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Produktionssynchrone Versorgungs-Logistik

Sachsentrans Logistikzentrum in Glauchau
Produktionssynchrone Versorgungs-Logistik

Im Rahmen der betriebsübergreifenden Arbeitsteilung zwischen der Automobilindustrie und ihren Zulieferern sowie der optimierten Flächennutzung an den Montagelinien gewinnen Logistik-Dienstleister in „Rufweite“ der Automobilwerke als dritte Kraft zunehmende Bedeutung. So übernehmen sie seit einigen Jahren mehr und mehr die Just-in-Time-Versorgung der Montagebänder, Puffer- und Koordinierungsfunktionen sowie Montage- und Konfektionsaufgaben.

Die Sachsentrans Spedition und Logistik GmbH in Glauchau hat sich nach dem Neubeginn in Ostdeutschland nicht nur rasch einen Namen als Transportdienstleister gemacht. Mit einem geräumigen und nach modernsten Gesichtspunkten durchorganisierten Logistikzentrum in Glauchau ist das Unternehmen seit Produktionsneubeginn mit dem VW-Werk in Mosel bei Zwickau nicht nur arbeitsteilig, sondern auch informationstechnisch eng verzahnt.

Sachsentrans ist eine 100%ige Tochter der Unternehmensgruppe Schnellecke Internationale Automobillogistik mit Hauptsitz in Wolfsburg. Diese hat sich inzwischen zu einem Logistikdienstleister mit hoher Fachkompetenz an internationalen Automobil-Produktionsstandorten, u.a. in Spanien, Belgien, Mexiko, Südafrika sowie Brasilien entwickelt.
Organisationsstruktur
Das Sachsentrans Logistikzentrum umfaßt derzeit eine Lagerfläche von 25.000 m2 in drei modernen Hallen. Diese sind untergliedert in Lager- und Montagebereiche. Hier sind vier große Sektionen gebildet, entsprechend der Geschäftsbereiche. Da ist zuerst der Bereich KLT-Abwicklung: Kleinteileabwicklung komplett für VW mit Wareneingang, Kommissionierung, Lagerhaltung und Warenabruf der KLT je nach Bedarf für das VW-Werk Mosel.
Der zweite Bereich ist die Sequenzbildung; das bedeutet eine produktionssynchrone Kommissionierung von Teilepositionen, Beispiel Bodenbelag: Das Auto läuft an im ersten Takt, man bekommt die Information, welcher Bodenbelag anzuliefern ist. Nun folgt das Sammeln dieser Informationen für sieben Fahrzeuge, Ausdruck eines Sammelbelegs, Packen der Teile in einen Großbehälter in der Reihenfolge, in der sie am Montageband laufen und Anlieferung im VW-Werk.
Der dritte Bereich ist die GLT-Abwicklung: Großladungsträger z.B. auf Stahlpaletten. Hier übernimmt man Wareneingang, Wareneingangskontrolle, Lagerhaltung und Anlieferung nach Abruf ins Werk Mosel. Zur Zeit werden für die Montagelinie rund 900 GLTs pro Tag ausgeliefert, wobei rund 40 GLTs einer Lkw-Ladung von 13,6 m im Sattelauflieger entsprechen. Bei der GLT-Lagerhaltung unterscheidet man Langsamläufer, Mittelläufer und Schnelläufer, für die eine optimierte Lagerhaltung durchgeführt wird.
Für die Abrufe wird in Abstimmung mit dem Werk Mosel ein Stapler-Leitsystem verwendet, welches die Abrufe aus Mosel direkt auf die Stapler-Arbeitsplätze in Glauchau überträgt, so daß eine zügige Auslagerung gewährleistet ist.
Der vierte Bereich ist die Vormontage oder Systemkonfektionierung. Hier werden aus verschiedenen Teilepositionen des KLT- oder GLT-Bereichs Montagegruppen für die Bandfertigung hergestellt. Beispiel: Dämpferfilter, wo Luftdurchgangsmesser mit Schlauch und Halteplatten montiert werden, so daß sich die Teilevielfalt für das Montageband reduziert. Dadurch können komplette Baugruppen abgerufen werden.
Dazu Bernd Seidel, Projektleiter Sequenz und Montage bei Sachsentrans:
„In unserem Logistik-System werden rund 2.500 Positionen lagerhaltig geführt, dazu im GLT-Bereich sowie für die Sequenzen/Vormontage weitere 1.500 Positionen. Der Transport aus diesem Versorgungszentrum ins VW-Werk erfolgt mittels JiT-Lkw. Unsere Transportzeit nach Mosel beträgt 15-20 Minuten. Die Lkw-Beladung erfolgt komplett über Rollbandtechnik von der Rampe direkt in den Lkw, das heißt, der Vorstau steht in der Halle auf einem Rollband, der Lkw dockt an und wird im Drei-Minuten-Takt beladen; genau gesagt, der Wagen holt sich die Ladung komplett herein.
