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Empfehlungen zum Umgang mit Softwareleistungen (nicht nur für Rundfunkanstalten)

Abnahme von Software
Empfehlungen zum Umgang mit Softwareleistungen (nicht nur für Rundfunkanstalten)

Empfehlungen zum Umgang mit Softwareleistungen (nicht nur für Rundfunkanstalten)
Abnahme von Softwareleistungen – AG Abnahme/DW/ZDF/SWR
Eine Arbeitsgruppe der ARD/ZDF-Einkaufsleiter hatte es sich zum Ziel gesetzt, Verträge über Softwareleistungen zu analysieren und in einen Empfehlungskatalog münden zu lassen, um wegen der technischen und rechtlichen Komplexität eine größere Transparenz für die Betroffenen zu erzielen.

Eberhard Burmester, Zentraleinkauf Deutsche Welle; H. Schäfer, H. Ohler, Arbeitsgruppe ARD/ZDF

Die Gruppe unter Vorsitz der Deutschen Welle, Köln, legte vor kurzem zu diesem Thema eine Broschüre und eine CD-ROM zur digitalen Weiterverarbeitung vor. Die gewählte Darstellungsform soll die erarbeiteten Erkenntnisse allen Planern, den Beschaffungsstellen, kurz allen Mitarbeitern aus Technik und Verwaltung in den Rundfunkanstalten ermöglichen, die vertraglichen Probleme, die beim Kauf, der Überlassung bzw. Erstellung von Softwareprodukten/-Leistungen und deren Abnahme auftreten können, besser zu analysieren, die Abwicklungsprozesse gezielter zu steuern, zu beeinflussen, zu optimieren und zu beherrschen. Eine Darstellung auf Folien (MS Powerpoint) ermöglicht es, die zusammengetragenen Fakten auf breiter Ebene in die Funkhäuser zu kommunizieren.
Die folgenden Darstellungen beziehen die Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) für den Kauf von EDV-Anlagen und -Geräten, sowie für das Erstellen, die Überlassung und die Pflege von EDV-Programmen, die VOL/B, ein.
Hardware vor Software oder umgekehrt?
(Nachfolgend steht AG für Auftraggeber sowie AN für Auftragnehmer)
Was heute noch Hardware war, ist morgen bereits als Software vorhanden. Letztlich durchdringen sich beide Gattungen. Der Planer und Anwender sollte insbesondere die Kernpunkte des gesamten Beschaffungsprozesses kennen und die rechtlichen Konsequenzen hieraus beurteilen können. Fehlerfreie Software gibt es nicht! Wo ist dann aber die Grenze, wie ist eine Abnahme abzulehnen? Wie sind die erbrachten Leistungen zu werten? Letztlich ist es die erklärte Absicht der Vertragspartner, ein voll funktionsfähiges DV-Programm geliefert und installiert zu bekommen.
Probleme der Vertragsabwicklung von Softwareleistungen verdichten sich in der Praxis auf die Abnahme, insbesondere
–für Programme, die aufgrund von unvollständig, unpräzise und ungenau geplanten Vorgaben erstellt werden mussten, vor allem bei fehlendem oder unzureichend konkretisiertem Leistungsverzeichnis/Pflichtenheft,
–wenn Vereinbarungen und Vorgaben für eine Abnahme (Abnahmekriterien/Prozedere) fehlen,
–wenn Kontroversen zwischen den Vertragspartnern über die Abnahmefähigkeit der Leistung bestehen, Vollständigkeit und Mängelfreiheit der Leistung infrage gestellt ist,
–wenn eine eindeutige Abnahmeerklärung fehlt bzw. unklar dokumentiert ist,
–wenn intern ungeklärt ist, durch wen die Abnahmeerklärung auszusprechen ist.
