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Portfolio-Methoden und Kernkompetenzen

Teil 8: Chancen begreifen, Erfolge berechenbar machen
Portfolio-Methoden und Kernkompetenzen

Portfolio-Methoden und Kernkompetenzen
Wer richtig bei Verstande ist, der setzt seine Hoffnung auf Erreichbares. Wer unverständig ist, der hofft immer auf das Unmögliche.

Günter Hirschsteiner

Wenn der griechische Philosoph Demokrit damit die Manager gemeint hat, hätte er auch eine passende Technik dazu liefern können. Erst 1952 hat Markowitz seinen Portfolio-Ansatz entwickelt. Die Unternehmensberatungen Boston Consulting Group und Mc Kinsey haben ein Konzept des strategischen Managements daraus gemacht, das man dann auch gut verkaufen und damit Geld verdienen konnte.
Begriff und Prinzip
Die Portfolio-Analyse wurde ursprünglich als ein Planungsinstrument für die Zusammenstellung von Wertpapierpaketen (Portefeuille) entwickelt. Durch Bewertung bestimmter Kriterien, wie beispielsweise Kursentwicklungen sollten die Erwartungen, z.B. die bestmögliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals, besser einschätzbar gemacht werden.
Dieser Ansatz wurde später auch für Sachinvestitionen verwendet und weiter entwickelt für die Bestimmung von Chancen und Risiken von Produktmarketing-Programmen. Heute ist die Portfolio-Methode ein universales und weit verbreitetes Instrument der strategischen Unternehmensplanung.
Portfolio-Methoden können eingesetzt werden, wenn es darum geht
•für eine bestimmte Risikobereitschaft den Ertrag zu maximieren, oder
•für einen bestimmten Ertrag das Risiko des Einsatzes zu minimieren.
Andere Bezeichnungen dafür sind Portfolio-Selection-Theory, Portfolio-Analyse, Portfolio-Planung, Portfolio-Matrix, Portfolio-Management.
Konzept und Beschreibung
Als Grundlagen für ein marketingorientiertes Produkt-Portfolio werden verwendet
•Produkt-Lebenszyklus-Modelle,
•Erfahrungskurven-Konzepte,
•PIMS-Studien1,
•Potenzial-Analysen.
(Abb. 1) Das Ziel einer Produkt-Portfolio-Analyse beispielsweise ist, bei gleichwertiger Orientierung an den Unternehmenszielen, das Produktionsprogramm entsprechend zu optimieren.
Portfolio-Matrix. Die 4-teilige Portfolio-Matrix der Boston Consulting Group bezieht sich auf das Marktwachstum. Mc Kinsey und General Electric haben eine 9-teilige Matrix entwickelt, die die allgemeineren erfolgsbestimmenden Faktoren und deren Einfluss auf neue Strategien aufzeigt.
Um strategische Mankos zu erkennen und um die angemessene Strategieart festzustellen, kann ein Soll-Portfolio einem Ist-Portfolie gegenübergestellt werden.
Andere Modifizierungen und Ansätze sind:
•das Markt-Produkt-Lebenszyklus-Portfolio nach Arthur D. Little,
•ein Technologie-Portfolio, das davon ausgeht, dass die Technologie-Lebenszyklen sich von den Produkt-Lebenszyklen durch andersartige Verläufe unterscheiden.
Die Dimensionen Attraktivität und Stärke können auf Technologien und eigene Ressourcen bezogen und dann Normstrategien zugeordnet werden, z.B. als Ressourcen-Geschäftsfeld-Portfolio oder Uternehmensposition-Verletzbarkeits-Portfolio und andere.
Anwendungen imMaterialmanagement
Beschaffung und Materialmanagement entwickeln sich stetig von überwiegend operativen zu mehr strategisch orientierten Funktionen. Höhere Erfolgsabhängigkeiten erfordern ausführlichere und intelligentere systematische Planung, Steuerung und Kontrolle.
Mit der verbreiteten und weitergehenden Verringerung der Fertigungstiefe und damit der Beschränkung auf die eigenen Kernkompetenzen, werden bisher selbst beherrschte Arbeits- und Einflussfelder an externe Lieferer und Dienstleister vergeben – aber auch durch die Komplexität der neuen Produkte, Prozesse und der globaleren Märkte. Dazu müssen immer mehr komplizierte und riskante Auswahl-Probleme entschieden werden.
Erfolgsfelder. Strategische Planung richtet sich auf Erfolgsfelder und -potenziale. Für das Materialmanagement sind das
• Versorgungs- und Qualitätssicherung,
• Beschaffungsmarketing und Risikobeherrschung,
• Weiterentwicklung und Verbesserungen.
