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Lineare oder degressive Abschreibung?

Wirtschaftsgüter
Lineare oder degressive Abschreibung?

Alle Jahre wieder stellt sich auch im Klein- und Mittelbetrieb die Frage, ob ein beschafftes bewegliches Wirtschaftsgut, etwa eine Anlage der elektronischen Datenverarbeitung oder ein Lieferwagen, linear oder degressiv abgeschrieben werden soll. Da die Abschreibung für Abnutzung bei derartigen Objekten eine Pflicht ist, muß der Unternehmer spätestens zum nächsten Bilanztermin die für ihn richtige Entscheidung fällen. Meistens steht jedoch schon zum Zeitpunkt des Kaufes fest, wie verfahren werden soll.

Gert F. Hartmann, Duisburg

Den rechtlichen Hintergrund für die Regelung bildet Paragraph 7 des Einkommensteuergesetzes. In seiner derzeit gültigen Fassung heißt es dort umständlich:
„Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen).
Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann der Steuerpflichtige statt der Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen die Absetzung für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen bemessen. Der Übergang von der Absetzung für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen zur Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen ist zulässig…“
Unterschiedliche Auswirkungen
Einfacher ausgedrückt, wird die Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen als lineare Abschreibung und die in fallenden Jahresbeträgen als degressive Abschreibung bezeichnet. Welche der beiden Methoden die günstigere ist, hängt zunächst von der unterschiedlichen Auswirkung auf den zu versteuernden Gewinn des Unternehmens ab. Dies kann ein Rechenbeispiel erläutern, in dem der Kauf eines beweglichen Wirtschaftsgutes zum Preis (= Anschaffungskosten) von 40.000 DM bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von fünf Jahren unterstellt ist.
Bei linearer Abschreibung errechnet sich der Jahresbetrag auf gleichmäßig 8.000 DM (40.000 DM geteilt durch 5 Jahre). Der Abschreibungssatz lautet mithin auf 20%.
Für die degressive Abschreibung sagt das Gesetz, daß mit einem unveränderlichen Hundertsatz vom jeweiligen Restwert zu rechnen ist, wobei dieser Prozentsatz höchstens das Dreifache der Absetzung in gleichen Jahresbeträgen betragen bzw. auf derzeit höchstens 30 vom Hundert lauten darf. Im vorliegenden Beispiel wird noch von 30% ausgegangen, nach dem zweiten Jahr aber die erlaubte Umstellung auf lineare Abschreibung vorgenommen (der Restwert nach dem zweiten Jahr verteilt sich dann gleichmäßig auf die noch übrigen drei Jahre).
Übrigens sollte bei degressiver Abschreibung stets zum optimalen Zeitpunkt auf die lineare Abschreibung übergegangen werden, da anderenfalls nach Ende der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ein Restwert übrig bleibt.
Die Vor- und Nachteile jedes Verfahrens sind deutlich. Bei degressiver Abschreibung liegen die Absetzungen in den ersten Jahren über denen nach linearer Abschreibung, später kehrt sich das Verhältnis um. So läßt sich bei dem Beispiel allein im ersten Jahr ein steuerlicher Vorteil dadurch bewirken, daß die Abschreibung von 8.000 auf 12.000 DM zu steigern ist. Das bedeutet, daß es bei degressiver Abschreibung zunächst einen positiven steuerlichen Effekt gibt, indem vorhandene Gewinne legal gedrückt werden können. Gleichzeitig entsteht ein zusätzlicher finanzieller Spielraum für baldige weitere Investitionen, da die Abschreibungen die Sparbüchse für neue Anschaffungen darstellen.
Gewinnperspektiven abschätzen
Andererseits macht die degressive Abschreibung dann wenig Sinn, wenn sich der Betrieb bereits bei linearer Abschreibung am Rande roter Zahlen bewegt. Unter dieser Voraussetzung mögen die gleichbleibenden Abschreibungssätze die bessere Alternative sein. Daher läßt sich keine generelle Aussage über den richtigen Weg zwischen linearer und degressiver Abschreibung treffen.
Beachtung muß ferner die Einschätzung der betrieblichen Gewinnentwicklung in den kommenden Jahren finden. Hat das Unternehmen derzeit hohe Erträge und ist für die Zukunft nicht mit ähnlich günstigen Bedingungen zu rechnen, sollte die aktuelle Spitze bei den Gewinnen durch die degressive Abschreibung steuersparend gemildert werden.
Herrscht dagegen zur Zeit eine schlechte Ertragslage, die dennoch zu einer Investition zwingt, und sind die Aussichten auf eine deutliche Steigerung der Gewinne gegeben, dann bietet sich die lineare Abschreibung als die bessere Alternative an. Mit dem degressiven Verfahren würde man nämlich zu einer Zeit relativ hohe Abschreibungen erzielen, wo sie gar nicht benötigt werden, während sie später fehlen. Denn es ist zu bedenken, daß innerhalb der Nutzungsdauer eines beweglichen Wirtschaftsgutes zwar von der degressiven zur linearen Abschreibung gewechselt werden darf, nicht aber von der linearen zur degressiven Abschreibung.
Wo die kurzfristige Steuerersparnis im Vordergrund steht, ist ferner zu bedenken, daß bewegliche Wirtschaftsgüter mit längerer betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer als den oben unterstellten fünf Jahren durch die degressive Abschreibung auch größere steuerliche Vorteile bieten. Der Eingangssatz von gegenwärtig 30% übersteigt die dann schmaleren linearen Abschreibungssätze noch deutlicher und ist in der Regel bis zu einer Nutzungsdauer von zehn Jahren anwendbar.
Vorboten einer Steuerreform
Gleichzeitig verschiebt sich bei längerlebigen Wirtschaftsgütern der optimale Zeitpunkt für den Umstieg von der degressiven auf die lineare Abschreibung nach hinten. Sollte die Umstellung bei fünfjähriger Nutzungsdauer wie im obigen Beispiel nach zwei Jahren erfolgen, so ist sie bei zehnjähriger Nutzungsdauer erst nach dem siebten Abschreibungsjahr angezeigt. Ein Wirtschaftsgut mit der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von beispielsweise 15 Jahren erfordert die Umstellung nach dem elften Abschreibungsjahr.
Die anstehende Reform der Einkommensbesteuerung wird weder die degressive Abschreibung noch die für die Unternehmen und ihre Investitionsplanungen bedeutsamen steuerlichen Wirkungen abschaffen. Mit der diskutierten Absenkung des Höchstsatzes der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter um fünf Prozentpunkte wäre zwar eine Kürzung der steuerlichen Effekte insbesondere für Anlagen mit fünfjähriger Nutzungsdauer verbunden. Von der betrieblichen Entscheidung über die bestmögliche Abschreibungsmethode enthebt sie aber in keinem Fall.
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