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„Flexibilität ist Trumpf“

Im Gespräch mit Uwe Schildheuer, Geschäftsführer Torwegge
„Flexibilität ist Trumpf“

Auch wenn man es dem Gerät nicht ansieht: Das Fahrerlose Transportsystem (FTS) Torsten von Torwegge hat in diesem Jahr die Intralogistik ein Stück näher Richtung Industrie 4.0 gebracht. Das FTS findet sich allein zurecht, weicht Hindernissen aus und kooperiert mit Artgenossen. Es befördert dabei Lasten von mehr als einer Tonne und bewegt sich mit maximal 9 km/h fort. Torwegge hat mit Torsten den IFOY Award in der Kategorie „Automated Guided Vehicle“ gewonnen. Wir haben mit Uwe Schildheuer, Geschäftsführer bei Torwegge, über den Mehrwert von Torsten gesprochen.

Beschaffung aktuell: Herr Schildheuer, wie konnte das Fahrerlose Transportsystem Torsten die Jury beim IFOY vor allem überzeugen?

Uwe Schildheuer: Wenn man unser Fahrzeug mit der Konkurrenz auf dem FTS-Markt vergleicht, ist ein überzeugendes Merkmal die Traglast. Zweitens wurde Torsten vor allem für seine verschiedenen Innovationen ausgezeichnet. Zum einen das Radkonzept, mit welchem wir auch ein Alleinstellungsmerkmal in diesem Bereich haben. Denn wir haben die Möglichkeit, mit diesem Radkonzept das Fahrzeug um neunzig Grad zu versetzen. Dieses Feature ist speziell in Montagesituationen ein großer Vorteil. Das Fahrzeug hat dadurch eine unnachahmliche Wendigkeit. Der andere Punkt ist der Einsatz von industriellen Standardkomponenten. Darauf haben wir bewusst gesetzt, da diese erprobt sind und es dem Anwender ermöglicht, diese selbst warten zu können. Dadurch haben wir auch eine entsprechende Robustheit erzielt. Ein weiterer Punkt ist unser innovatives Softwarekonzept. Es handelt sich dabei um ein Roboterbetriebssystem, welches das Fahrzeug durch Roboterbefehle steuert. Es orientiert sich selbst und zeichnet gleichzeitig eine Karte seiner Umgebung auf. Durch diese autonome Verhaltenssteuerung wird keine Mastereinheit benötigt, sondern die Fahrzeuge verständigen sich peer to peer untereinander. Somit können wir auf jegliche Veränderung im Betrieb sofort und flexibel reagieren.

Beschaffung aktuell: Wie kam es zur Entwicklung und wie lange dauerte diese?

Schildheuer: Wir hatten 2015 eine Kundenanforderung, wo wir einen elektrisch angetriebenen Deichselhubwagen gebaut haben. Der Kunde hatte uns erlaubt, das Fahrzeug weiter im Markt verkaufen zu können. Wir haben das Gerät dann im Herbst 2015 auf der Motek vorgestellt. Uns wurde dann schnell bewusst, dass die Deichsel in einer Montageumgebung stört. Auf der Logimat 2016 stellten wir das Gerät dann ohne Deichsel und per Smartphone steuerbar vor. In diesem Jahr kam dann der autonome Zwilling. Wir hatten also eine sehr schnelle Entwicklung mit agilen Teams und hoher Entscheidungskompetenz.

Beschaffung aktuell: Durch was grenzt sich das System vom Wettbewerb ab?

