Startseite » Allgemein »

Billiglohnland mit Potenzial

Auslandsmarkt Portugal
Billiglohnland mit Potenzial

Langsam arbeitet sich Portugal aus der schweren Wirtschaftskrise. Die Konjunktur zog 2014 an, mit voraussichtlich weiter steigender Dynamik in diesem Jahr. Der Stau aus Rezessionsjahren, die positive Nachfrageentwicklung und wachsende Zuversicht haben die Unternehmen 2014 verstärkt in Maschinen und Anlagen investieren lassen.

Portugal hat die vergangenen drei Jahre genutzt, um über 100 umfangreiche Strukturreformen durchzuführen. Unter anderem wurde das Haushaltsdefizit deutlich zurückgeführt, der Arbeitsmarkt flexibilisiert und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes gestärkt. Das Land will sich so attraktiver gestalten und die wirtschaftliche Wende schaffen. Laut Experten der staatlichen Agentur für Investitionen und Außenhandel Portugals, die für Exportförderung, Internationalisierung der portugiesischen Unternehmen sowie ausländische Investitionen zuständig ist, bietet Portugal ausländischen Investoren eine Reihe von Wettbewerbsvorteilen. Unter anderem wurden seit 2013 folgende Reformen durchgeführt:

  • vier Feiertage weniger
  • drei Tage Sonderurlaub wurden abgeschafft
  • Stundenkontosystem
  • Bezahlung von Überstunden um 50 % gesenkt, Angestellte haben Anspruch auf bezahlte Freizeit zum Ausgleich
  • Abfindungen bei Kündigung auf EU-Durchschnitt gesenkt und Grenzwert festgesetzt
  • Entlassung wegen Unzulänglichkeit ist nun möglich
  • Neuregelung verkürzt Kündigungsfristen.
Die portugiesische Wirtschaft profitiert davon, dass die Reformen allmählich greifen. So bescheinigte der Global Competitiveness Index 2014/15 des World Economic Forum dem Land eine deutlich verbesserte Wettbewerbsfähigkeit und rückte es 15 Ränge nach oben auf Platz 36 unter 144 Ländern. Um das Unternehmensumfeld weiter zu verbessern und ausländische Direktinvestitionen zu gewinnen, wird 2015 die Körperschaftssteuer auf 21 % gesenkt. Zudem enthält ein neues Investitionssteuergesetz weitere Vergünstigungen. Impulse könnte auf mittlere Sicht die Zielsetzung der Regierung bringen, den Industriesektor zu modernisieren und international wettbewerbsfähiger zu machen. So soll die Bruttowertschöpfung der verarbeitenden Industrie von gegenwärtig etwa 12 % bis 2020 auf ungefähr 18 % ansteigen. Zur Stärkung von Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation sind an neuen EU-Fördermitteln 2,2 Mrd. Euro vorgesehen.
Nur Geringe Marktregulierungen
Portugal stieg im OECD-Ranking der „Product Market Regulation“, und belegt momentan Platz 7 in der Liste der am wenigsten restriktiven Länder in der EU-28.
Die Arbeitslosigkeit im Land ist von 18 % (2013) auf aktuell 13 % gesunken. Deutschland ist nach Spanien der zweitwichtigste Handelspartner Portugals. So wurden im vergangenen Jahr Waren im Wert von 7,5 Mrd. Euro nach Deutschland exportiert. Rund drei Viertel des Exports werden in der EU abgewickelt. Immer wichtiger für die Exportwirtschaft Portugals wird auch der Handel mit Schwellenländern wie Indien, China oder Russland. Das Land verfügt über diverse Schwerpunktcluster: Automobilindustrie, Flugzeugbau, Maschinen- und Werkzeugbau, Zellulose und Papier, Petrochemie und Chemie sowie Informations- und Kommunikationstechnologie.
Vor allem im Automobil- und Maschinenbausektor sind deutsche Unternehmen aktiv und haben eigene Standorte und Tochtergesellschaften in Portugal. Von den großen Automobilisten sind Toyota, VW, Isuzu und die französische PSA-Gruppe in Portugal aktiv. VW beschäftigt in Portugal rund 3600 Mitarbeiter und erzielte in 2014 einen Umsatz von 1,4 Mrd. Euro. Vor Ort gibt es rund 670 Zulieferer. Der Local Content beläuft sich auf rund 62 %. Die Wolfsburger investieren rund 770 Mio. Euro in das Montagewerk in Quinta do Anjo im Kreis Palmela, das sich 30 km südöstlich von Lissabon befindet. Auf der neuen Plattform werden der EOS, Scirocco, Sharan und der Seat Alhambra produziert.
Ein weiterer deutscher Konzern, nämlich Bosch, ist bereits seit 1911 in Portugal und unterhält heute drei Standorte, in denen rund 3300 Mitarbeiter arbeiten. Das Stuttgarter Unternehmen fertigt in seinen drei Dependancen Automotive Systeme wie beispielsweise Infotainment-Lösungen, Thermo-Solutions, Sicherheitssysteme, Power Tools sowie Teile für den Automotive Aftermarket. Bosch investiert in Portugal pro Jahr rund 5 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung und beschäftigt in diesem Bereich 250 Ingenieure. Die Innovationskraft zeigt der Konzern, indem er 40 % des Umsatzes pro Jahr mit Produkten erzielt, die es sechs Jahre zuvor noch nicht gab.
Bosch beliefert aus Portugal heraus 60 Länder. Es sei, bedingt durch die geografische Lage und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, das perfekte Land, um weltweit agieren zu können. „Portugal ist ein Best Cost Country. Ein großer Vorteil des Landes ist, dass die Löhne stabil bleiben“, sagt Olaf Holzgrefe, Head of International Business Development & Affairs, Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. BME. So sollen die Löhne in den nächsten 30 Jahren dauerhaft rund 40 % unter den Löhnen von Deutschland liegen. Der Mindestlohn in Portugal liegt derzeit bei 589 Euro pro Monat (zum Vergleich: Spanien 756 Euro, Griechenland 683 Euro).
Die Auslandsnachfrage brachte weiteren Auftrieb für Portugals Maschinenbau. Er exportierte von Januar bis September 2014 mit 2,3 Mrd. Euro 2,9 % mehr als im Vorjahreszeitraum. Maschinen, Anlagen sowie elektrische Ausrüstungen sind die wichtigsten Exportprodukte Portugals. Das Land bietet außerdem noch einen absoluten Exportschlager: die Korkeiche. Portugiesische Naturkorken haben einen Weltmarktanteil von über 50 Prozent. Jeder zweite Naturkorken in Weinflaschen kommt danach aus Portugal.
Unsere Webinar-Empfehlung
Aktuelles Heft
Titelbild Beschaffung aktuell 4
Ausgabe
4.2024
PRINT
ABO

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de