Startseite » Allgemein »

Ermittlung der Treibhausgas-Bilanz

Aktives Risikomanagement in Sachen Nachhaltigkeit
Ermittlung der Treibhausgas-Bilanz

Die eigene Klimabilanz zu kennen, ist ein Schritt Energieeffizienzmaßnahmen optimiert zu planen. Eine Treibhausgasbilanz dient zur Messung der Klimaauswirkungen eines Unternehmens, um Reduktionsmaßnahmen sowie Kosteneinsparpotentiale zu realisieren. Ein Beispiel.

Kaiser + Kraft, ein europäischer B2B-Versandhändler für Betriebs-, Lager- und Büroausstattung, bietet seinen Kunden als Vollsortimenter ein Artikelspektrum von rund 30000 Produkten. Nachdem für die nationale Distribution bereits im Jahr 2011 eine Treibhausgas (THG)-Bilanz erstellt wurde, sollte nun zusätzlich zur zweiten Auflage ein Modell für die Erstellung länderspezifischer THG-Bilanzen der internationalen Gesellschaften entwickelt werden. Analog zur Vorgehensweise bei den nationalen Bilanzen sollte auch in den internationalen THG-Bilanzen die typische Wertschöpfungskette eines Distanzhändlers mit ihren für die Treibhausgasbilanz relevanten Aktivitäten berücksichtigt werden. Die klassischen vier wertschöpfenden Stufen Beschaffung, Direktmarketing, Vertrieb und Warehousing/Warendistribution werden über die Modellierung in jeder internationalen THG-Bilanz berücksichtigt. Daraus ließen sich als wesentliche Bereiche für die Treibhausgasbilanz drei verschiedene Prozessarten ableiten:

