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Die Bitte um „danke“

Arbeitszeugnisse
Die Bitte um „danke“

Wenn ein Arbeitszeugnis am Schluss keinen Dank und keine guten Wünsche enthält, kann der Arbeitnehmer darum bitten – juristisch zwingen kann er ihn nicht. Näheres von unserem Autor Karlheinz Schmid.

Der 42-jährige Einkaufsleiter A eines größeren, mittelständischen Unternehmens der metallverarbeitenden Industrie hatte nach 20 Jahren erfolgreicher Arbeit das sehr lukrative Angebot eines wesentlich größeren Unternehmens der selben Branche angenommen und – für alle überraschend – gekündigt. Die beiden Geschäftsführer, die ihn bisher in allen Belangen gefördert und im Rahmen des Möglichen auch gut bezahlt hatten, waren von ihm bitter enttäuscht und stellten ihm ein qualifiziertes Arbeitszeugnis aus, in dem sie die Leistung und das Verhalten des Einkaufsleiters wahrheitsgetreu mit Bestnoten qualifizierten.

Gegen die vorzügliche Beurteilung der einzeln aufgeführten Leistungen hatte A nichts einzuwenden. Er bat jedoch die Geschäftsleitung darum, dass der Schlusssatz „Das Arbeitsver-hältnis endete am 31.12.2012.“ dahingehend geändert werde, dass er das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen habe. Außerdem müsse das Arbeitszeugnis damit enden, dass man ihm für die geleistete Arbeit Dank sage, seinen Weggang bedauere und ihm für die Zukunft alle Gute wünsche. Das Unternehmen entsprach dieser Bitte nicht.
Grundsätzliches zum Zeugnisinhalt: Das Arbeitszeugnis muss in erster Linie wahr sein. Es muss alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind und an denen ein künftiger Arbeitgeber ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse haben kann. Dies bedeutet aber nicht, dass der Arbeitgeber zur schonungslosen Offenbarung aller ungünstigen Vorkommnisse verpflichtet ist. Das Arbeitszeugnis soll nämlich auch vom verständigen Wohlwollen für den Arbeitnehmer getragen sein und ihm sein weiteres Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren. Diese Rücksicht findet aber dort ihre Grenze, wo auf das Interesse eines künftigen Arbeitgebers an einer zuverlässigen Beurteilungsgrundlage Rücksicht genommen werden muss. Das Recht des zukünftigen Arbeitgebers auf objektive Unterrichtung ist verletzt, wenn bestimmte, für Führung und Leistung bedeutsame Vorkommnisse verschwiegen werden und dadurch die Gesamtbewertung des Mitarbeiters lückenhaft oder unrichtig erscheint. Die weit verbreitete Ansicht, ein Arbeitszeugnis dürfe keine ungünstigen Angaben enthalten, ist daher eindeutig falsch.
Kündigungsinitiative Da Angaben zum zeitlichen Ende des Arbeitsverhältnisses immer gemacht werden müssen, heißt es häufig lediglich: „Das Arbeitsverhältnis endete am …“ Es ist dann von einer Kündigung des Arbeitgebers auszugehen. Deshalb hat ein Mitarbeiter einen Rechtsanspruch darauf, dass die von ihm ausgehende Kündigung im Arbeitszeugnis erwähnt wird. Die Kündigungsinitiativen des Mitarbeiters werden etwa mit folgenden Formulierungen deutlich gemacht:
  • „Herr/Frau … scheidet auf eigenen Wunsch zum … aus unseren Diensten aus.“
  • Herr/Frau … löste sein/ihr Arbeitsverhältnis zum … dieses Jahres auf.“
Einkaufsleiter A kann daher zu Recht von seinem bisherigen Arbeitgeber verlangen, dass seine von ihm ausgehende Kündigung mit aller Deutlichkeit im Arbeitszeugnis zum Ausdruck gebracht wird. Sollte sich sein bisheriger Arbeitgeber weigern, dieser Bitte nachzukommen, kann A seinen Rechtsanspruch in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht durchsetzen.
Stufen unterschiedlicher Wertschätzung: Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 11.12.2012 (9 AZR 227/11) kann A die Hoffnung aufgeben, über ein arbeitsgerichtliches Verfahren zu einer Ergänzung seines Arbeitszeugnisses zu kommen. In diesem Urteil heißt es u. a.: „Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, das Arbeitszeugnis mit Formulierungen abzuschließen, in denen er dem Arbeitnehmer für die geleisteten Dienste dankt, dessen Ausscheiden bedauert oder ihm für die Zukunft alle Gute wünscht… Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers gehören nicht zum notwendigen Zeugnisinhalt. Ist der Arbeitnehmer mit einer vom Arbeitgeber in das Schlusszeugnis aufgenommenen Schlussformel nicht einverstanden, kann er nur die Erteilung eines Zeugnisses ohne diese Formulierung verlangen… Schlusssätze in Zeugnissen, mit denen Arbeitgeber in der Praxis oft