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310 Millionen Tonnen Güterumschlag für 350 Millionen Menschen

Über 40 Kilometer Hafen in Rotterdam
310 Millionen Tonnen Güterumschlag für 350 Millionen Menschen

Es gibt kaum etwas, was es hier nicht gibt: Rotterdam ist ein kompletter Hafen wie kaum ein anderer; fast alle nur denkbaren Güterarten werden hier abgefertigt. Der Containerumschlag übernimmt davon einen immer gewichtigeren Anteil. Nicht umsonst ist Rotterdam inzwischen der größte Containerhafen Europas. Mit Singapore, Shanghai und Hong Kong gehört Rotterdam zu den größten Häfen der Welt. Gleichwohl besteht der größte Anteil des Güterumschlags in Rotterdam aus Massengütern wie Erdöl, Ölprodukte, Chemikalien, Getreide, Erze und Kohle. Mit Singapore und Houston gehört Rotterdam auch zu den weltgrößten Erdölhäfen.

Der Hafen Rotterdam bedeutet viel für die niederländische Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. Direkt verdanken 65.000 und indirekt rund 350.000 Menschen in den Niederlanden ihr Einkommen diesem Hafen; mit rund 55 Mrd. Gulden sorgt er für 10% des Bruttosozialprodukts. Seine besondere strategische Position verdankt der Hafen nicht nur seiner Lage direkt an der Nordsee, sondern auch seinem enormen Tiefgang. Bei Hoek van Holland hat der Hauptwasserweg einen Tiefgang von 107 Fuß in Richtung Rotterdam und sogar 116 Fuß im Calandkanal in Richtung Maasvlakte und Europoort.

Schiffe mit einem Tiefgang bis 75 Fuß (24 m) können die Hafenanlagen von Botlek bis Eemhaven, Waalhaven und Maashaven anlaufen. Bis hier legen Seeschiffe schon über 40 km oder 1,5 Stunden Fahrtzeit im Hafengebiet von Rotterdam zurück. Dabei ist Rotterdam ein durchgängig offener Hafen; Brücken und Schleusen brauchen nicht passiert zu werden. Der Hafen umfaßt insgesamt rund 10.000 ha, davon allein 5.300 ha als Hafengelände. Gleichwohl herrscht permanent Platzmangel; ein Grund, warum man erst kürzlich eine Arbeitsgemeinschaft mit Vlissingen für einen gemeinsamen Hafen vereinbart hat. Außerdem ist an der südwestlichen Hafenmündung in der Nordsee eine zweite Maasvlakte mit einer Fläche von 1.000 ha geplant.
Betreiber ist der Städtische Hafenbetrieb Rotterdam als Eigentümer des Hafengebietes und als Vermieter. Neben den Miet- und Pachteinnahmen fließen dem Betrieb Hafengebühren von den Hafenbenutzern zu. Dafür ist der Betrieb auch für die Sicherheit und Ordnung im gesamten Hafenbereich verantwortlich. An Land werden 30 Radarposten unterhalten, von denen aus die Schiffahrt bis 60 km vor der Küste verfolgt werden kann. í
Hinterlandanbindung
Über 80% der hier umgeschlagenen Güter haben ihre Bestimmung in den europäischen Nachbarländern oder stammen von dort. Das wirtschaftliche Hinterland Rotterdams erstreckt sich auf rund 350 Millionen Konsumenten. Ein Drittel des Güterumschlags geht nach Deutschland oder stammt von dort. Anders ausgedrückt: Von den 170 Mio. t des seegängigen deutschen Export/Import laufen gut 50% über Rotterdam. Wichtiges Wachstumspontential zeigt sich auch in Osteuropa. Der Rotterdamer Umschlag von und nach Osteuropa beläuft sich derzeit schon auf 30 Mio. t und macht damit 10% aus. Wichtige Länder sind dabei Polen, Rußland, Tschechien, Slowakei und Ungarn. Wöchentlich fahren mehrere Shuttle-Züge nach Moskau und Prag.
