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Bye-bye Schengen? Albtraum für die Logistik

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Bye-bye Schengen? Albtraum für die Logistik

Die mangelnde europäische Lösung der Flüchtlingskrise bringt es mit sich: Das Schengen-Abkommen, von dem alle EU-Staaten aufgrund des Wegfalls der kosten- und zeitaufwendigen Grenzkontrollen in Europa profitieren, steht auf der Kippe. Damit wankt auch ein Meilenstein für das Zusammenwachsen Europas. Sollte es sich bei den aktuellen Abschottungstendenzen nicht nur um eine temporäre Fehlentwicklung handeln, so wäre dies für die europäische Einigung fatal.

Kein Zweifel: Die Grundvoraussetzungen für offene Grenzen innerhalb Europas sind im Moment nicht mehr gegenüber allen Mitgliedern gewährleistet. Wenn es die Staats- und Regierungschefs der EU nicht schaffen, in ihren Verhandlungen mit der Türkei zu einer nachhaltigen Sicherung der Außengrenze zwischen Griechenland und der Türkei zu gelangen, müssen sich die Europäer auf dauerhafte Kontrollen an den Binnengrenzen einstellen.
Die EU-Kommission warnt die Schengen-Staaten vor den hohen Kosten eines solchen Szenarios. Sie schätzt die jährlichen Mehrkosten auf rund 7,1 Mrd. Euro. Am stärksten betroffen von den Kontrollen wäre natürlich der Güterverkehr auf der Straße. Die Kommission geht davon aus, dass bei einer durchschnittlichen Wartezeit von einer Stunde rund 3,5 Mrd. Euro an Logistikkosten hinzukämen. Der deutsche Güterverkehr würde mit Mehrkosten von 500 Millionen Euro belastet. Betroffen von den Grenzkontrollen wären neben dem Güterverkehr auch die täglich über die Grenzen pendelnden 1,7 Mio. Arbeitnehmer.
Diese Schätzungen mögen (bewusst?) überhöht sein. So geht das Münchner IFO-Institut von deutlich geringeren Kosten aus. Unbestritten ist aber, dass ein Bye-bye Schengen ein schwerer Rückschlag insbesondere für Deutschland wäre. Die Produktion unserer Unternehmen ist eng verflochten mit den Standorten und Zulieferern in den umliegenden Ländern. Immerhin werden rund 60 Prozent des deutschen Außenhandels innerhalb der EU abgewickelt und dies auch mit eng getakteten JIT-ähnlichen Logistik-Lösungen. Diese effizienten Lösungen wären bei Grenzkontrollen kaum noch möglich; stattdessen würden die Stopps an den Grenzen zu langen Staus, längeren Wartezeiten und höheren Vorräten führen. Es darf nicht vergessen werden, dass die Logistik der Unternehmen sehr stark am Lastwagenverkehr hängt. Andere leistungsfähige Verkehrsträger sind nicht in Sicht. Für die Logistiker und insbesondere die Logistikunternehmen ist ein dauerhaftes Scheitern von Schengen daher ein Albtraum.
Hoffen wir, dass dieser Albtraum nicht Wirklichkeit wird. Der Ball liegt im Spielfeld der Politik. Das Schengen-Abkommen kann nur durch Rückgewinnung der Hoheit an den Außengrenzen gesichert werden. So schmerzlich es ist: Bevor das essentielle Prinzip der Freizügigkeit gänzlich geopfert wird, kommt auch ein (temporäres) Ausscheiden einzelner Mitglieder aus dem Schengen-Raum in Betracht. Dies darf die Politik mit Blick auf den unterstützungswürdigen Problem-Partner Griechenland nicht von vornherein ausschließen.
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