Das sind die Folgen:
–Rechtliche Risiken bei der Abwicklung von Softwareleistungsverträgen, insbesondere Qualitätsmängel, schwierige und unklare Durchsetzbarkeit von Ansprüchen bei Leistungsstörungen,
–wirtschaftliche Risiken auf Grund einer dauerhaft schlechten Wettbewerbsposition des AG gegenüber Softwarelieferanten.
Softwareleistungsverträge:
Rechtlicher Rahmen und Grundsatzüberlegungen
Ein Vertrag über die Erstellung eines Programmes als vom AN geschuldetes Ergebnis ist als Werkvertrag anzusehen (§§ 631 ff BGB), wenn eine Auslegung des Vertrages ergibt, dass der AN einen Erfolg schuldet. Für einen Werkvertrag ist eine Abnahme der geschuldeten Leistung (§ 640 BGB) erforderlich.
Eine Abnahme ist auch dann durchzuführen, wenn als Grundlage des Vertrages besondere Vertragsklauselwerke oder Vertragsbedingungen verwendet werden, die im öffentlich-rechtlichen Bereich Anwendung finden, so beispielsweise § 13 VOL/B, § 9 BVB Überlassung, § 11 BVB Erstellung, da auch diese eine Abnahme vorsehen.
Die Abnahme stellt die Weichen für die Abwicklung des Softwarevertrages, sie löst bestimmte Rechtsfolgen aus:
–Der Anspruch des AN auf Zahlung der vereinbarten Vergütung wird fällig (§ 641 BGB),
–der Lauf der Verjährungsfrist für die Mängelansprüche beginnt (§ 638 I, 2 BGB),
–bei vorbehaltloser Abnahme eines Werkes gehen trotz Kenntnis der Mangelhaftigkeit die Gewährleistungsansprüche verloren (§ 640 II BGB),
–eine vereinbarte Vertragsstrafe kann nur verlangt werden, wenn diese bei der Ab-nahme ausdrücklich vorbehalten wird (§ 341 III BGB),
–die Beweislast für die Mangelfreiheit des Werkes wird umgekehrt und geht auf den AG über,
–die Preisgefahr, ein mehr akademischer Gesichtspunkt, geht auf den AG über (§ 644 I, 1 BGB), so dass er (entgegen § 323 I BGB) bei einem zufälligen Untergang des Werkes die vereinbarte Vergütung zu zahlen hat.
Die Abnahme besteht in der körperlichen Entgegennahme des Werkes und der ausdrücklichen und schlüssigen Erklärung des AG gegenüber dem Werkunternehmer, dass er das Werk als in der Hauptsache vertragsgemäß anerkennt. Entgegennahme und eine Billigung müssen zusammentreffen. Anders als bei einem Kauf kann der AG bei Vertragsabschluss noch kein fertiges Produkt begutachten und überprüfen, dieses wird erst neu hergestellt. Zur Erinnerung: Die kaufrechtliche Gewährleistung sieht vor, dass der Käufer das Recht hat, nach erfolgter Lieferung wegen Mängeln der Kaufsache den Kaufpreis zu mindern oder den Vertrag zu wandeln.
Für die Abnahme allein reicht aus Sicht des AG die tatsächliche Übergabe nicht aus, er wird das Werk erst überprüfen/erproben müssen. Das heißt, es ist zwingend erforderlich, eine vertragliche Vereinbarung zu treffen, wann ein Werk vertragsgemäß ist. Dies bedeutet eine hinreichende Konkretisierung der gewünschten Leistung. Es gelten folgende Leitüberlegungen:
–Je konkreter die gestellte Aufgabe ist, desto eindeutiger die Abnahme,
–je klarer und präziser die noch zu beschreibenden Kategorienfestlegungen, desto strengere Anforderungen sind an das Leistungsverzeichnis und an das Abnahmeverfahren zu stellen.
Maßstab ist daher, ob die Leistung des AN der Leistungsbeschreibung entspricht.