Für die Zu- und Abfuhr von Gütern sorgen jährlich rund 30.000 Seeschiffe und weitere 120.000 Binnenschiffe. Das Hafengebiet wird täglich von über 11.000 Lkws angefahren. Rotterdam hat feste Liniendienste zu etwa 110 europäischen See- und Binnenhäfen. Das Schienennetz im Hafen ist 400 km lang. Wöchentlich fahren etwa 250 Shuttle-Züge nach 30 Destinationen in Belgien, Deutschland, der Schweiz, Italien, Frankreich, Spanien, Polen, Tschechien und Rußland. Bemerkenswert ist auch das Rohrleitungsnetz von 1.200 km für Flüssiggüter – Rohöl, Ölprodukte und Chemikalien – mit direkten Leitungsverbindungen nach Amsterdam, Zeeland, Deutschland und Belgien für gut 15% des Hinterlandtransports.
  • 1995 umfaßte der europäische Hinterlandverkehr rund 258 Mio. t. Davon entfielen 48% auf die Binnenschiffahrt, 8,9% auf Eisenbahnen, 29% auf Straßentransport, 4,2% auf Feederschiffe und 15,2% auf Rohrleitungen. Für 2010 rechnet man mit 370 Mio. t, davon 48% für die Binnenschiffahrt, 6,5% für Eisenbahnen, 25% für den Straßengüterverkehr, 9,6% Feeder und 11% durch Rohrleitungsnetze.
  • Rekord-Performance
  • 1997 ist der Güterumschlag im Rotterdamer Hafen auf 310,1 Mio. t gestiegen, ein Zuwachs von 6,2%. Damit wurde erstmals das Rekordergebnis von 1973 mit damals 296 Mio. t wieder überboten. Beträchtliches Wachstum erzielten 1997 die Bereiche Kohle (+18,9%), Erdölprodukte (+37,8%), Erze und Schrott (+14,8%), RoRo (+11,4%) und Container (+10,1%). Ähnlich wie schon 1996 machte auch 1997 der ankommende Güterverkehr 78% des Umschlags aus, gegenüber 22% für den ausgehenden Güterverkehr. Geht man davon aus, daß der gesamte Güterverkehr überwiegend in Richtung Fernost läuft, so erklärt das hinlänglich, warum im Exportverkehr nach Fernost noch immer die günstigsten Frachtraten herauszuholen sind, während die Raten auf der europäischen Beschaffungsseite eher Gnadenakten gleichkommen.
In der Gesamtpalette des Rotterdamer Güterumschlags überwiegen ausgehende Frachten allein im RoRo-, Container- und Stückgutbereich; insgesamt mit 40,7 gegenüber 37,65 Mio. t beim eingehenden Verkehr. Die Anzahl der Container, ausgedrückt in TEU, stieg im Gesamtumschlag um 10% und durchbrach die Grenze von 5 Mio. TEU auf insgesamt 5.445.000 TEU. Entsprechend entwickelte sich auch der Hinterlandtransport von Containern per Bahn und Binnenschiffahrt. Der Bahntransport stieg 1997 um 20%, die Binnenschiffahrt überschritt die Marke von 1 Million beförderter Container. Zwischen 1987 und 1997 stieg der Containerumschlag per Binnenschiff von 300.000 auf mehr als 1 Mio. Container.
Spartenentwicklung
Der Kapazitätsausbau im Containerbereich hat daher nicht nur in Rotterdam, sondern auch im Hinterland Vorrang. So will die Rotterdamer ECT-Gruppe, die die dortigen Containerumschlaganlagen im Waalhafen und auf der Maasvlakte betreibt, neben dem Container-Terminal in Venlo einen eigenen Terminal in Duisburg bauen. Inzwischen ist das größte Containerschiff für die Rheinfahrt vom Stapel gelaufen und beginnt in diesem Jahr seinen Dienst. Mehrere Bahnbetreiber, unter anderem Short Lines und Transfracht International, wollen zusätzliche Bahn-Shuttles in Richtung Deutschland einrichten.
