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Was Green Meeting Label wirklich taugen

Umweltfreundliches tagen – so geht das
Was Green Meeting Label wirklich taugen

Green Meetings ist ein Dauerthema in der Veranstaltungsbranche. Mittlerweile soll eine ganze Reihe von Labels anzeigen, wie „grün“ das Meeting ist. Was wirklich dahinter steckt und was die Label taugen, erläutert unser Autor Markus Große Ophoff.

Seit einigen Jahren gibt es immer mehr „klimaneutrale“ Veranstaltungen, auch wenn diese bezogen auf die Gesamtzahl aller Veranstaltungen immer noch einen kleinen Anteil ausmachen. Viele Experten schaudern, wenn sie den Begriff „klimaneutral“ hören, denn es wird suggeriert, dass man ohne Folgen für das Klima zum Beispiel fliegen oder produzieren könnte. Das geht natürlich nicht. Leider nehmen die Negativbeispiele der „Klimaneutralität“ zu: Der Gasheizpilz im Winter als „Heizung ohne schlechtes Gewissen“ oder das „klimaneutrale“ Tanken und die Weiterfahrt im umweltschädlichen Auto sind nur einige Beispiele dafür. Auch fällt auf, dass man bereits im Vorfeld ahnen kann, welche Veranstaltung zur „klimaneutralen“ Vorzeigeveranstaltung wird. Wirklich glaubhaft wird ein Akteur aber nur, wenn er konsequent umwelt- und klimafreundlich handelt, dies auch offen zeigt und nicht nur auf den Nachhaltigkeitsbericht verweist.

