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Führungsverhalten, Handlungs- und Sachkompetenzen

Serie: Schlüsselqualifikationen in Einkauf und Logistik, Teil 5
Führungsverhalten, Handlungs- und Sachkompetenzen

Führungsverhalten, Handlungs- und Sachkompetenzen
Jede Gemeinschaft braucht eine Ordnung sowie für ihre zielorientierte Ausrichtung und Koordination eine Führung. Ziel der Führung ist, die Mitarbeiter als Einheit zur besten ganzheitlichen Leistung im Sinne der vorgegebenen Ziele zu führen.

Günter Hirschsteiner, San Giorgio di Pesaro; E-Mail: hirschsteiner@libero.it

Schon immer verlangen die Menschen nicht nur herausragende Fähigkeiten von denen, die sie führen sollen, sondern auch ihre Akzeptanzfähigkeit. Wer führen will, soll die Zustimmung und das Vertrauen seiner Mitarbeiter besitzen. Eine grundsätzlich positive Einstellung wird gebraucht, um überzeugend führen zu können.
Erfolgreiche Führungsbeziehungen ergeben sich nicht aus ausgefeilten Managementtechniken, sondern primär aus persönlichen Tugenden, beispielsweise Offenheit. Sie wird so verstanden, dass man die Mitarbeiter am eigenen Denken, an den Emotionen, Entscheidungen und Erfolgen teilnehmen lässt. Das schafft ein Klima des Vertrauens und der gegenseitigen Anerkennung. Nicht offen ist, wer sich verschanzt, seine Gefühle versteckt und unnahbar erscheint.
Der Führende soll so sensibel eingestellt sein, dass er erkennt, was die Mitarbeiter bewegt, und angemessene Rücksicht auf ihre verständigen Einstellungen, Werte und Möglichkeiten nehmen kann.
Der andere könnte Recht haben. Seine Person ist anständig, ehrlich und gerecht zu behandeln. Zusagen, Termine und Vereinbarungen sind einzuhalten. Wenn das einmal nicht geht, muss die Abweichung wahrhaft und glaubhaft vermittelt werden. Nicht fair ist, wer die berechtigten Interessen des anderen ignoriert, verletzt oder eine Machtposition überraschend oder egoistisch ausnützt.
Nicht erst bei der formellen Mitarbeiterbeurteilung, sondern im täglichen Umgang wird von den Beteiligten registriert, wer bevorzugt oder abträglich behandelt wird. Gerecht ist, was allgemein verständig als gerecht empfunden wird; Gleichmacherei ist jedenfalls nicht gemeint.
„Das Verhalten der Führungskräfte entscheidet, ob das Betriebsklima durch Motivation oder Opposition bestimmt wird“, sagt Reinhard Mohn in seinem Buch „Menschlichkeit gewinnt“.
Führung lernt man am besten on the Job
Ob die Konstitution des Menschen, seine körperliche und mentale Verfassung, einen markanten Einfluss auf sein Führungsverhalten und den Führungserfolg hat, wird in der Praxis wohl angenommen, ist wissenschaftlich aber umstritten. Einerseits wird davon ausgegangen, dass man von den Charaktereigenschaften einer Person auf bestimmte Leistungsfähigkeiten schließen kann. Andererseits sollen sichere Aussagen über den Charakter eines Bewerbers durch unmittelbare Beobachtung nicht gemacht werden können.
Ohne Sicht auf die Persönlichkeitsmerkmale geht es auch nicht. Bei der Bewerberauswahl sollte die Zusammensetzung der zu führenden Gruppe und die Eigenart und die Komplexität der Aufgaben mit berücksichtigt werden. Unbestritten sind die Anforderungen an eine Führungspersönlichkeit.
Anforderungen und Führungseigenschaften
  • Bildung, Intelligenz, Aktivität, Initiative, Ausdauer, Optimismus, Selbstführung;
  • Fachwissen, Sachkenntnis, rhetorische Fähigkeiten, Extraversion, Motivation, Methodik, Planungskompetenz;
  • Entscheidungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Belastbarkeit, innere Sicherheit;
  • Umgänglichkeit, Zusammenarbeit, Kreativität, Anpassungsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, positive Autorität.