Die bedeutendsten Fahrtgebiete beim Containertransport über den Rotterdamer Hafen sind nacheinander Europa, Fernost und Amerika. Das stärkste Wachstum wird beim Containertransport von und nach Asien verbucht. Von 1990 bis 1996 stieg der Containerverkehr in Richtung Asien um 73% von 700.000 auf 1,2 Mio. Container.
Das Wachstum beim Shortsea-Containerverkehr über Rotterdam lag deutlich über dem Zuwachs beim Containerverkehr mit Fernost. Allein im ersten Halbjahr 1997 verzeichnete der Containerverkehr von und zu europäischen Küstenhäfen einen Zuwachs von 16,7% auf 684.000 Container. Dieses Wachstum wurde insbesondere in Richtung Rußland, Baltikum, Spanien, Irland und Großbritannien erreicht. Der See/See-Transit erhält über Polen, Finnland und die baltischen Häfen neue Impulse. Auch der Transit über Land zu den ehemaligen Ostblockländern nimmt zu. In erster Linie geht der über die Straße; doch für Mitteleuropa gewinnt auch die Binnenschiffahrt an Bedeutung.
Massengüter
Beim Massengut stieg der Umschlag von Kohle um 18,9% auf 22 Mio. t, das höchste Niveau seit 10 Jahren. Grund ist die stark gestiegene Nachfrage deutscher Energieversorger nach Überseekohle sowie in etwas geringerem Maße auch die der deutschen Stahlindustrie. Der Erz- und Schrottumschlag stieg um 16,4% auf 46,5 Mio. t, bedingt durch die beträchtlich gestiegene Produktion deutscher Stahlwerke und den erneuten Aufbau von Erzvorräten bei den Hochöfen.
Der Rohölumschlag sank 1997 um 1,2% auf rund 99 Mio. t; die Einfuhr hält sich über einen längeren Zeitraum allerdings stabil. Verschiebungen zeigen sich bei den Herkunftsländern, und zwar weg vom Nahen Osten in Richtung Nordsee, insbesondere Norwegen. Mehr als die Hälfte des Öls wird in der Rotterdamer Petrochemischen Industrie zu Halbfertig- und Endprodukten verarbeitet. Der andere Teil geht per Pipeline direkt nach Deutschland und Belgien.
Der Umschlag von Ölprodukten war mit plus 37,8% auf gut 19 Mio. t der größte Wachstumsbereich des Rotterdamer Hafens. Dabei zeigt sich eine Verschiebung von Schwerprodukten auf Benzin und Diesel. Das sonstige Flüssigmassengut wie Bulkchemikalien, Öle und Fette stieg um 1,5% auf gut 22 Mio. t. In Europa konzentrieren sich die großen Chemieunternehmen auf hochwertige Produkte mit höheren Gewinnspannen. Das Gegenteil erfolgt in Asien: Man investiert massiv in die Bulkchemie. Entstehende Überschüsse werden zu geringen Preisen nach Europa und Amerika exportiert.
Europas Container-Mainport
1997 wurden 58 Mio. t Güter in Containern in Rotterdam umgeschlagen, 10% mehr als 1996. 40% davon haben Ursprung oder Bestimmung in einem fernöstlichen Hafen. Rotterdam erwartet für das Jahr 2010 einen Containerumschlag von etwa 11,3 Mio. TEU.