Kategorisierung von Software
Das Spektrum von Softwareleistungen verlangt gesonderte Vertragsgestaltungen. Für Rundfunkanstalten empfiehlt sich unter Beachtung der jeweiligen rechtlichen und tatsächlichen Problemschwerpunkte die Einführung von insgesamt vier Kategorien (nachfolgend A bis D).
Softwarebeschaffungen in den Rundfunkanstalten werden von den vorhandenen IT-Infrastrukturen (Hardware, Betriebssystem-Software, Systemmanagement, Anwendungssoftware) sowie von Anwendungsvorhaben (Optimierung von Geschäftsprozessen) bestimmt. Durch diese Beschaffungen werden entweder Neuinstallationen oder Pflege-/Wartungsnotwendigkeiten abgedeckt, die in gezielten Maßnahmeplanungen abgewickelt werden.
Mit Blick auf die Abnahmenotwendigkeiten lassen sich Software-Beschaffungen wie folgt systematisieren:
Kategorie A
Beschreibung: Beschaffung von Standardsoftware im Sinne einer einfach abfragba-ren Leistung. Hierbei handelt es sich um bekannte Standardleistungen (Beispiel: Microsoft Winword).
Rechtliche Einordnung: Es sind Kaufverträge (nach §§ 433 ff BGB), es gelten die kaufrechtlichen Bedingungen von Wandlung und Minderung. Insbesondere besteht ein Anspruch auf Nachbesserung nur dann, wenn dies gesondert vertraglich vereinbart ist (Regelfall in den genannten Vertragsklauselwerken).
Handlungsempfehlung: Zwei Modelle können dem AG größere Sicherheit geben, keine Mängel an der Kaufsache geliefert zu bekommen.
1. Ein Kauf mit vorhergehender Probephase ermöglicht Tests der Software vor der Beschaffung, eine bestimmte Vorstellung von dem Produkt sollte beim AG vorhan-den sein. Grundsätze des Kaufes nach Probe (§ 494 BGB) kommen zum Einsatz: Die Eigenschaften der Probe sind als zugesichert anzusehen (§§ 459 II, 463 BGB), was die Gewährleistungsposition entscheidend verbessert.
Möglich ist auch die Vereinbarung eines Kaufes auf Probe (§ 495 BGB). Der Kauf-vertrag ist jedoch von einer Billigung des Käufers abhängig und daher nur unter die-ser Bedingung abzuschließen. In diesem Rahmen sind dann Funktionsprüfun-gen/Tests/Untersuchungen denkbar und möglich.
2. Kauf mit vereinbarter Güteprüfung/Abnahme: Durch Zugrundelegung der gängi-gen Vertragsklauselwerke kann für Standardsoftware eine Güteprüfung mit einer Abnahme gesondert vereinbart werden. Modelle sind hier etwa die Bestimmungen der §§ 12, 13 VOL/B oder § 9 BVB Überlassung.
In jedem Fall ist zu prüfen, ob ein solches Vorgehen wirtschaftlich sinnvoll und erforderlich ist, und ob ein solches Modell gegenüber dem Verkäufer durchsetzbar ist. Zumindest bei einem Kauf auf Probe ist dies aus Verkäufersicht bedenklich, da hier der Kaufvertrag schwebend unwirksam ist und so dem Verkäufer die wirtschaftliche Sicherheit eines unbedingten Vertragsschlusses fehlt. Im 2. Fall ist der Verkäufer darauf hinzuweisen, dass hier der Kaufvertrag bereits unbedingt geschlossen ist und so ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Sicherheit besteht. Darüber hinaus sind BVB und VOL generelle und allgemein anerkannte Klauselwerke bei öffentlichen Aufträgen, somit scheint eine Anerkennung durch den Verkäufer eher erreichbar. Diese Modelle können jedenfalls als Basis für Vertragsverhandlungen sinnvoll eingesetzt werden.
Kategorie B:
Beschreibung: Standardsoftware mit individuellem Anteil und Modifikationen, Standardsoftware plus Anpassung (Beispiel SAP).