Menschenkenntnis und Charakter
Führung setzt Menschenkenntnis voraus. Das bedeutet Einsicht zu erhalten, warum jemand sich in einer besonderen Weise verhält. Die Fähigkeit zur Menschenkenntnis beginnt mit der Intuition, dem unmittelbaren, nicht logisch prüfenden Erfassen von komplexen Sachverhalten und komplizierten Vorgängen. Intuition wirkt subjektiv und kann vom Verstand nicht begründet werden. Menschenkenntnis kann man lernen durch:
  • stetige kritische Beobachtungen,
  • Einfühlung in und Mitempfinden für andere,
  • einen ordnenden Verstand, der die Beobachtungen, Erkenntnisse und Erfahrungen formiert,
  • selbstkritisches Bedenken des eigenen Verhaltens.
Verständige Kenntnis über andere Menschen zu erhalten, setzt kluge Einsicht in die Individualität ihrer Persönlichkeit, ihres Charakters, voraus. Nur wenn man den Partner mit seinen Gegebenheiten, Absichten und Zielen kennt, kann man ihn an seinem Standpunkt ansprechen (abholen!) und seine voraussichtlichen Reaktionen einigermaßen einschätzen.
Jegliche menschliche Ausdrucksform kann soweit interpretiert werden. Partielle Fähigkeiten dazu sind vielleicht angeboren und können weiterentwickelt werden. Dazu müssen Wechselwirkungen des menschlichen Verhaltens wahrgenommen und zutreffend verstanden werden. Dabei wird man
  • die Person und ihr Ausdrucksverhalten beobachten,
  • unwillkürlich ihre Gesamtwirkung erfassen,
  • einen gefühlsmäßigen Gesamteindruck erhalten und
  • mit dieser Erkenntnis und aus Erfahrung einen logisch-kausalen Zusammenhang bilden.
Zur praktischen Verwendung der Beobachtungen müssen für die Zuordnung der Charaktere Vergleichsmuster, Standards gebildet werden. Für das mentale Verarbeiten wird Intellekt, Erfahrung und emotionale Einsicht (Intuition) gebraucht. Das setzt voraus:
  • die Erkenntnis des eigenen Wesens, weil man von sich auf andere schließen muss,
  • die stetige Beobachtung von Merkmalen und Ausdrucksformen mit dem damit verbundenen aktiven oder passiven Verhalten,
  • die mentale Gliederung und Einordnung in den eigenen Erfahrungshorizont,
  • den stetigen Abgleich mit neuen Feststellungen und gegebenenfalls die Anpassung bzw. Modifizierung der bisherigen Erfahrungsinhalte.
Der rationale Vorgang soll von der emotionalen Einsicht, der Intuition, beeinflusst werden. Es wäre unklug, emotionale Eindrücke ganz zu unterdrücken. Aktionen und Reaktionen seiner Partner wird man selbstverständlich durchschauen, verstehen und daraus lernen wollen. Die situative Einschätzung, wie sich ein Partner voraussichtlich verhalten wird, kann man lernen: Äußerungen und ihre Bedeutung nach Erfahrung gedanklich prüfen, sorgfältig abwägen, gegebenenfalls korrigieren und eine einheitliche schlüssige Einsicht bilden.
Menschenkenntnis ist das Ergebnis stetiger Beobachtung sowie Übung und Arbeit an sich selbst. Nicht zu vernachlässigen sind die kulturellen Erfahrungen. Sie müssen stetig erweitert und bildungsgemäß verarbeitet werden. In der Praxis kommen die führungsspezifischen Aufgaben dazu:
  • Mitarbeiter auswählen und einsetzen,
  • Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zuweisen,
  • Kooperationen und Arbeitsbeziehungen gestalten,
  • auf Ziele und zur Leistung motivieren,
  • Standards und Normen definieren,
  • delegieren, beraten, Abläufe und Ergebnisse steuern,
  • Mitarbeiter unterstützen und fördern,
  • Schwierigkeiten beseitigen, Probleme lösen,
  • Leistungen beurteilen und bewerten,
  • kreative Leistungs- und Problemlösungsansätze bei den Mitarbeitern aktivieren und fördern.