Der Containerumschlag ist derzeit auf zwei Gebiete konzentriert: Zwei Drittel entfallen auf das riesige Delta-Terminal auf der Maasvlakte im äußersten Westen direkt vor der Nordseeküste sowie ein Drittel auf Waalhaven und Eemhaven, mehr landeinwärts gelegen. Der größte Rotterdamer Containerbetrieb ECT betreibt Terminals in beiden Hafenregionen. Darüber hinaus ist Rotterdam Short Sea Terminal RST im Eemhaven spezialisiert auf das Laden und Löschen von Containern der Küstenschiffahrt.
Das Delta-Terminal ist für größte Containerschiffe von See her leicht zu erreichen. ECT betreibt hier das Multi User Terminal, das Sea-Land-Terminal und das DDE-Terminal mit einer Gesamtkapazität von 3,2 Mio. TEU pro Jahr. Auf der Maasvlakte wird im Rahmen des Entwicklungsplanes Delta 2000-8 mit einem Investitionsaufwand von 2 Mrd. Gulden eine Reihe neuer Terminals angelegt. Diese sind für große, weltweit operierende Reedereien bestimmt, die ebenso wie Sea-Land über eigene Terminaleinrichtungen verfügen wollen.
ECT hat sich einen guten Ruf erworben mit der Einrichtung sehr fortschrittlicher Terminal-Transportsysteme. Auf dem 1993 eröffneten Sea-Land-Terminal und auf dem 1996 gestarteten DDE-Terminal erfolgt der Containertransport von den Kaikränen zum Lager und die Plazierung vollautomatisch. Alle Terminals bieten die Möglichkeit zur Abfertigung größter Überseeschiffe. Auf den älteren Delta-Terminal erstrecken sich die Ausleger der Containerbrücken über bis zu 16 nebeneinander gestaute Container, während die Kräne für die neuen Terminals des Delta 2000-8-Projekts bereits 18-Container-breite Schiffe berücksichtigen.
Verkehrsinfarkt vorbeugen
In den kommenden Jahren erwartet der Rotterdamer Hafen eine weitere Zunahme des Containeraufkommens auf der Maasvlakte auf 4 bis 5 Mio. Container ( 6 bis 7,5 Mio. TEU). Um solche Volumina bewältigen zu können, ist es lebenswichtig, daß der Weitertransport auf der Straße anteilig sinkt, um einen Verkehrsinfarkt auf den westeuropäischen Straßen zu vermeiden. Zudem muß auch die Verweildauer von Containern in den Seehäfen (derzeit durchschnittlich 3,6 Tage) sinken.
Die Einrichtung von Inlandterminals wird als geeignetes Mittel angesehen, die Nachlauf-Transportkette kostengünstig zu organisieren. Großer Transportumfang und Kettenregie sind wichtige Voraussetzungen für die notwendige Kostenkontrolle. Aus diesem Grund gilt der Einrichtung von Inland-Hubs und der weitestmöglichen Bündelung von Gütermengen für den umweltverträglichen Containertransport das besondere Augenmerk.
Aber erst, wenn der Informationsverkehr von der Frachtdisposition bis zur Sendungsverfolgung dem tatsächlichen Güterverkehr in sämtlichen Stufen vorauseilt, können notwendige Verbesserungen auf dem Gebiet der Prozeßbeschleunigung erzielt werden, die sich unmittelbar in Kosteneinsparungen niederschlagen.
Die makroökonomischen Perspektiven im Blick auf Export und Import werden für den Rotterdamer Hafen als günstig eingestuft. Hinzu kommt das hohe Niveau der niederländischen Inlandsinvestitionen. Ausgehend von einer weiteren konjunkturellen Belebung in Mitteleuropa und dem damit einhergehenden Exportanstieg blickt man in Rotterdam zuversichtlich nach vorn. (ks)
Top 5
Europäische Containerhäfen 1997:
  • 1.Rotterdam: 5,4 Mio. TEU
  • 2.Hamburg: 3,3Mio. TEU
  • 3.Antwerpen: 2,9Mio. TEU
  • 4.Felixstowe: 2,0Mio. TEU
  • 5.Bremen: 1,7Mio. TEU
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