Rechtliche Einordnung: Kaufvertrag, jedoch mit werkvertraglichen Elementen. Im Regelfall steht dabei die bloße Lieferung im Vordergrund, so dass vorrangig die Re-geln des Kaufes gelten. Je nach der spezifischen Ausgestaltung des Vertrages kommt aber ein Umschlagen zum Werkvertrag in Betracht. Maßstab ist dabei, inwieweit der Lieferant erfolgsbezogene Tätigkeiten vorzunehmen hat, die über eine reine Lieferung hinausgehen (insbesondere Installation, organisatorische Einsatzvorbereitung, Einrichten der Software, Umstellen von Dateien).
Eine individuelle Anpassung einer Standardsoftware an die konkreten Gegebenheiten wird regelmäßig erfolgsbezogen sein und stellt daher einen Werkvertrag dar; somit ist das Werkvertragsrecht (§ 640f BGB) anzuwenden. Eine Abnahme ist erforderlich.
Handlungsempfehlung: Erstellung einer Leistungsbeschreibung, die dann Grund-lage der Abnahme wird. In dieser ist nach verschiedenen Anpassungsparametern zu differenzieren und genau zu beschreiben:
Art und Umfang der gewünschten Leistung, Gesichtspunkte der Kompatibilität der angepassten Software zu den vorhandenen Systemen, deren Schnittstellen, die Lauffähigkeit unter den vorhandenen Betriebssystemen. Diese Punkte sind Fix-punkte des Abnahmeverfahrens und damit Kriterien für die Abnahmefähigkeit einer Leistung im Sinne einer Vertragsgemäßheit. Die Prüfung der Leistungen sollte nach einem Bewertungsschema mit folgenden Klassifizierungsmerkmalen erfolgen:
  • a)Gravierende Systembeeinflussung mit der Folge eingeschränkter Nutzbarkeit,
  • b)Benutzung eingeschränkt, Betrieb jedoch möglich und für die Anwender zumutbar,
  • c)kleinere Mängel, Schönheitsfehler.
Mängel aus den Klassifizierungen haben zur Folge:
  • a)Funktionsprüfung bzw. Abnahme wird verweigert, keine Zahlung,
  • b)Funktionsprüfung bzw. Abnahme wird vorbehaltlich ausgesprochen mit Fristsetzung für Fehlerbehebung, Zahlung erfolgt,
  • c)Funktionsprüfung bzw. Abnahme wird ausgesprochen, Zahlung erfolgt.
Art, Umfang und Dauer einer Funktionsprüfung oder eines Abnahmeverfahrens sind vertraglich festzulegen. Die Klauselwerke als Bestandteil des Vertrages definieren die Richtung (§§ 12, 13 VOL/B, § 9 BVB Überlassung, § 11 BVB Erstellung). Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben ist eine für beide Parteien sinnvolle und interessengerechte Abwicklung der Abnahme erreichbar.
Die Fachbereiche haben auf die Einhaltung der Vorgaben des vereinbarten Modells zu achten. Die Vertragsuntreue eines AN berechtigt den AG keinesfalls, ebenso von den vertraglichen Verpflichtungen abzuweichen.
Nahezu unverzichtbar für den vertraglichen Erfolg ist die stete und genaue Doku-mentation der gesamten Vertragsabwicklung. Dabei darf es nicht bei einer bloßen internen Dokumentation bleiben, vielmehr ist hier der Lieferant frühzeitig einzube-ziehen, etwa durch gemeinsame Papiere, Unterschriften oder einen Schriftwechsel. Bei Leistungsstörungen kann hierauf der AG gegenüber dem AN aus einer Position der Stärke auftreten.
Kategorie C
Beschreibung: Individualsoftware mit oder ohne innovativer Softwaretechnik (Beispiel: Produktionsplanungssysteme, Objektorientierte Systeme, Digitale Sen-dungs- und Planungssysteme).