Dadurch sind die Lkw-Standzeiten an den Laderampen extrem kurz, was die Just-in-Time-Belieferung erheblich beschleunigt. Wir fahren zur Zeit mit vier Lkws im permanenten Kreislauf. Die Rundlaufzeit Glauchau-Mosel-Glauchau, einschließlich Andocken, Be- und Entladen, beträgt ca. 70 Minuten. Wir versorgen die Montagelinien in Mosel im Drei-Schicht-System und verfügen derzeit über eine Belegschaft von 360 Mitarbeitern, überwiegend Stammpersonal. Im Vorfeld des Anlaufs einer neuen Montagelinie entstehen auch bei uns zusätzliche Arbeitsplätze“.
Eine weitere wichtige Komponente des Unternehmens ist die eigenverantwortliche Disposition der gesamten Warenumfänge in Mosel. Das betrifft für die Bereiche GLT und KLT Bestellung und Zustellung, ferner zugelieferte Sequenzen einschließlich Anlieferung an den Verbauort und die durchgängige Anlieferung von JiT-Lieferanten, alles jeweils in bedarfsgerechter Reihenfolge, so daß es zu keinen Bandstörungen kommt.
Automatische Kleinteile-Lagerung
Kennzeichnend für die dynamische Entwicklung des Unternehmens ist der permanente Ausbau der Betriebseinrichtungen des Logistikzentrums nach dem modernsten technischen Standard. Jüngster Schritt war die Installation eines Automatischen Kleinteilelagers für rund 29.000 Stellplätze mit einer Länge von 61 m, Breite von 10,7 m und Höhe von 8,5 m aus dem Hause Mannesmann Dematic als Generalunternehmer.
Im neuen Automatischen Kleinteilelager AKL werden insgesamt fünf Kategorien von Standard-VW-Behältern Typ KLT gelagert, in die zuvor die angelieferten Lager- bzw. Kleinteile umgepackt werden. Aus dem AKL werden ganze Ladeeinheiten ausgelagert, vom Bediener in Transportgestelle sortiert und direkt zum Bedarfsort am Montageort weitergeleitet.
Das eigentliche Lager besteht aus 10 deckenhohen und 61 m langen Lagerzeilen mit fünf Gassen von Nedcon Lagertechnik aus Bocholt. Die Standardbehälter werden in Längsrichtung eingelagert. In den Gassen arbeiten fünf rechnergesteuerte automatische Regalbediengeräte vom Typ AKL 25, ausgelegt für 8,4 m Gerätehöhe und 60 m Fahrweg, ferner 240m/min Fahr- und 120m/min Hubgeschwindigkeit. Als Lastaufnahme fungiert pro Bediengerät ein Greifer, der sich automatisch auf die verschiedenen Behälterbreiten einstellt.
Die Anlagenelemente der Behältertransportanlage sind Bestandteil des Dematic-Baukastensystems „Leichte Stückgutförderer BK 10“ und sind hier konfiguriert für die Einlagerung in 1 m Höhe und Verteilung auf fünf Gassen sowie eine Auslagerebene in 3 m Höhe, Zusammenführung aus den Gassen, ferner Auslagerung und Verteilung auf zwei Zielbahnhöfe. Das Leistungsprofil der Anlage wurde aus der Kundenanforderung entwickelt: 3.500 Einheiten zur Ein- und Auslagerung in 24 Stunden oder 250 LE/h. Bei 100% Geräteleistung sind das 5 AKL à 70 Doppelspiele/Stunde = 350 Doppelspiele/h. Die Behältertransportanlage soll 280 Ein- und Auslagerungen pro Stunde schaffen.
Die Steuerung der Anlage umfaßt eine PC-Steuerung für die Regalbediengeräte, SPS-Steuerung für die Behältertransportanlage, Materialflußrechner mit zwei Terminals, Schnittstelle zum kundenseitigen Lagerverwaltungssystem (VW-System „LISS“), automatische Behältererkennung durch Laserscannen bei Einlagerung, manuelles Behälterscannen durch schnurlose IR-Scanner am Auslagerbahnhof sowie schließlich automatische Belegerstellung.
Realisierung
Dazu Dipl.-Ing. Torsten Schreiber, Vertriebszentrum Leipzig der Mannesmann Dematic AG:
„Dies ist eine vollautomatische Anlage zur Kleinteile-Lagerung, die ringsum mit Schutzgittern und an den beiden Längsseiten mit deckenhohen Schutzwänden verkleidet ist. Bei Öffnung einer der Gittertüren zu den Lagergassen wird ein Schutzkontakt ausgelöst, der den Betrieb in der Gasse unterbricht.
Die erste Anfrage für diese Anlage erfolgte im Dezember ´95; die gemeinsame Systemfindung, Systemfestlegung, Projektierung bis hin zum Aufbau der Anlage haben ein Jahr gedauert. Der Auftrag wurde im Dezember ´96 erteilt, die Inbetriebnahme erfolgte im Juni ´97 mit anschließender offizieller Übergabe zum Monatsende.
