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Wasserstoff – Energieträger der Zukunft

Brennstoffzellen
Wasserstoff – Energieträger der Zukunft

Energetisch und ökologisch unbestritten steht der Wasserstoffeinsatz weltweit in den „Startlöchern“. Angemessene Rahmenbedingungen führen bereits im nächsten Jahrtausend zu einer drastischen Veränderung der gesamten Energiewirtschaft.

Evelyn Eisenhauer und Arno A. Evers, StarnbergFax 0 81 51/9 98 92 43

Die Verknappung fossiler Energiequellen wie Mineralöl und Erdgas erfordert Handlungsbedarf. Eine mögliche Lösung: Wasserstoff (H2). Was aber ist Wasserstoff bzw. wie kann Wasserstoff gewonnen werden? Wie ist es überhaupt möglich u. a. Fahrzeuge, Handys und Blockheizkraftwerke damit zu betreiben? Bereits seit einigen Jahren beschäftigen sich eine Vielzahl von Unternehmen und Instituten in ganz Europa mit dem Thema Wasserstoff bzw. mit Forschung, Entwicklung und Herstellung von Anwendungstechnologien, Brennstoffzellenelementen, Speichermaterialen.
Sonne, Wind und Wasser sind überall verfügbar und unerschöpflich – die idealen Komponenten um, aus erneuerbaren Energien Wasserstoff zu gewinnen, dessen Umwandlung in Energie in Brennstoffzellen erfolgt. Der Energieträger Wasserstoff kann sowohl in mobilen Einsatzbereichen (Fahrzeuge, Laptops, Handys etc.) als auch in stationären Anwendungsgebieten (Blockheizkraftwerke, Klimaanlagen etc.) die konventionelle Energieerzeugung ersetzen.
Gewonnen wird Wasserstoff auf vielfältige Weise. Die Elektrolyse ermöglicht, in einer endothermen Reaktion die Energie aus Sonne, Wind und Wasser in Form von Wasserstoff nutzbar zu machen. Hierbei wird durch Anlegen einer elektrischen Spannung Wasser (H20) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (0) zerlegt. Auf dem Gebiet der Entwicklung neuester Elektrolyseure arbeiten Norsk Hydro Electrolysers AS (Norwegen), Gesellschaft für Hochleistungselektrolyseure zur Wasserstofferzeugung mbH (GHW, Ottobrunn) und Hydrogen Systems N.V. (Belgien).
Wasserstoff kann zudem exotherm durch Biomassenvergasung sowie auf organisch-biologischem Wege gewonnen werden. Organische Reststoffe und dedizierter Anbau sind die hierbei verwendeten Materialien. Spezialisten der Firmen DMT-Gesellschaft für Forschung und Prüfung mbH (Essen), Euro-Innovation S.A. (Luxemburg), Bio-Energie GmbH (BEG, Herten) und das Zukunfts-Zentrum Herten kooperieren in diesem Bereich.
Erst einmal gewonnen, kann Wasserstoff für eine spätere netzferne Stromversorgung mit Hilfe verschiedener Technologien gespeichert werden. Beispielsweise für Flugzeuge und Busse in voluminösen Tanks zur Flüssigwasserstoff- (LH2) und Druckgaswasserstoffspeicherung. Während für diesen Einsatz das Volumen eine eher untergeordnete Rolle spielt, stehen geringe Größe und niedriges Gewicht bei Handys und Laptops im Vordergrund. Die hierfür erforderliche komprimierte Speicherung von Wasserstoff erfolgt in wasserstoffabsorbierenden Werkstoffen wie Metallhydrid, Methanol und Grafitnanofasern. GfE Metalle und Materialien GmbH (Nürnberg) und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW, Ulm) stellen entsprechende Hydridspeicher für den portablen Anwendungsbereich her.