Rechtliche Einordnung: Werkvertrag (§§ 631 ff BGB). Es soll ein Werk im Sinne einer erfolgsorientierten Leistung geschaffen werden. Eine Abnahme der Leistung ist zwingend erforderlich.
Handlungsempfehlung: Voraussetzung für eine erfolgreiche Abwicklung ist ein Projektentwicklungsverfahren, mit Hilfe dessen ein DV-technisches Konzept mit Projekthandbuch, Leistungsverzeichnis oder Pflichtenheft erstellt werden kann:
Vorschläge zum Vorgehen:
–Eigene Kenntnisse und Vorarbeiten des AG über das Konzept werden Grundlage des Vertrages,
–der AN entwickelt selbst das Konzept,
–Vergabe entweder als getrennter und vorab vergebener Auftrag (an späteren AN oder Dritten) in Form einer freien Dienstleistung oder selbst bereits als Bestandteil des Werkvertrages,
–die Vertragsparteien entwickeln das Konzept gemeinsam in Projektsitzungen und Arbeitsgruppen (insbesondere bei innovativen Projekten). Wiederum ist eine stete und exakte Dokumentation der gemeinsamen vertraglichen Absprachen für Transparenz und Rechtssicherheit unabdingbar.
Vorstehendes Konzept sollte die Grundlage für das Abnahmeverfahren in Form einer Güteprüfung oder Funktionsprüfung darstellen. Auf die obigen Erwägungen zur Kategorie B kann zurückgegriffen werden.
Kategorie D
Hierunter werden Großprojekte subsumiert, die Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen haben. Wiederum gilt die rechtliche Einordnung für den Werkvertrag §§ 631 ff BGB: Eine Abnahme ist zwingend erforderlich. Diese Kategorie führt zu einer weiteren Steigerung der Komplexität und der Bedeutung des Abnahmeverfahrens.
Zur Abnahmeerklärung
Abschluss und Abwicklung eines Softwarevertrages müssen in einer Hand liegen. Eine klare Zuständigkeitsbegrenzung bezüglich der Abgabe der Abnahmeerklärung ist festzulegen: Der vertragschließende Bereich sollte auch die Abnahme einer von ihm ausgeschriebenen und beschafften Leistung aussprechen. Nur ein solches einheitliches und gebündeltes Auftreten nach außen gewährleistet eine transparente, eindeutig dokumentierte und somit auch eine wirtschaftliche Abwicklung. Ferner kann die Wettbewerbsposition am Softwaremarkt dauerhaft verbessert werden.
Problemschwerpunkte und Strategien
Leistungsstörungen bei Softwareverträgen sind
•Nichtleistung,
•Schlechtleistung und
•Verzug.
Die spezifischen Rechtsfolgen richten sich nach obigen Kategorien:
–Verträge nach der Kategorie A fallen unter die Regeln des Kaufrechts, hier ist eine vereinbarte Nachbesserung als vorrangige Lösung anzusehen, bevor auf eine Wandlung oder gar Minderung zurückzugreifen ist.
–Für die Verträge nach den Kategorien B – D gelten die Regeln des Werkvertrags-rechts.
Primärer Gewährleistungsanspruch ist die Neuherstellung des Werkes und damit die Abnahme von besonderer Bedeutung, um die gewünschte Leistung zu erhalten. Störungen haben zur Folge:
Nachbesserung (§ 633 II BGB)
Der Erfüllungsanspruch des AG besteht grundsätzlich nur noch in der Nachbesserung, der Beseitigung der Mängel an dem konkreten Werk.
Ausnahme hiervon ist, dass keine Nachbesserungen erfolgen, wenn
–Beseitigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert,
–eine Neuherstellung zu erfolgen hat, wenn nur so Mängel beseitigt werden können/wenn für AN zumutbar/wenn Nachbesserung schuldhaft misslungen.
–der AG nicht beweisen kann, dass das Werk einen Mangel aufweist.
