Startseite » Automatisierung »

Verbindungslösungen: Downsizing liegt im Trend

Verbindungslösungen
Downsizing liegt im Trend

Mit Industrie 4.0 wächst die Datenkommunikation rasant. In Betrieben kommen deshalb immer häufiger Ethernet-Verbindungslösungen zum Zuge, die jedoch andere Anforderungen erfüllen müssen als im Büro. Tempo ist dabei nicht alles: Verstärkt werden auch einfache und kostengünstige Leitungen nachgefragt wie auch Hybridleitungen.

Die Verbindungslösung Ethernet ist seit den 1990er-Jahren die unumstrittene Nummer eins in lokalen Datennetzen (LAN: Local Area Network). Mit Übertragungsraten von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde rauschen die Daten heute durch die Leitungen. Neue Standards erreichen unter bestimmten Bedingungen bis 400 Gbit/s. Über die Einhaltung der Standards für Ethernet wacht das Institute of Electrical and Electronics Engineers, kurz IEEE. Das gelingt sehr erfolgreich bei Anwendungen im Büroumfeld, etwa wenn PCs miteinander verbunden werden sollen. Wer ein LAN-Kabel in seinen Rechner steckt, kann in der Regel sicher sein, dass dieser mit einem anderen Rechner oder einem Internetrouter einwandfrei kommuniziert.

Dass die Zukunft auch in Fabriken Ethernet gehört, legen die Marktdaten nahe. Industrial Ethernet wächst derzeit mit 22 Prozent pro Jahr. Feldbus-Systeme, die von Anbietern von Automatisierungstechnik favorisiert werden, legen nur noch mit 6 Prozent zu. 2018 wird die Zahl der Installationen von Ethernet in Fabriken die von Feldbussen erstmals überholen. Die Ursache liegt in der zunehmenden Vernetzung und Digitalisierung in Zeiten von Industrie 4.0, die eine Auflösung der Automatisierungspyramide zur Folge hat.

Darunter versteht man die Ebenen in der Fabrikkommunikation, mit der Feldebene als unterster Ebene. Darüber liegen die Steuerungsebene, die Prozessleitebene, die Betriebsleitebene und zuoberst die Unternehmensebene mit ihren ERP-Systemen. Bisher hatten diese Ebenen unterschiedliche Funktionen, daher arbeiteten dort auch unterschiedliche Programme, Sensordaten mussten sich von einer Ebene zur nächsten nach oben hangeln, umgekehrt sickerten Planungsdaten ebenenweise nach unten. Das macht die Fabriksteuerung kompliziert und wenig agil, auf eine flexible Produktion mit Losgröße eins ist die klassische Automatisierungswelt nicht ausgelegt.

Flache Hierarchien in der industriellen Kommunikation

Mit der Auflösung der Automatisierungspyramide verschwinden diese Ebenen, die Kommunikation erfolgt in flachen Hierarchien. Jeder redet mit jedem – ERP-Systeme können zum Beispiel direkt auf Sensoren an der Maschine zugreifen und so erfahren, ob es zu einer Störung kommen könnte, die die Lieferfähigkeit beeinflusst. Das geht allerdings nur, wenn auch die Verbindungstechnik das Schubladendenken überwindet. Kein Wunder also, dass das im Büroumfeld etablierte Ethernet auch in der Produktion und Logistik Einzug hält, natürlich mit entsprechend robusteren Komponenten. Solche Komponenten hat Lapp in seinem Portfolio. Traditionell dominierten dort Produkte für Feldbus-Systeme, mittlerweile finden Kunden dort alles, was sie zur Vernetzung mit Industrial Ethernet benötigen – von Kabeln über Stecker bis hin zu einbaufertig konfektionierten Leitungen aus dem Ölflex-Connect-Programm.

Zu den Highlights gehören etwa die Etherline PN Cat.6A FC mit 10 Gbit/s bei 500 MHz Bandbreite. Sie ist fast-connect-fähig dank fehlender Paarschirmung, Innenmantel und Trennkreuz, was eine schnelle und sichere Konfektion ermöglicht. Zudem ist die Leitung für den nordamerikanischen Markt zertifiziert. Dazu passt unter anderem das Epic MH- Gigabit-Datenmodul, ein Rechteckstecker, der durch seinen modularen Aufbau die Übertragung von Daten und Energie ermöglicht. Oder die robusten Etherline Access Switches zur Datenverteilung im rauen Industrieeinsatz. „Unsere Produkte sind herstellerneutral und immer auf die Anwendung zugeschnitten. Das heißt, sie können für alle gängigen Kommunikationssysteme eingesetzt werden“, betont Guido Ege, Leiter Produktmanagement und -entwicklung bei Lapp.