Ansatzkriterien für Portfolio-Projekte im Beschaffungs- und Materialmanagement sind alle strategischen Erfolgsobjekte. Sie sind einzugrenzen und zu systematisieren (Abb. 4).
Verfahren und Beispiele
Die Auswahl der strategischen Erfolgsobjekte erfolgt nach Risikoaspekten und Ergebnisbeeinflussungsmöglichkeiten. Die Festlegung der Prioritäten kann mit einer ABC-Analyse unterstützt werden.
Die Objekte, eine zu beschaffende A-Position oder eine A-Warengruppe werden, wie im folgenden Modell dargestellt, nach eigener Nachfragestärke und Angebotsattraktivität, hier in einem neu zu erschließenden geografischen Marktsegment, bewertet.
Die Daten und Einschätzungen kommen auch
• intern aus einer Stärken-/Schwächenanalyse,
• extern aus den Erkenntnissen der Beschaffungsmarktforschung.
Die dort verbal beschriebenen Kategorien können zur weiteren Differenzierung auch mit individuellen Punktbewertungsverfahren eingeschätzt werden:
0 – 2 Punkte =
niedrig/schwach oder =bis 30%;
3 – 5 Punkte =
mittel oder = 70%;
6 – 8 Punkte =
hoch/stark oder = 100%.
Dann können geeignete Standardstrategien in die Felder eingetragen werden.
Für Materialmanagement und Einkauf sind als Portfolio-Anwendungen u.a. geeignet
• Marktchancen-Portfolios,
• Marktrecherche-Portfolios,
• Make-or-Buy-Portfolios,
• Lieferantenauswahl-Portfolios
• Versorgungs-Portfolios.
(Abb. 5)
Ausgangspunkte für dieses Portfolio sind
• die ausgewählte strategische Ressourceneinheit (SRE), das ist die Attraktivität des Beschaffungsmarktes im Land X,
• strategische Geschäftseinheit (SGE), das ist die zu beschaffende Warengruppe Y,
• die relative Position im Nachfragewettbewerb, die Attraktivität des eigenen Bedarfs, die die eigene Attraktivität als Abnehmer selbstverständlich mit einschließt.
Das Portfoliomanagement muss regelmäßig mit anderen Techniken ergänzt werden, z.B. mit einer Potenzial- oder Wirkungsanalyse unterstützt werden.
Kernkompetenzen
Das sind Fähigkeiten und wertschöpfende Aktivitäten eines Unternehmens bzw. seiner Funktionen, die diese effektiver und effizienter ausführen als die Konkurrenz. Sie ergeben im günstigen Fall ein Portfolio der Kernkompetenzen und kommen aus einem Gemenge von Technologien und Fertigkeiten, die kaum direkt nachgeahmt und übernommen werden können.
Kernkompetenzen resultieren aus der Kombination und Koordination der Ressourcen Wissen, Technologie, Mittel und Können.
Konsequenz der strategischen Konzentration auf Kernprozesse ist das Outsourcing, die Vergabe von Produktteilen und Leistungen an Dritte, die diese besser und wirtschaftlicher herstellen und beherrschen. Erwartet wird dabei eine
• höhere Flexibilität,
• gesteigerte Produktivität,
• verbesserte Qualität.
Allerdings wird ein überwiegend kurzsichtiges oder vorwiegend an den Kosten orientiertes Outsourcing auch dazu führen, dass wichtige Kompetenzen unwiederbringlich vergeben werden. Die daraus entstehenden Abhängigkeiten können soweit führen, dass ein Unternehmen nur noch als Hersteller für andere oder als Vermarkter ohne eigene Produktion erscheint.
Vergebene Kernkompetenzen sind verlorene Erfolgspotenziale.
Daneben gibt es Aufgaben in den Unternehmen, die vielleicht mit strategischen Absichten abgegeben werden könnten, aber als operative Prozesse verbleiben müssen. Sie können mit Benchmarking- und Reengineering-Verfahren optimiert werden.
Vielleicht muss man dann nicht gleich Centers of Competence im Unternehmen einrichten, aber die folgenden Fragen sind sicherlich zu überdenken, wenn Outsourcing-Strategien zu diskutieren sind:
• Welche Kernkompetenzen haben wir gegenwärtig?
• Wie können sie genutzt und weiter entwickelt werden?
• Welche Kompetenzen können abgegeben werden?
• Werden neue Kernkompetenzen benötigt und sind zu entwickeln?
• Welche Kompetenzen haben vergleichbare Unternehmen oder Funktionen im Unternehmen?
Das gilt selbstverständlich und sinngemäß auch für das Materialmanagement.
1 PIMS-Studie (Profit Impact of Marketing Strategy) = empirische Untersuchung, mit dem Ziel, aus einer Zahl von Geschäftsfeldern die marktbezogenen Gesetzmäßigkeiten abzuleiten, die erfolgsbestimmend sind.
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