Ersatzvornahme (§§ 284, 285 BGB)
Bei Verzug des AN mit Nachbesserung kann der AG selbst diese vornehmen lassen und vom AN die Kostenerstattung verlangen. Der AG hat Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die mutmaßlichen Nachbesserungskosten (nicht für weitere Vermögensschäden): Aufrechnung gegen die Vergütungsforderung des AN ist möglich. AG kann bis zur Nachbesserung die Zahlung der Vergütung verweigern (§ 320 BGB), Einbehalt des zwei- bis dreifachen Betrages der Nachbesserungskosten möglich (Druckzuschlag).
Wandlung oder Minderung als sekundäre Gewährleistungsansprüche (§ 634 BGB)
Bei mangelhaftem Werk ist eine Frist zur Mängelbeseitigung mit Ablehnungsandrohung erforderlich, nach fruchtlosem Fristablauf keine Nachbesserung mehr, sondern nur noch Wandlung (Rückgängigmachung des Vertrages) oder Minderung (Herabsetzung der Vergütung), Fristsetzung u.U. schon vor Abnahme möglich, möglicherweise auch entbehrlich.
Schadensersatz wegen Nichterfüllung
(§ 635 BGB)
Erforderlich ist auch hier Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung und Fristablauf, daneben Verschulden des Auftragnehmers. Ein kleiner Schadensersatz (Auftraggeber behält das mangelhafte Werk und macht den durch Mangel bedingten Schaden geltend) bzw. ein großer Schadensersatz (Rückgabe des mangelhaften Werkes, keine Zahlung einer Vergütung, Schaden dann das volle Interesse an der Erfüllung des Vertrages) erfasst neben Mangelschäden auch unmittelbare Mängelfolgeschäden, entferntere Schäden nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung (pVV), Wertungsfrage, kurze Verjährung des § 638 BGB.
Verzug
Bei Verzug/verspäteter Herstellung des Werkes (§ 636 BGB) folgt Rücktritt, dann Rückgabe des Werkes; AG kann nach § 326 BGB Frist mit Ablehnungsandrohung setzen, danach Rücktritt oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Erfüllung entfällt.
Da die vertraglich vereinbarten oder gesetzlich festgelegten Vorgehensweisen unbedingt einzuhalten sind, sollten in Zweifelsfällen die Vertrags- oder Rechtsabteilungen eingeschaltet werden.
Ingebrauchnahme der Software kann Abnahme durch schlüssiges Verhalten bedeuten
Tatsächliches Handeln schafft Fakten! So ist der vorzeitige Gebrauch einer Software oder die Zahlung der vereinbarten Vergütung bereits schlüssiges Verhalten. Darüber hinaus enthalten die Vertragsklauselwerke auch Fiktionen einer Abnahme, so nach
–§ 13 Nr. 2 Abs. 3 VOL/B: wenn der AG die Leistung in Benutzung genommen hat, gilt die Abnahme mit Beginn der Benutzung als erfolgt;
–§§ 9, 11 BVB Erstellung/Überlassung: wenn der AG in Verzug mit der Abnahme gerät und auf eine entsprechende Fristsetzung des AN nicht reagiert und weder die Abnahme noch einen Rücktritt erklärt, gilt das Werk als abgenommen.
Mit ausdrücklich vertraglich festgelegten Abnahmeerklärungen wird dieses Risiko minimiert, jedoch kann schlüssiges Verhalten der Vertragsparteien auch eine vereinbarte Schriftform aufheben. Zu achten ist deshalb unbedingt auf eine klare, eindeutige und vollständige schriftliche Dokumentation der Vertragsabwicklung. Erst das Benutzen der Software über eine (vereinbarte) Testphase hinaus kann als Abnahme gewertet werden.