Entscheiden muss der, der die Verantwortung trägt. Verantwortung tragen bedeutet aber auch, die Konsequenzen einer Entscheidung mitzuübernehmen. Führungskompetenz beschreibt die Qualifikationen, die dazu befähigen, die Anforderungen an die Führung von Mitarbeitern zu erfüllen. Das bezieht sich weniger auf ihre eigene sachliche Arbeit, sondern mehr auf die Gesamtergebnisse ihrer Verantwortungsbereiche.
Persönlicher Führungsstil
Es gibt keinen bestimmten Stil, der sicher zum Erfolg führt. Aber ein Manager ohne persönlichen Stil wird kaum Erfolg haben, weil sich niemand mit ihm identifizieren will. Erfolg kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden, auch mit unterschiedlichen Managementstilen. Ein wichtiger Aspekt ist die Berechenbarkeit des Verhaltens und des Handelns, die Vertrauen bildet, überzeugt und so erst Identifikation und Kooperationsbereitschaft bewirkt. Soweit muss man seinen persönlichen Stil und wie er auf andere wirkt, erst erkennen. Das gelingt gut, wenn man sich ungestört in einer entspannten Minute selbstkritisch damit beschäftigt. Prüfkriterien sind die Anforderungen, wie sie beschrieben wurden. Maßstab sind die Wirkungen auf andere.
Sach- und Fachkompetenz
Der Manager muss aus seinen Vorgaben Aufgaben und Ziele für die Mitarbeiter bzw. Arbeitsgruppen ableiten und Ergebnisse integrativ und kooperativ gestalten können. Er muss Ziele, Planungen, Prozesse und Leistungen koordinieren und Abweichungen korrigieren.
Leistungsspezifische Qualifikationen der Sachkompetenz:
  • Ziele setzen, Aufgaben planen und ausführen, Strategien entwickeln,
  • Vorgänge wahrnehmen und thematisieren,
  • Aufgaben, Mittel, Arbeiten und Prozesse organisieren und koordinieren,
  • Probleme erkennen, einschätzen und behandeln,
  • Risiken kontrollieren und Gefahren vorsorglich abwenden,
  • Mittel besorgen und Ergebnisse vermitteln,
  • Lösungen suchen und finden,
  • Position beziehen, entscheiden, beurteilen und bewerten,
  • Situationen und Probleme analysieren und behandeln, Krisen überwinden,
  • Informationen verschaffen, weitergeben und Feedback einfordern.
Fachliche Überlegenheit des Vorgesetzten war einmal die wichtigste Voraussetzung, einen Betrieb zu führen; das gilt auch heute noch für besondere Arbeitsgruppen. Meist muss er nicht alles besser, aber weiterhelfen können. Allerdings je mehr die strategischen und die Führungsaufgaben zunehmen, sind Leitungskompetenzen gefragt. Dazu gehört die fach- und funktionsübergreifende Kenntnis und Beherrschung:
  • der Produkte, Technologien und Prozesse der betrieblichen Leistungserstellung,
  • der betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Zusammenhänge und Wirkungen,
  • der Informationstechnologien und -inhalte,
  • ein marktrelevantes Verständnis der Ziele, Aufgaben und Risiken sowie der Position des Unternehmens im Wettbewerb,
  • die Einsicht in technische, soziologische und ökologische Gefahrenpotenziale und ihre Beherrschung.
Mit den fachlichen Qualifikationen verstehen wir die Fähigkeit, mit Sachen, Aufgaben und Vorgängen professionell umzugehen. Ein angemessenes Grundwissen und die geeigneten Basisfertigkeiten sind dazu notwendig und eine wichtige Voraussetzung für das weitere Lernen und Umsetzen.
Berufsspezifische Qualifikationen beziehen sich mit Ausbildung, Wissen, Neigung und Erfahrungen auf einen bestimmten Beruf. Berufsübergreifende Fachkompetenzen sind beispielsweise die kaufmännischen Fähigkeiten des Ingenieurs und das technische Verständnis des Betriebswirts. Dazu gehören auch Kenntnisse der Arbeitsorganisation, Datenverarbeitung und Fremdsprachen.