persönliche Empfindungen wie Dank oder gute Wünsche zum Ausdruck bringen, sind nicht „beurteilungsneutral“, sondern geeignet, die objektiven Zeugnisaussagen zu Führung und Leistung des Arbeitnehmers zu bestätigen oder zu relativieren. Wenn ein Arbeitgeber solche Schlusssätze formuliert und diese nach Auffassung des Arbeitnehmers mit dem übrigen Zeugnisinhalt nicht in Einklang stehen, ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, ein Zeugnis ohne Schlussformel zu erteilen. Auch wenn in der Praxis, insbesondere in Zeugnissen mit überdurchschnittlicher Leistungs- und Verhaltensbeurteilung, häufig dem Arbeitnehmer für seine Arbeit gedankt wird, kann daraus mangels einer gesetzlichen Grundlage kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Dankesformel abgeleitet werden.“
Schon im Urteil vom 20.2.2001 (9 AZR 44/00) hatte das Bundesarbeitsgericht ausgeführt: „Positive Schlusssätze sind geeignet, die Bewerbungschance des Arbeitsnehmers zu erhöhen. Ein Zeugnis mit „passenden“ Schlusssätzen wird daher aufgewertet. Daraus lässt sich aber nicht im Umkehrschluss folgern, ein Zeugnis ohne jede Schlussformulierung werde in unzulässiger Weise „entwertet“. Vielmehr obliegt dem Arbeitgeber die Formulierung und Gestaltung des Zeugnisses. Zu seiner Gestaltungsfreiheit gehört auch die Entscheidung, ob er das Zeugnis um Schlusssätze anreichert… Wenn ein Zeugnis ohne abschließende Formeln oft als negativ beurteilt wird, so ist das hinzunehmen… Es kommt noch hinzu, dass nach allgemeinem Sprachverständnis Dank für gute Zusammenarbeit und gute Wünsche für die Zukunft Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers sind. Sie machen die Wertschätzung des Arbeitnehmers und seine Leistung deutlich; der Arbeitgeber zeigt Teilnahme am weiteren Lebensweg des Arbeitnehmers. Gleiches gilt für die von der Klägerin zunächst ebenfalls verlangte Erklärung, ihr Ausscheiden werde bedauert. Ohne gesetzliche Grundlage kann der Arbeitgeber nicht verurteilt werden, das Bestehen solcher Gefühle dem Arbeitnehmer gegenüber schriftlich zu bescheinigen.“
Variationen Es finden sich zahlreiche Variationen in der Praxis, wie Mitarbeitern für die geleistete Arbeit gedankt, ihr Ausscheiden bedauert oder die guten Wünsche für die Zukunft ausgesprochen werden. Zwar kann heute noch nicht von einer gefestigten Ausrichtung der Praxis auf die nachfolgend zitierten Rangfolgen gesprochen werden, doch ist der Trend hierzu, insbesondere bei größeren Unternehmen, unverkennbar (vgl. K. Schmid, Der Betrieb 1988, S.2253ff).
  • „Herr/Frau … verlässt uns auf eigenen Wunsch.“
  • „Herr/Frau … verlässt uns auf eigenen Wunsch. Für die Zukunft wünschen wir ihm/ihr alles Gute.“
  • „Herr/Frau … verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedauern sein/ihr Ausscheiden und wüschen ihm/ihr für die Zukunft alles Gute.“
  • „Herr/Frau … verlässt uns auf eigenen Wunsch, um sich einer neuen Aufgabe in einem anderen Unternehmen zu widmen. Wir bedauern sein/ihr Ausscheiden sehr, danken ihm/ihr für die bei uns geleistete Arbeit und Wünschen ihm/ihr auch an seiner/ihrer neuen Wirkungsstätte in Zukunft alles Gute.“
  • „Herr/Frau … verlässt uns auf eigenen Wunsch, um sich einer größeren Aufgabe in einem anderen Unternehmen zu widmen. Er/Sie hat sich unserem Hause gegenüber bleibende Verdienste erworben. Wir bedauern sein Ausscheiden außerordentlich und wünschen ihm/ihr an seiner neuen Wirkungsstätte sowie für seinen weiteren beruflichen Werdegang alles Gute, viel Glück und Erfolg.“
Hier wird deutlich, dass eine Aussage in einem Arbeitszeugnis immer relativ ist, also nur im Vergleich mit anderen möglichen Bewertungen und im Hinblick auf die spezifischen Arbeitsplatzanforderungen beurteilt werden kann. Der wirkliche Stellenwert einer Zeugnisbeurteilung ergibt sich also regelmäßig erst im unmittelbaren Vergleich mit allen möglichen besseren und schlechteren Zeugnisaussagen. Deshalb wird der letzte Formulierungsvorschlag nur in seltenen Fällen Anwendung finden, etwa wenn eine langjährige, sehr erfolgreiche Tätigkeit auf oberster Führungsebene zu Ende geht.
Die Schlussformulierung muss dabei in einem angemessenen Verhältnis zum übrigen Zeugnisinhalt stehen. Eine umfangreiche Schlussformulierung bei sonst eher knappem Zeugnistext ist deshalb ebenso ungewöhnlich wie eine umfangreiche, positive Beurteilung, die ohne Dank und gute Wünsche endet.
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