Viele Kabel, ein Mantel

Lapp beobachtet den Markt für Industrial Ethernet seit vielen Jahren und hat zwei Trends ausgemacht, die künftig größere Bedeutung am Markt bekommen werden. Ein Trend sind Hybridleitungen, sogenannte Ein-Kabel-Lösungen. Dabei handelt es sich um Leitungen, die Kabel unterschiedlicher Funktionen in einem Mantel vereinen, in der Regel sind dies Anschlussleitungen für Servoantriebe mit integrierten Feedbackleitungen zur Abfrage der Sensoren. Solche Hybridleitungen bietet Lapp zum Beispiel für das Hiperface-DSL-Motor-Feedback-System von Sick oder für Acuro Link von Hengstler an.

Ein zweiter Trend ist das sogenannte Downsizing. Waren beim bisherigen Ethernet zwei oder vier Adernpaare notwendig, kann durch Single Pair Ethernet über ein Adernpaar bis zu
1 Gbit/s übertragen werden. Der Anwender profitiert besonders von reduziertem Installationsaufwand und erzielt Platz- und Kostenvorteile. Die dazu notwendige Hardwareentwicklung auf der Chip-Seite ist in der Automobilindustrie vorangeschritten und kann adaptiert werden. Kosten, Robustheit und die durch die geringeren Datenraten größeren möglichen Längen sprechen dafür, dass Single Pair Ethernet auch in den Anwendungen der Industrie an Bedeutung gewinnen wird.

Auch sonst setzt sich bei den Anwendern die Erkenntnis durch, dass nicht jeder Sensor mit einer 10 Gbit/s fähigen Leitung angeschlossen werden muss. Eine Ethernet-Leitung mit Single Pair schafft zwar nur 1 Gbit/s, aber das reicht für viele Anwendungen auf der Feldebene aus. Die allermeisten Sensoren liefern geringe Informationsmengen, manche melden nur hin und wieder ein An/Aus-Signal.

Laut der Unternehmensberatung Roland Berger steigt die Nachfrage nach Sensoren bis 2020 um 17 Prozent pro Jahr, gleichzeitig sinken die Preise jährlich um 8 Prozent. Das wird die Nachfrage nach kostengünstigen Verbindungslösungen befördern. Allerdings sind Leitungen für Single Pair Ethernet noch nicht verfügbar, zumindest nicht für den Einsatz in der Industrie. Die Autoindustrie setzt ähnliche Leitungen bereits in Fahrzeugen ein, für industrielle Anwendungen fehlen aber noch Standards. Um die kümmern sich neu gegründete Arbeitsgruppen. „Erste Serienprodukte für Single Pair Ethernet wird es in zwei bis drei Jahren geben, auch von Lapp“, sagt Guido Ege.

Beim Wachstum rangiert Ethernet bei Verbindungslösungen für die Industrie nur auf Rang zwei. Mit einem Zuwachs von 32 Prozent auf dem ersten Platz liegen Funktechnologien, allerdings bei einem geringen Marktanteil von 6 Prozent. WLAN, Bluetooth oder Mobilfunk haben dort Vorteile, wo es auf Flexibilität und Beweglichkeit ankommt wie beim Anschluss von Sensoren in großen Anlagen, etwa in der Chemieindustrie oder bei mobilen Anwendungen.

In Sachen Reichweite, robuster Datenverbindung, Energieeffizienz und insbesondere bei der Verzögerung der Informationsübertragung können Funktechniken den leitungsgebundenen nicht das Wasser reichen. Kabel sind auch weniger anfällig für mutwillige Störungen oder Angriffe von Hackern. Das wird sich auch mit neuen Standards wie 5G nicht ändern. Guido Ege: „Wireless hat seine Berechtigung, ist aber keine Bedrohung für leitungsgebundene Systeme, sondern eine Ergänzung bei speziellen Anforderungen.“


Ethernet

Start im Silicon Valley

Das Palo Alto Research Center von Xerox gilt als Geburtsort vieler bahnbrechender Computertechnologien. Im Xerox Parc wurde die erste grafische Benutzeroberfläche mit Mausbedienung und der Laserdrucker entwickelt. Zu den Pionieren der ersten Stunde gehörte auch Robert Metcalfe. Als Doktorand am Parc erhielt er den Auftrag, die Firmenrechner zu vernetzen. Der Elektroingenieur entwickelte ab 1973 eine Netzwerktechnik, die Daten über den „Äther“ schickt – was nicht ganz korrekt war, denn es handelte sich um eine leitungs- gebundene Technik, allerdings abgeleitet von einer Funktechnik. Trotzdem setzte sich der Name „Äther-Netz“ – englisch: Ethernet – durch und wurde zu einer der größten Erfolgsstorys der Computergeschichte. Seit den 1990er-Jahren ist Ethernet die unumstrittene Nummer eins in lokalen Datennetzen .


Bernd Müller,

Freier Journalist in Bonn

Aktuelles Heft
Titelbild Beschaffung aktuell 4
Ausgabe
4.2024
PRINT
ABO

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de