Mannesmann Dematic hat inzwischen den Auftrag über die Erweiterung dieser Anlage über zwei AKL-Geräte und die entsprechenden Regale erhalten. Der Kunde Sachsentrans wird eine Entscheidung dahingehend treffen, diese Erweiterung möglicherweise auf vier Einheiten auszudehnen“.
Dr. Ing. Jürgen Baier, Produktmanager Regalbediengeräte der Mannesmann Dematic AG in Wetter vervollständigt:
„Die Lagerordnung in dieser Anlage orientiert sich an den unterschiedlichen Behältergrößen; innerhalb der Größenkategorien besteht eine chaotische Lagerung, das heißt, das System sucht sich den jeweils freien Lagerplatz und dokumentiert dies. Das Investitionsvolumen für diese Anlage beträgt rund 2,4 Mio. DM.
Alle fünf Regalbediengeräte in dieser Anlage werden über eine PC-Steuerung geführt. Dabei handelt es sich um AKL-Geräte in Leichtbauweise, um die zu beschleunigenden Massen möglichst gering zu halten. So ist die RBG-Säule aus Aluminium gefertigt, wesentliche Teile des Greifers und des Antriebes sind ebenfalls entsprechend leicht ausgeführt, so daß die Beschleunigung von 3 m/s problemlos auf die Schiene gebracht werden kann.
Die Projektleitung zu dieser Anlage obliegt dem Vertriebsbüro der Systemtechnik in Leipzig, welches die Projektierung, Planung und Koordinierung der Auftragsabwicklung durchgeführt hat. Die Verantwortlichkeit für Regalbediengeräte und Regaltechnik liegt in der Zentrale in Wetter, für die Steuerungstechnik, Materialflußrechner und die Förderer BK 10 in Offenbach“.
Prozeßsicherheit
Thorsten Schreiber: „Zur Optimierung der Prozeßsicherheit oder Verfügbarkeit der Anlage gibt es verschiedene Maßnahmen, z.B. durch Systeme, die redundant verfügbar sind wie der Cold Stand by des Materialfluß-Rechners, ferner die Schulung des Sachsentrans-Personals in der eigenständigen Behebung kleinerer Störungen. Als dritte Maßnahme hat sich der Kunde entschieden, einen Rufbereitschafts-Vertrag abzuschließen.
Mannesmann Dematic-Mitarbeiter sind damit in einer vereinbarten Zeit auf Abruf hier vor Ort, und zwar wöchentlich von Montag 5.00 Uhr bis Samstag 14.00 Uhr. Alle notwendigen Ersatz- und Verschleißteile sind vor Ort verfügbar, so daß bei Ausfall einzelner Komponenten sofort ausgetauscht werden kann.
Für einzelne Komponenten der Steuerung wie Materialflußrechner oder Steuerrechner für die Regalbediengeräte gibt es einen Modem-Anschluß, so daß eine Ferndiagnose planmäßig im Herstellerwerk von Mannesmann Dematic durchgeführt werden kann. Dies erlaubt eine schnelle Lokalisierung möglicher Störungsstellen und die sofortige Disposition von Wartungs- und Ersatzteilebedarf“.
Schließlich Bernd Seidel zur Dienstleistungskompetenz von Sachsentrans in Glauchau: „Der arbeitsteilige Aspekt, warum wir die Logistik für VW hier in Glauchau durchführen ist, Flächen für Zuarbeit und Vorhaltung im Bereich der Montagelinien im Werk zu sparen, das heißt, die Teilevielfalt kommt nicht mehr an die Montagelinie, sondern wird schon in Glauchau disponiert und durch zwischengeschaltete Montageprozesse weitmöglichst zusammengefaßt. Aufgrund der bereits gewonnenen Logistikerfahrungen aus den Vorläuferfahrzeugen Golf, A 2 und A 3, haben wir für das neue Modell einen noch umfangreicheren Versorgungsanteil auf der Basis einer zuverlässigen Versorgung durch unser zukunftsweisendes Logistikkonzept übertragen bekommen“.
Für Dipl.-Ing. Gerd Diener, Logistik-Leiter der Sachsentrans Spedition und Logistik GmbH in Glauchau, ist das Unternehmen und sein Management mit der Standorterfahrung und den Anforderungen seiner Kunden, insbesondere durch die anspruchsvolle Zusammenarbeit mit VW gewachsen. Dabei hat man sich frühzeitig auf das Leistungsprofil eines Funktions-Systemdienstleisters eingestellt, dessen Verantwortung sich auf den ganzheitlichen Prozeß erstreckt, von der Übernahme und Plausibilitätsprüfung unterschiedlichster Zulieferungen über die prozeßsynchrone Vormontage ganzer Teilegruppen, zeitfenstergerechte Verteilung der Warenströme bis hin zur taktgenauen Anlieferung an die Montagelinie. Dabei sieht man sich durchaus als verlängerte Werkbank der Automobilfabrik.
Fax-Kontakt: Sachsentrans Glauchau 0 37 63/62 02 40
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