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Ein Schlauch und eine Seele

Von Öl und Bioöl und dem feinen Unterschied
Ein Schlauch und eine Seele

Ein Schlauch und eine Seele
In hydraulischen Systemen bestimmt die verwendete Hydraulikflüssigkeit in starkem Maße deren Verhalten und die Einsatzgrenzen. Ihre Aufgabe ist es, Kräfte, Bewegungen und Signale zu übertragen. Dabei müssen die Druckflüssigkeiten so ausgewählt werden, dass sie den im jeweiligen hydraulischen System auftretenden Beanspruchungen, insbesondere mechanischer, chemischer und thermischer Art, Stand halten. Die wohl am häufigsten verwendete Flüssigkeit ist Hydrauliköl.

Nun hat Öl den großen Nachteil, dass es für die Umwelt schädlich ist. Schon ein Tropfen Öl kann 100 Liter Wasser kontaminieren. Da hydraulische Anlagen sehr häufig mit hohem Druck arbeiten, tritt die Hydraulikflüssigkeit im Fall großer und kleiner Leckagen sehr schnell in erheblichen Mengen aus. Gerade kleine Leckagen sind es letztlich, die in der Vergangenheit häufig zu Gewässer- und Bodenverunreinigungen führten, da sie nicht immer sofort entdeckt und Schäden dementsprechend erst spät behoben werden.
Um dieser Gefahr entgegenzutreten und dem wachsenden Umweltbewusstsein Rechnung zu tragen, fordern Kommunen als Auftraggeber bei öffentlichen Bauprojekten, aber auch der Gesetzgeber immer häufiger, dass als Hydraulikflüssigkeit Öle verwendet werden, die leichter abbaubar sind und bei Leckagen das Erdreich weniger gefährden. Diese so genannten biologischen Öle oder Bioöle können allerdings nicht in allen hydraulischen Anlagen eingesetzt werden. Als biologisch werden sie bezeichnet, da sie pflanzliche Öle oder synthetische Ester enthalten und einen Wasseranteil von 0,3 Prozent haben. Vor allem in der Mobilhydraulik wird der Einsatz von biologischen Ölen gefordert. Wer also von der öffentlichen Hand noch Aufträge erhalten will, der kommt am Einsatz von Bioölen nicht mehr vorbei.
Nun ist es natürlich nicht ohne weiteres möglich, ein hydraulisches System einfach mit Bioöl statt Mineralöl zu betreiben. Denn: Öl ist nicht gleich Öl. Bevor eine Anlage umgestellt wird, sollte man sich unbedingt erkundigen, ob diese Möglichkeit überhaupt besteht, denn Bioöl weist völlig andere Eigenschaften auf als Mineralöl. Zum Beispiel ein anderes Quellverhalten an Dichtungen und Schläuchen. Bevor also eine hydraulische Anlage umgestellt wird, sollte man sich vergewissern, ob dies bedenkenlos möglich ist, sei es beim Hersteller oder direkt bei Hansa-Flex. Ulrich Hielscher, Spezialist für Leitungstechnik beim Hansa-Flex Schulungszentrum, weiß, was vor einer Umstellung auf Bioöl zu beachten ist: Zum Beispiel die Materialverträglichkeit der nichtmetallischen Elemente; die Beschichtungen, besonders von Tankinnenseiten; die Betriebs- und Tanktemperatur und – ganz wichtig – die Verträglichkeit mit Filterelementen, Dichtungen und Elastomeren. Da Dichtungen meist ganz oder teilweise vom Druck- medium umgeben sind, werden sie chemisch, physikalisch und mechanisch beeinflusst. Da Bioöle gegenüber Mineralölen stärker quellen, werden die Dichtungen weicher und verändern ihre Abriebeigenschaften.
Im Gegensatz zum Innenleben – der Schlauchseele – von Geflechtschläuchen, die hinsichtlich biologisch abbaubarer Hydraulikflüssigkeit eher unbedenklich sind, reagieren Spiralschläuche mit sehr starkem Quellverhalten auf den Einsatz von Bioölen. Ein extremer Abfall der Zugfestigkeit und eine Verschlechterung der Bruchdehnungswerte können in kurzer Zeit zum Ausfall der Schlauchleitung führen. Auch können abgelöste Teile der Innenseele in das System gelangen und dort Schaden anrichten. Deshalb empfiehlt es sich, unbedingt vor dem Einsatz von Bioölen mit dem Schlauchleitungshersteller Rücksprache zu nehmen. Hansa-Flex rät zu einem sehr bewussten Einsatz von Bioölen.
Zu der Verträglichkeit mit Schlauchmaterial hat Hansa-Flex nicht nur eine eigene Datenbank angelegt, sondern gemeinsam mit dem Schlauch- hersteller Manuli eine Spiral-Schlauchreihe gefertigt, die neben dem Einsatz von Druckflüssigkeiten auf Mineralölbasis auch den Einsatz von biologisch schnell abbaubaren Ölen gewährleistet.
Nach Rücksprache mit Öllieferanten und Schlauch- und Dichtungsherstellern kann Hansa-Flex seinen Kunden eine Reihe von Beständigkeitsergebnissen vorlegen, so dass für jeden Einzelfall die richtige Auswahl getroffen werden kann.
Biologisch abbaubare Öle haben eine reinigende Wirkung. Das bedeutet, dass Ablagerungen und Verharzungen von Mineralölteilen ausgewaschen werden, wodurch vermeintlich noch gut dichtende Elemente undicht werden, so dass es zu Leckagen kommen kann. Ein vorbeugender Dichtungswechsel ist also in jedem Fall zu empfehlen.
Es ist ratsam, Bioöle bewusst einzusetzen, um Schäden an den Anlagen zu vermeiden. Und – auch das ist wichtig: Niemals Bioöle und Mineralöle miteinander vermischen! Starke Schaumbildung, Pumpenverschleiß, Korrosionsschäden und der Verlust jeglicher Gewährleistung sind die Folge. sas

Vor dem Einsatz von Bioöl sollte beachtet werden, dass …
  • die Anlage für den Betrieb mit Bioöl geeignet ist;
  • der Zustand der Anlage in Bezug auf Schläuche, Dichtungen und deren Beständigkeit gegenüber Bioöl geprüft wird;
  • ein für den Einsatz richtiges Bioöl ausgewählt wird;
  • Bioöl und Mineralöl auf keinen Fall gemischt werden;
  • Bioöl andere Lösungseigenschaften (Reinigungseffekte) hat als ein Mineralöl;
  • nach dem Umölen durch untersuchte Ölproben eine Qualitätssicherung durchgeführt wird.
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