Im Mittelpunkt einer sich verändernden stationären sowie mobilen Energietechnik und -wirtschaft steht die Brennstoffzelle. Brennstoffzellen bestehen aus zwei durch eine Membran voneinander getrennte Kammern. Eine Kammer beinhaltet Wasserstoff und eine Anode für den Entzug von Elektronen. In der anderen befindet sich Sauerstoff und eine Kathode, welche die Sauerstoffatome negativ auflädt. Ein Elektrolyt, der nur für Wasserstoffprotonen durchlässig ist, bildet die Zwischenwand. Durch die Zusammenführung positiv geladener Wasserstoffprotonen und negativ geladener Sauerstoffionen entsteht in einer kontrollierten Knallgasreaktion Energie. Wasserstoff verbrennt bei der Energierückgewinnung in Strom oder Wärme, wird somit lediglich zu Wasser bzw. Wasserdampf. Der Vorteil: Wasserstoff ist sauber!
An ein Brennstoffzellenelement kann jedoch nur ein Volt Spannung angelegt werden. Daher müssen viele Elemente zu einem „Stack“ gestapelt werden. Der nur für Ionen durchlässige Elektrolyt ist Kernstück aller Brennstoffzellen. Elektrolytenart und die daraus resultierende Betriebstemperatur klassifizieren die Brennstoffzellen. Mit der Entwicklung und Herstellung von Brennstoffzellen-Komponenten befassen sich das Forschungszentrum Jülich GmbH (Jülich), Proton Motor Fuel Cell GmbH (Starnberg), Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR, Stuttgart) sowie SGL Technik GmbH (Meitingen).
Brennstoffzellen-Fahrzeuge
Realität und Vision! Mit dem Wasserstoff-Stadtbus in einem Demonstrationsvorhaben der Europäischen Kommission und des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen im Rahmen des Euro-Québec Hydro Hydrogen Pilot Project sicherlich Realität. Im Zeitraum von Mai 1996 bis August 1998 war der Wasserstoffbus zunächst in Erlangen und später in München und Umgebung im Einsatz. Am Projekt beteiligten sich gemeinsam MAN Nutzfahrzeuge AG (München), Linde AG (Höllriegelskreuth), Stadtwerke Erlangen, Stadtwerke München und Autobus Oberbayern. Wie eine kürzlich von L-B-Systemtechnik (Ottobrunn) veröffentlichte Studie zum Thema „Einsatz von Wasserstoff als Kraftstoff“ belegt, befürworten die Wasserstoffbus-Fahrgäste den Wasserstoffeinsatz und sprechen sich deutlich für den Ausbau der Wasserstoff-Nutzung aus. „Die Vorteile von Wasserstoff sind mit der eigenen Nase feststellbar. Das honorieren nicht nur Busfahrgäste,“ so die Analyse von Matthias Altmann von der L-B-Systemtechnik, Initiator und Koordinator der Akzeptanz-untersuchung, über das positive Ergebnis und die breite Zustimmung zur Weiterentwicklung von Wasserstoffbussen.
Engagement für umweltfreundlichen Fahrzeugantrieb ist auch auf dem Flughafen München „hautnah“ zu erleben. Zwei Niederflurgelenkbusse mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor von MAN sind in dem bereits begonnenen Probebetrieb bis zum Jahr 2000 im Einsatz. In einem weiteren Projekt kommt im Herbst 1999 der Niederflurgelenkbus mit Brennstoffzellenantrieb in die Testphase. Der Linieneinsatz ist bei einem Betreiber schon ab dem Jahr 2000 geplant.
Der „Traum vom eigenen Wasserstoff-Auto“ wird voraussichtlich schon im Jahr 2004 Wirklichkeit. Das emissionsarme Auto „Necar 4“ geht in Serie. Der Brennstoffzellen-Prototyp auf Basis der Mercedes A-Klasse wurde im März diesen Jahres von Daimler-Chrysler-Konzernchef Jürgen Schrempp und Robert Eaton in Washington vorgestellt. Anschaffungskosten sind aufgrund ihrer Abhängigkeit von der produzierten Stückzahl derzeit noch nicht konkret zu beziffern.