  • Administrative Prozesse
  • Marketingprozesse
  • Logistikprozesse
Im Bereich der administrativen Prozesse sind die Verwaltung und die durch sie verursachten Emissionen zu berücksichtigen. Da die zentrale Administration in Stuttgart Tätigkeiten für alle Landesgesellschaften übernimmt, tragen diese jeweils auch einen Teil der CO2-Emissionen (beispielsweise für den Stromverbrauch des Rechenzentrums), die für die Zentrale im Rahmen der Datenerhebung der nationalen THG-Bilanz erhoben wurden. Zudem befinden sich in den Ländern jeweils Vertriebsbüros, in denen Erhebungen durchgeführt wurden, um die mit dem lokalen Energieverbrauch verursachten CO2-Emissionen ebenfalls berücksichtigen zu können. Im Bereich der Verwaltung wurden der Stromverbrauch, der Heizenergieverbrauch, der Kraftstoffverbrauch von Dienstwagen im Vertrieb, das Pendeln der Mitarbeiter sowie die Dienstreisen der Vertriebsmitarbeiter per Eisenbahn und per Flugzeug in das Modell integriert.
Die Marketingprozesse sorgen für die Information sowie die Gewinnung von Kunden und Aufträgen. Hier wurden insbesondere die Produktion und die Distribution der Kataloge bzw. Werbemittel sowie der Energieverbrauch der Rechenzentren zum Betrieb der Server für die Internetanwendungen berücksichtigt. Die Allokation der Emissionen auf die jeweilige Landesgesellschaft erfolgt über den jeweiligen Anteil an der Gesamtproduktion der Kataloge.
Im Bereich der physischen Prozesse wurden die Bereiche Beschaffungslogistik für Lagerstandorte, Warehousing und Distributionslogistik differenziert. Die internationalen Gesellschaften beziehen sämtliche Lagerwaren der betrachteten Länder von der Kaiser + Kraft Europa GmbH, die die Warenempfänger über zwei Lagerstandorte von Deutschland aus beliefert. Die mit beschaffungs- und lagerlogistischen Aktivitäten zusammenhängenden THG-Emissionen können einer Landesgesellschaft mengenanteilig zugerechnet werden. Der Prozess dieser physischen Warendistribution erfolgt ausschließlich über Stückgutanbieter und Paketdienste und lässt sich in die drei folgenden Teilprozesse Shuttleverkehre, Hauptläufe und Nachläufe unterteilen.
Die Shuttle- bzw. Pendelverkehre werden für den Versand der Waren von den beiden Lagerstandorten an die Gatewaydepots in den jeweiligen Ländern eingesetzt. Ab Gatewaydepot findet im Ausland die Auslieferung der Waren über nationale Netze an die Kunden statt. Die Hauptläufe (Punkt-zu-Punkt-Verkehre) verbinden das Verteilungsdepot des Spediteurs im Ausland mit einem Partnerdepot, bei dem die Waren nochmal umgeschlagen werden und bei dem die Disposition der Nahverkehrstouren erfolgt. Im Hauptlauf werden zwischen diesen beiden Punkten durchschnittlich größere Entfernungen zurückgelegt. Aufgrund der hohen Sendungsbündelung werden hier ausschließlich schwere Nutzfahrzeuge eingesetzt, die entsprechend hoch ausgelastet werden können. Im Nachlauf (Flächenverkehre) erfolgt die Zustellung der Waren an die Empfänger.
Die Berechnung der THG-Emissionen der Warendistribution findet damit prozessorientiert statt. Im Bereich der Shuttleverkehre ließen sich mit den Parametern Fahrzeugauslastung, Entfernung und individueller CO2-Wert je Tonnenkilometer die THG-Emissionen eines durchschnittlichen Shuttleverkehrs ermitteln und für ein Jahr berechnen.
Bei der Ermittlung der transportbezogenen THG-Emissionen im Ausland wurde analog zur Vorgehensweise bei der nationalen THG-Bilanz zunächst die durchschnittliche Struktur einer Sendung pro Land erfasst. Über die anschließende Ermittlung des durchschnittlichen Auftrags (Anzahl der Sendungen bzw. Kundenbelieferungen pro Auftrag), der gesamten Anzahl an Aufträgen in einem Jahr und der CO2-Emissionen einer Durchschnittssendung können die gesamten transportbezogenen CO2-Emissionen im Berichtsjahr berechnet werden. Die Ermittlung der THG-Emissionen der Durchschnittssendung erfolgt damit in den beiden Teilprozessen Haupt- und Nachlauf.
Über die Auftrags- und Distributionsstruktur der jeweiligen Landesgesellschaft ließen sich CO2-Emissionen für einen durchschnittlichen landesspezifischen Auftrag berechnen. Schließlich wurden die THG-Emissionen pro Auftrag mit der Auftragszahl pro Berichtsperiode multipliziert, so dass sich daraus die gesamten THG-Emissionen der jeweiligen Landesgesellschaft ergeben.
Das Modell berücksichtigt als Ergebnis einer prozessorientierten Kalkulation das Aufkommen, die Auftragsgrößen, Entfernungsbereiche und landesspezifische Gegebenheiten wie die Topographie, die Auswirkungen auf den Dieselverbrauch hat. Damit enthält das Modell sendungsgrößenunabhängige, sendungsgrößenabhängige und entfernungsabhängige Kalkulationselemente gleichermaßen.
Zudem werden neben CO2 die weiteren, nach dem Kyoto-Protokoll relevanten, Treibhausgase (CO2-Äquivalente) berücksichtigt.
Dem selbst gestellten Anspruch einer möglichst umfassenden Treibhausgasbilanz kann Kaiser + Kraft damit in jeder Gesellschaft gerecht werden. Aus diesem Grunde wurden auch die für das Geschäftsmodell des Distanzhandels extraorganisatorischen, aber wesentlichen Emissionen vollständig berücksichtigt.
Aktuelles Heft
Titelbild Beschaffung aktuell 4
Ausgabe
4.2024
PRINT
ABO

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de