der Bearbeitungszeiten um 46 respektive 43 min führte jeweils zu einer Einsparung im vierstelligen Bereich.
„Aufgrund der eingesparten Zeit amortisieren sich die etwas teureren Walter-Werkzeuge schnell“, bilanziert der Fertigungsleiter und ergänzt: „Da das Schlichten seit der Umstellung wesentlich prozesssicherer abläuft als zuvor, können wir weitgehend bedienerlos arbeiten.“ Und während früher sowohl beim Schruppen als auch beim Schlichten mit Emulsion gekühlt wurde, laufen die beiden Arbeitsgänge jetzt trocken ab. So bleibt das Werkstück sauber und der Reinigungsaufwand ist deutlich geringer.

Bernhard Reichenbach, freier Autor
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