Bleibt lediglich die Frage nach dem Betankungssystem zu klären. Die weltweit erste vollautomatische H2-Tankstelle für wasserstoffbetriebene Flughafen-Fahrzeuge ist bereits im Frühjahr 1999 in Betrieb gegangen. Herausragend ist hierbei die Abtank-Robotik: Der gesamte Tankvorgang erfolgt automatisch über eine Chipkarte ohne Zutun des Fahrers. Die Planet-Planungsgruppe Energie und Technik (Oldenburg), Partner der Euhyfis-Arbeitsgemeinschaft Wasserstofftankstelle, plant bereits im Jahr 2000 die Realisierung einer funktionsbereiten Wasserstofftankstelle für den Null-Emissions-Fahrzeugverkehr. Die Anlage ist für Standorte mit gutem Angebot an regenerativen Energiequellen und einer hohen Nachfrage nach Treibstoff, insbesondere für den öffentlichen Personennahverkehr, konzipiert. Als Einsatzorte bieten sich demnach besonders Inselgebiete, Innenstadtbereiche oder Kurorte an.
Brennstoffzellen für IT
Auch die IT-Branche bietet ein großes Anwendungsgebiet. An Mikrobrennstoffzellen für Handys und andere elektronische Geräte wird weltweit gearbeitet. In den USA hat Energy Related Devices, Inc. das Arbeitsprinzip einer methanolbetriebenen Brennstoffzelle entwickelt, bis Ende 1998 plante man, einen funktionsfähigen Prototypen vorzulegen und 1999 mit der kommerziellen Produktion zu beginnen. Unterstützt wird das Projekt von Manhattan Scientifics, Inc.
Laut Manhattan Scientifics soll diese Mikrobrennstoffzelle den 40 bis 50fachen Energieinhalt konventioneller Batterien speichern können.
Die israelische Firma Medis EL Ltd. will über ein Tocherunternehmen sehr kleine Brennstoffzellen auf den Markt bringen, die ein Funktelefon für mindestens 400 Stunden mit Energie versorgen können. Auch der Einsatz in Piepsern und tragbaren Computern ist geplant.
Die netzferne Stromversorgung bei hoher Effizienz steht auch beim Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE, Freiburg) im Mittelpunkt. Die Brennstoffzelle könnte die bisher zu kurze Akku-Lebensdauer beispielsweise bei Notebooks deutlich verlängern. Wasserstoffpatronen in Form von Metallhydridspeichern können entweder ausgetauscht werden oder, unter Zuführung von Energie, neuen Wasserstoff erzeugen. Neben der hohen Lebensdauer zeichnet sich die neue Technologie dadurch aus, daß sich der Wasserstoffspeicher nicht selbst entlädt. Sogar nach einem Jahr Lagerung ist der Speicher jederzeit einsatzbereit. Bei entsprechender Weiterentwicklung könnten Geräte mit Brennstoffzellenversorgung bereits in zwei bis drei Jahren auf dem Markt sein.
Verbreitung im Sinne von Ver„netz“ung von Energiesystemen ist ein Schwerpunkt der Hamburgische Electricitäts-Werke AG (HEW) Aktivitäten. Daneben beteiligen sich die HEW an der Forschung und Entwicklung zentraler Technologien wie der Nano-Solarzelle und dem Wasserstoff-Hochleistungselektrolyseur (derzeit in der Markteinführung). Ziel ist es, Schlüsselkomponenten innovativer Energiesysteme zu geringeren Kosten herzustellen.
Aufgabe der Koordinationsstelle Wasserstoff-Initiative Bayern (wiba, München) ist die energie- und volkswirtschaftlich effiziente Verwendung der Bayerischen Wasserstoff-Fördermittel. Neben der wiba setzt sich auch der Deutsche Wasserstoff-Verband e.V. (DWV, Berlin) mit konkreten Demonstrationsprojekten und marktfähi-gen Anwendungen für die Einführung einer umweltverträglichen Energiewirtschaft ein.
Aktuellste Informationsquelle: http://www.HyWeb.de. Die L-B-Systemtechnik stellt Anschauungsmaterial rund um Wasserstoff-Technologien und Brennstoffzellen abrufbereit ins Internet.
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