Schildheuer: Aus Kundensicht gesprochen auf jeden Fall durch die Tragkraft von bis zu 1,2 Tonnen. Das Fahrzeug kann bis zu sieben Tonnen bewegen. Des Weiteren ist Torsten außerordentlich robust. Diese Kombination hat viele Kunden überzeugt. In den Herausforderungen unserer Kunden ist es die Variabilität von Torsten, er kann nicht nur Transportaufgaben erledigen, sondern durch die Kinematik auch beispielsweise eine Plattform mit einem Roboterarm unterfahren. Meistens sind es Sechs-Achs-Befehle für die Plattform und wir geben aus der Navigation heraus Neun-Achs-Befehle an die Feldebene herunter. Das bedeutet, für das Fahren benötigt man nur drei Achsen. Man hat also noch sechs Achsen frei und kann den Roboter bedienen. So kann Torsten nicht nur als Transporteur, sondern auch als Manipulationsroboter dienen. Damit ist er nicht nur unglaublich flexibel, was die Fahrwege betrifft, sondern auch, was die Aufgaben anbelangt. Das ist einmalig im Markt.

Beschaffung aktuell: Ist ein Konzept wie Torsten für Sie der logische Schritt, um die Produktion und Logistik zu optimieren?

Schildheuer: Auf jeden Fall. Die immer steigende Flexibilität muss abgebildet werden durch entsprechende Arbeitszeiten und Personalstärkeanpassungen. Dabei werden die Belegschaften immer älter und sie müssen die gestiegene Arbeitsintensität bewältigen. In der Logistik nehmen Skeletterkrankungen immer mehr zu. Dort, wo man immer am wenigsten automatisiert hat, war der C-Bereich. Jetzt kann man mit einem Torsten zu relativ geringen Kosten ein flexibles Ware-zu-Mitarbeiter-System aufbauen. Wenn Sie früher einen B-Bereich automatisiert haben, wurden Shuttle-Systeme verwendet, die schnell im siebenstelligen Bereich lagen. Bei Torsten liegen wir im fünfstelligen Bereich und damit hat man eine leichte Möglichkeit, Effizienz zu berechnen, weil die Investition überschaubar ist. Für mich sind kollaborierende Mensch-Maschine-Systeme, in denen Mitarbeiter interaktiv mit innovativen Fahrerlosen Transporteinheiten zusammenarbeiten, das Mittel der Wahl.

Beschaffung aktuell: Verfügt Torsten über Schwarmintelligenz?

Schildheuer: Mit Torsten erfinden wir den betrieblichen Alltag neu. Wir gehen weg von der Planung hin zu einer Selbstorganisation der betrieblichen Einheit mit situativer Optimierung. Hierbei müssen es auch nicht gleiche Einheiten sein. Beispielsweise arbeitet ein Torsten mit einem Mitarbeiter zusammen, welcher mit einem Handheld kommissioniert oder einem Stapler, und arbeitet gemeinsam an der Erledigung verschiedenster Aufgaben. Diese Einheiten sind in ein cyberphysisches System integriert. Die Einheiten melden sich am System an und sagen, welche Aufgaben sie erledigen können und wo sie stehen. Dann sprechen die Einheiten untereinander und das Gerät mit dem höchsten Nutzwert bekommt dann den Auftrag zugeteilt.

Beschaffung aktuell: Wie sicher ist Torsten aus kollaborativer Sicht mit Werkern?

Schildheuer: Zunächst einmal gehen wir mit Torsten von einem kollaborativen Systemansatz aus. Damit muss er natürlich mit Werkern zusammenarbeiten können. Hierfür gibt es bestimmte Vorgaben. Dies wird durch verschiedene Safetyscanner gewährleistet. Bei den ersten FTS in den Achtziger-Jahren war es immer ein Highlight von Besuchern, sich vor die FTS-Systeme zu stellen und sich anfahren zu lassen. Die Fahrzeuge hatten einen Anfahrschutz und durch den mechanischen Impuls wurde das System angehalten. Das wird bei Torsten nicht passieren. Er erkennt die Situation vorher und weicht aus. Somit ist er viel effizienter, weil keine Ausfallzeit entsteht.

Beschaffung aktuell: Herr Schildheuer, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Alexander Gölz, Redakteur Beschaffung aktuell.


Mit Torsten erfinden wir den betrieblichen Alltag neu.“Uwe Schildheuer, Geschäftsführer Torwegge

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