Verweigerung der Abnahme
Die Abnahme ist eine Hauptpflicht des AG. Das in der Hauptsache vertragsgemäß hergestellte Werk muss grundsätzlich alle erbrachten Leistungen einschließen. Fehler können noch vorhanden sein, die Frage nach deren Bedeutung ist zu stellen. Die Vertragsklauselwerke nennen Regelungen zur Abnahmeverweigerung, so ist nach § 13 Nr. 2 Abs. 1 Satz 3 VOL/B eine Abnahmeverweigerung bei einem nicht wesentlichen Mangel, wenn der Auftragnehmer eine Pflicht zur Nachbesserung anerkennt, ausgeschlossen.
Die Rechtsfolgen einer unberechtigten Verweigerung der Abnahme sind der Annahmeverzug des Auftraggebers, ein Verschulden ist hier nicht erforderlich. Folge ist ein Anspruch des AN auf Ersatz seiner Mehraufwendungen nach § 304 BGB, eine Vergütung erhält er noch nicht. Kommt der AG dann noch schuldhaft aufgrund einer Mahnung in einen Schuldnerverzug, besteht ein weitergehender Schadensersatzanspruch des AN nach § 286 BGB, der gesamte Verzögerungsschaden ist zu ersetzen.
Eine vertragliche Vereinbarung hilft, die Mängel zu spezifizieren, die noch eine Abnahme erlauben bzw. die eine solche ausschließen: Zum Beispiel über den obigen Fehlerkatalog mit verschiedenen Fehlerkategorien. Leitgedanke eines solches Kataloges kann sein, dass eine Abnahme bei Fehlern, die einer Nachbesserung zugänglich sind, stattfinden kann.
Zusammenfassung und Empfehlung
Folgende kurzgefasste Empfehlungen können abgeleitet werden:
·Bearbeitung und Planung entsprechend den vier Kategorien A bis D,
·Beachtung rechtlich nachteiliger Auswirkungen (Beweislastumkehr) auf AG,
·Leistungsverzeichnisse/Pflichtenhefte sind unabdingbar,
·Vereinbarung von Bewertungsschemata mit Fehlerklassifizierung,
·eindeutige Dokumentation des Abnahmestatus und
·nur vertragsschließende Abteilung gibt für den AG zur Vertragserfüllung relevante Erklärungen (einschließlich der Abnahmeerklärung) ab.
Literatur:
  • 1. Christoph Zahrnt, Vertragsrecht für Datenverarbeiter, 3. Auflage, Hüthig Verlag;
  • 2. Christoph Zahrnt, Vertragsgestaltung für DV-Anwender, 3. überarbeitete Auflage, Hüthig Verlag Heidelberg;
  • 3. Egbert-E. Reichel/Norbert H. Siegrist, EDV-Verträge richtig gestaltet, FIBO-Fachverlag, Baden-Baden;
  • 4. Braun/Jöckel/Schade, Computer-Kaufverträge, Erich Schmidt-Verlag, Berlin;
  • 5. BVB-Planung, BVB-Überlassung, BVB-Erstellung, BVB-Miete, BVB-Pflege, BVB-Wartung, BVB-Kauf, alle Bundesanzeiger, Köln.
Bedeutung der Abnahme
•Vor Abnahme Anspruch auf Neuherstellung des Werkes
•Stellt AN Werk nicht (Nichterfüllung) oder mangelhaft her,– AG-Forderung: Uneingeschränkte Erfüllung (Herstellung fehlerfreies Werk).
– Anspruch auf Neuherstellung des Werkes ist vorrangig; AN muss sich weder auf Nachbesserung noch auf Wandlung/Minderung/Schadensersatz beschränken lassen.
– Ausnahme: Wenn durch eine Nachbesserung der vertragsgemäße Zustand erreicht werden kann oder Neuherstellung unverhältnismäßig ist.
•Beweis durch AN: Werk ist mangelfrei.
•Mangels Abnahme Vergütungsanspruch nicht fällig, AG hat Einrede des nichterfüllten Vertrages
•AG = > Abnahmeverweigerung ja, aber keine Verweigerung der Abnahme des Werkes wegen unbedeutenden Mangels
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