Ehrlicher wäre der Begriff „klimakompensiert“. Damit würde klarer, was wirklich passiert: Nämlich, dass an anderen Stellen Maßnahmen ergriffen werden, die dafür sorgen, dass die bei einer Veranstaltung erzeugte CO2-Menge wieder gebunden wird. Dieses wird teilweise auch als Ablasshandel bezeichnet. Hier verfährt man nach dem Motto: „Sorgen wir mal in der Dritten Welt dafür, dass wir hier so weiter prassen können wie bisher“. Klimakompensation kann trotzdem eine gute und sinnvolle Maßnahme sein. Ihre Glaubwürdigkeit kann aber nur erhalten werden, wenn am Anfang jeder Analyse eine konsequente und ernsthafte Reduktion der CO2-Emissionen vor Ort steht.
Green Globe. Das Umweltzeichen „Green Globe“ hat sich dank einer Kooperation mit dem Europäischen Verband der Veranstaltungszentren EVVC auch international schnell in der Veranstaltungs- und Hotelbranche etabliert. Rund ein Jahr nach dem Start in Deutschland sind bereit zahlreiche Veranstaltungszentren in Deutschland nach dem EVVC-Green-Globe zertifiziert. Der Green Globe stellt ein pragmatisches und gut anwendbares Umweltmanagementsystem dar, das sich an internationalen Umweltmanagementstandards orientiert und diese durch eine sinnvolle Kombination aus internetgestützter Selbstauskunft und einer Zertifizierung vor Ort einfach umsetzbar macht. Zudem führt diese Zertifizierung in einen Prozess der ständigen Verbesserung des Umwelthandelns. Ebenfalls positiv ist, dass alle Veranstaltungen in einem Veranstaltungszentrum von der Zertifizierung abgedeckt werden.
Als Wermutstropfen muss genannt werden, dass nach außen hin nicht transparent wird, wie ein Veranstaltungszentrum die relevanten Maßnahmen wirklich umsetzt. Wie sieht zum Beispiel der spezifische Energieverbrauch aus? Welche weiteren konkreten Maßnahmen werden getroffen? Zu diesen wichtigen Fragen gibt das erhaltene „Green-Globe-Zertifikat“ leider keine Auskunft. Die zertifizierten Häuser könnten aber freiwillig die Daten offenlegen und Green Globe könnte sie dabei unterstützen.
Die Voraussetzungen für eine Green-Globe-Zertifizierung sind ohne größere Anstrengungen für jeden zu erreichen. Wer sich auch nur halbwegs bemüht, wird die Auszeichnung, auch ohne einen Cent zu investieren, vorweisen können. Da (fast) jeder das Zertifikat erreichen kann, ist es natürlich nur eingeschränkt zur Differenzierung geeignet.
Trotzdem: Die EVVC-Green-Globe-Zertifizierung stellt ein klares Bekenntnis zum Umweltschutz dar und führt dazu, dass interne Prozesse im Hinblick auf ihre Umweltwirkung analysiert und fortwährend optimiert werden. Durch eine Veröffentlichung der Analyse könnte zu einer breiteren Transparenz beigetragen werden.
Das österreichische Umweltzeichen. geht ähnlich vor wie der Green Globe. Die Kriterien sind öffentlich und für alle zugänglich. Es bietet eine interessante Kombination aus einer Grundzertifizierung und einer Einzelbetrachtung jeder Veranstaltung. Der ganze Prozess ist so organisiert, dass es auch kleineren Häusern möglich wird, sich und seine Veranstaltungen zu zertifizieren. Das Zeichen wird aber auf Österreich beschränkt bleiben.
Green Note. Die Plattform „My Green Meetings“ bietet mit dem „Green-Note“-Zertifikat einen ähnlichen Ansatz. Es gibt eine Grundzertifizierung mit der in Folge auch einzelne Veranstaltungen zertifiziert werden können. Als Besonderheit gibt es bei Green Note eine Bewertung in Form eines Benchmark, der zeigen kann, wie gut man wirklich ist. Die Plattform My Green Meetings bietet zudem eine Beratung bei der konkreten Durchführung umweltfreundlicher Veranstaltungen. Dabei sind Anbieter verschiedener Bereiche gleich mit eingebunden. Da es in jedem Bereich derzeit im Netzwerk aber meist nur einen – in der Regel recht engagierten – Anbieter gibt, ist hier der Wettbewerb jedoch reduziert und die Eignung für öffentliche Ausschreibungen infrage gestellt.
DIN, ISO, BS 8901 Sustainable Event Management System. In Großbritannien hat British Standards BS eine Norm zum Thema Sustain-able Event Management System veröffentlicht. Aus Anlass der Olympiade in London und der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien werden nun entsprechende Normen bei der International Oraganization for Standardization ISO und dem deutschen DIN beraten. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass wohl insbesondere sehr große „Vorzeigeveranstaltungen“ zertifiziert werden. Nach dem aktuellen Diskussionsstand werden diese Normen kaum für kleinere Veranstaltungen einsetzbar sein. Das Vorgehen orientiert sich deutlich an klassischen Umweltmanagementsystemen. Als internationale Normen werden sie keine „harten“ Anforderungen in Form von Quoten oder Grenzwerten an die Zertifizierung stellen. Es geht vielmehr darum, ein Managementsystem aufzubauen, nach dem Ziele individuell definiert und die Umweltwirkungen von Veranstaltungen analysiert werden. Ein ständiger Verbesserungsprozess spielt dabei eine wichtige Rolle.
Problematisch ist, dass sich die BS 8901 auf Einzelveranstaltungen bezieht. Es ist fraglich, ob es bei der Übertragung in die Internationale Norm gelingt, diese auf Gruppen von Veranstaltungen oder ganze Veranstaltungshäuser zu erweitern. Für Veranstaltungshäuser bietet sich bisher und wohl auch auf absehbare Zeit eher die Zertifizierung nach Umweltmanagementsystemen wie ISO 14001 oder der EMAS-Verordnung an. Diese Instrumente sind etabliert und haben eine hohe Akzeptanz.
Leitfaden für die umweltgerechte Organisation von Veranstaltungen. Bereits seit mehreren Jahren haben Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium den Leitfaden für die umweltgerechte Organisation von Veranstaltungen veröffentlicht. In diesem Leitfaden findet man alles, was für die umweltgerechte Durchführung wichtig ist. Wer diesen Leitfaden ernst nimmt, der kann ohne jede Zertifizierung genauso viel für die Umwelt erreichen wie mit jedem der oben geschilderten Instrumente.
Regionale Netzwerke. An mehreren Stellen haben sich regionale Netzwerke zum Thema Green Meetings gebildet. Einer der Vorreiter war Berlin Green Meetings. Dort sind viele Anbieter verbunden, die jeweils zu acht Kriterien offenlegen, was sie machen. Die Schwelle zur Teilnahme liegt dabei aber sehr niedrig. Fast jeder Anbieter kann diese mit minimalem Aufwand erfüllen. Harte Fakten zur Umweltqualität werden kaum geliefert.
Das Netzwerk „Grün Tagen Osnabrück“ geht einen anderen Weg. Hier legen die Anbieter in einer Internetplattform konkret offen, was sie im Hinblick auf Green Meetings machen. Zudem wird veröffentlicht, was man sich für die nächste Zeit vorgenommen hat. Damit besteht eine hohe Transparenz für den Kunden.
Alles Klar? Bieten die geschilderten Ansätze nun die gewünschte Klarheit für Kunden, die umweltfreundlich tagen wollen? Leider bleiben derzeit noch viele Fragen offen. Durch die geschilderten Instrumente wird kaum klar und vergleichbar dargestellt, wie gut der Umweltstandard einer Veranstaltung oder eines Veranstaltungshauses nun wirklich ist. Ist der Energieverbrauch niedrig, mäßig oder hoch? Wie sieht es mit dem Ressourceneinsatz aus? Was wurde seit der letzten Veranstaltung verbessert? Für den Kunden wäre es hilfreich, wenn er schnell – beispielsweise über eine einheitlich gestaltete Internetseite – wichtige Kenngrößen eines Veranstaltungshauses abrufen könnte.
Verbesserungen in Richtung Green Meetings fangen auch im Kleinen an:
  • Warum ist noch viel zu selten der Weg vom Bahnhof bis zum Ziel erklärt?
  • Warum gibt es Schilder für Autofahrer, aber kaum für Fußgänger?
Bei vielen solcher Kleinigkeiten kann und muss die Glaubwürdigkeit eines Green-Meeting-Konzeptes belegt werden. Aber auch im Großen muss gehandelt werden: Warum sind in vielen Kommunen die Stadthallen aus den 60-er und 70-er Jahren noch in einem jämmerlichen energetischen Zustand? Sollte man nicht gerade diese Veranstaltungszentren, welche als Anlaufpunkt für viele Besucher aus Stadt und Land dienen, vorbildlich nach Klimagesichtspunkten gestalten?
Um mehr Transparenz in das Green-Meetings-Thema zu bringen, werden in den nächsten Jahren Hintergrundpapiere und Richtlinien erarbeitet, die den Akteuren helfen, Green Meetings optimal zu gestalten. In solchen Papieren könnten beispielsweise allgemeine Themen wie Anforderungen an eine gute Zertifizierung, aber auch Spezialthemen wie „energiesparende Beleuchtung“ oder „umweltfreundliches Catering“ behandelt werden. Durch solche formulierten Anforderungen kann eine Weiterentwicklung der Angebote vorangetrieben und eine bessere Vergleichbarkeit gefördert werden.

Links zu Green Meetings

Weitere Infomationen

www.beschaffung-aktuell.de/service bietet Ihnen weitere Quellen zum Thema Green Meetings
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