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China auf dem Weg zur Hightech-Weltherrschaft?

Buchrezension
China auf dem Weg zur Hightech-Weltherrschaft?

China auf dem Weg zur Hightech-Weltherrschaft?
Stephan Scheuer: Der Masterplan. Chinas Weg zur Hightech-Weltherrschaft, Verlag Herder, Freiburg i. Breisgau 2018, 224 Seiten, 22 Euro
Das Thema China als Herausforderer für den Westen ist zurzeit so in wie kaum ein anderes. Dabei sind es vor allem Journalisten mit China-Erfahrungen, die ihre Beobachtungen und Bewertungen präsentieren. Das gilt auch für dieses Buch, das faktenbasiert und flott geschrieben den Weg Chinas an die Weltspitze herausarbeitet und bewertet. Das Urteil des früheren China-Handelsblattkorrespondenten Stephan Scheuer fällt klar aus: Die Weltmacht ist sowohl eine Chance als auch eine Gefahr für den darauf schlecht vorbereiteten Westen und nicht zuletzt für Deutschland.

Kein Geringerer als Napoléon Bonaparte verwies schon vor gut 200 Jahren auf die „gelbe Gefahr“. Der Korse hatte offenbar seherische Fähigkeiten. Jetzt im Digitalzeitalter ist diese Gefahr manifest. Unter der autoritären Führung der kommunistischen Partei will China jetzt mit gewaltigen Investitionen den großen Sprung nach vorne machen. Das Reich der Mitte will nicht länger die Werkbank des Westens sein; vielmehr will China bei den Zukunftstechnologien ganz vorne mitspielen und zum internationalen Innovationstreiber aufsteigen.

Treiber der digitalen Innovation

Stephan Scheuer beschreibt die digitale Strategie der chinesischen Führung, in der Big Data und Künstliche Intelligenz die entscheidende Rolle spielen. Er zeigt auf, wie sich eine starke, in westlichen Demokratien undenkbare Symbiose zwischen der politischen Führung einerseits und einigen wenigen gigantisch gewachsenen chinesischen Technologiefirmen andererseits herausgebildet hat. An der Börse sind die Unternehmen der chinesischen Internet- und Technologiepioniere Jack Ma, Pony Ma und Robin Li mittlerweile Schwergewichte. Alibaba, Baidu und Tencent sind längst nicht mehr Nachbauer westlicher Technologie; vielmehr sind sie zu ernstzunehmenden Technologieentwicklern und -vorreitern geworden, von denen selbst Silicon-Valley-Firmen inzwischen innovative Lösungen abschauen. Die riesige chinesische Digital-Community mit mehr als 700 Millionen Nutzern hat die drei Unternehmen zu Megaunternehmen gemacht. Sie wollen und werden schnell weiter wachsen und dies vor allem außerhalb Chinas. Schon heute wickelt Alibaba mehr Transaktionen ab als eBay und Amazon zusammen.

In der Tat sind Alibaba, Baidu und Tencent die entscheidenden Treiber der digitaltechnologischen Innovation in der Volksrepublik. Ihr Erfolg fußt aber nicht nur – so Scheuer – auf ihren exzellenten Geschäftsmodellen insbesondere ihrer Stärke, im Gegensatz zu ausländischen Konkurrenten auf die besonderen Bedürfnisse der chinesischen Nutzer einzugehen. Dies ist eine unternehmerische Leistung. Entscheidend für ihren grandiosen Aufstieg seien – so Scheuer – auch staatliche Förderprogramme gewesen. So habe Peking schon seit langem mit dem systematischen Aufbau des schnellen mobilen Internet die Voraussetzung für die weltgrößte Online-Gesellschaft geschaffen. Hinzu komme, dass das Trio im chinesischen staatskapitalistischen System den großen Wettbewerbsvorteil habe, sich in dem durch eine Great Firewall geschützten digitalen Raum des chinesischen „Intranets“ immer dichter mit den Menschen und ihren Lebensgewohnheiten verknüpfen zu können. Peking erschwere über scharfe Zensur im Netz internationalen Unternehmen den Zugang zum chinesischen Markt und biete dadurch den eigenen Digitalunternehmen einen geschützten Raum, in dem sie immer mehr Daten über jeden, der ihre Dienste in Anspruch nimmt, sammeln könnten. Auf diese Daten habe die chinesische Staatsführung Zugriff. Scheuer meint daher, dass Peking dabei sei, eine völlig neue Form staatlicher, digitaler Überwachung zu entwickeln. Big Data wolle Peking nutzen, um das Reich China effizienter zu steuern. Dies sei Fluch und Segen zugleich. Die Lösungen von Jack Ma, Pony Ma, Robin Li und ihren Kollegen dürften vieles bequemer und für die Menschen in China besser machen. So gehe es natürlich darum, die Umwelt besser zu schützen, Staus zu vermeiden, es gehe aber auch darum, dafür zu sorgen, dass sich alle Bürger und Firmen der Kontrolle der Kommunistischen Partei unterordnen.

Peking hat einen Plan, der Westen …

Diese Entwicklung wirft elementare Fragen über die Sicherheit der Daten im Netz und die Bedeutung von Landesgrenzen in der digitalen Welt auf. Scheuer meint: „Big Data ermöglicht Peking, eine Kontrolle aufzubauen, wie es sie noch nicht gegeben hat. Europa muss dagegen halten.“ Das Gefährliche dabei ist: Peking hat offenbar einen Zukunftsplan und will zur geopolitischen Supermacht avancieren. Demgegenüber verharren die westlichen Regierungen und Unternehmen in einer erschreckenden Planlosigkeit. Nach der Lektüre des Buches stellt man sich die bange Frage: Wie lange noch?


Prof. Dr. Robert Fieten,
fachlicher Berater der
Beschaffung aktuell,
Köln

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