Handlungskompetenz
Handeln bedeutet zielgerichtetes Verhalten. Das heißt, nach eigener Erkenntnis, beabsichtigt und planmäßig in einer konkreten Situation und an ethischen Normen orientiert tätig sein, selbstbestimmt und verantwortlich, aber auch mit Einsicht in die Konsequenzen auf die Gegebenheiten einwirken. Mit dem Einsatz der geeigneten und verfügbaren Mittel und Methoden sollen in einer angemessenen Abfolge und in der vorgesehenen Zeit die vorgegebenen Ziele mit Erfolg erreicht werden.
Wer aus freier und eigener Entscheidung Ziele setzen und diese argumentativ und motivierend vertreten und umsetzen kann, ist handlungsfähig. Im betrieblichen Umgang wird das zweckmäßige und sinnvolle Handeln verlangt, also
  • Ideen haben und Ziele planen,
  • Abläufe entwerfen und entwickeln,
  • Aktivitäten vorbereiten,
  • Aktionen entscheiden, ausführen, steuern,
  • Ergebnisse erreichen und bewerten.
Von der Konzeption bis zur Ergebnisbewertung sind in den Realisierungsprozessen alle Festlegungen an den Realitäten zu prüfen:
  • Ist das Ziel richtig und erstrebenswert? Kann es erreicht werden?
  • Sind die erforderlichen Mittel verfügbar sowie angemessen und wirtschaftlich einzusetzen?
  • Welche Konsequenzen und Wirkungen sind zu erwarten?
  • Sind die Leistungsmotivationen geeignet und ausreichend angemessen?
  • Welche Zwischen- und Arbeitsergebnisse sollen erreicht werden?
  • Sind die Fortschritte planmäßig oder müssen Korrekturen gemacht werden?
  • Werden Erfolge realisiert?
Verhaltensregeln der Handlungskompetenz:
  • Auf Ziele einstellen und nach dem Erfolg streben,
  • eigenständig, umsichtig und vorausschauend denken und handeln,
  • Veränderungen und neue Situationen flexibel annehmen,
  • Arbeiten und Prozesse gedanklich verfolgen und steuern,
  • Schwierigkeiten besonnen behandeln und komplexe Herausforderungen strukturieren,
  • konsequent und situativ denken, aber auch handeln und Verantwortung übernehmen,
  • sich an die allgemeinen anerkannten Regeln der Zusammenarbeit halten und dies auch einfordern,
  • Prioritäten setzen, Richtiges und Falsches, Erfolg und Misserfolg unterscheiden,
  • kritisch aber konstruktiv zu den Mitarbeitern und Vorgängen eingestellt sein,
  • Problemen und Konflikten nicht ausweichen, sondern sich mit ihnen verträglich und zielorientiert auseinandersetzen.
Nur wer selbstsicher und gelassen agiert, kann auch eine konstruktive Belastbarkeit vermitteln. Dazu gehört, dass man sich zwar in einer bestimmten Rolle, aber auch als Teil des Ganzen versteht, sachlich und persönlich.
Methodenkompetenz
Fachwissen alleine reicht selten aus. Fachliche Qualifikationen brauchen Strategien, Taktiken und methodische Verfahren, um sie zielgerecht umzusetzen. Methodenkompetenzen sind Teilkompetenzen, die unabhängig vom Fachwissen sind, sich auf die Fähigkeit beziehen, Fachwissen zu erwerben, zu verwerten und allgemein mit Problemen umgehen zu können.
Mentale Faktoren der Methodenkompetenz:
  • analytisches Denken, systematische Annäherung an eine Aufgabe oder Herausforderung;
  • strukturelles Denken, Sachverhalte und Informationen gliedern, ordnen und neu fügen;
  • logisches Denken, folgerichtig und schlüssig überlegen;
  • kontextuell denken, Sach-, Situations- und Beziehungszusammenhänge verstehen und bedenken;
  • kreativ denken, unkritisches Denken und Assoziieren, um neue und originelle Ideen und Lösungen zu finden.
Allerdings sind auch die Methodenkompetenzen mit anderen aufgabenspezifischen Qualifikationen angemessen zu kombinieren. Stark rational und methodisch ausgerichtete Menschen unterschätzen oft das intuitive Denken und das pragmatische Handeln: Ein starker Intellekt kann das Führungsverhalten beeinträchtigen. Und: Zu viel Planungs-, Methoden- und Prozessdenken verhindert gelegentlich auch das rechtzeitige Entscheiden oder Handeln.
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