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Der Aufstieg der Wirtschaftsdynastie

Familienbande „Die Quandts“ – Rezension
Der Aufstieg der Wirtschaftsdynastie

Der Aufstieg der Wirtschaftsdynastie
Die Quandts. Ihr Aufstieg, ihre Schuld, ihr Reichtum. Rüdiger Jungbluth. Campus Verlag, Frankfurt – New York. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage 2024, 448 Seiten, 35 Euro ISBN 978–3–593–51927–2 Bild: Campus
„Wer von einer deutschen Familiengeschichte gefesselt werden möchte, muss nicht auf die Buddenbrooks zurückgreifen.“ Das schrieb die Neue Zürcher Zeitung über die zweite Auflage des Buches „Die Quandts“. Mit dieser Familienbiografie gewährt der Wirtschaftsjournalist Rüdiger Jungbluth einen detaillierten Einblick in die Höhen und Tiefen des unternehmerischen Handelns aber auch des Privatlebens der reichsten Familie Deutschlands.

Prof. Dr. Robert Fieten

Rüdiger Jungbluth eröffnet die Familiengeschichte der Quandts mit ihrer Einwanderung aus Holland nach Brandenburg im 18. Jahrhundert und verfolgt ihren Werdegang bis in die Gegenwart. Er dokumentiert den Aufstieg inklusive der Rückschläge, die Schuld durch die Verstrickungen mit dem Nazi-Regime aber auch den derzeitigen Reichtum der Quandts, der vor allem auf ihrer Beteiligung an BMW und Altana basiert. Jungbluth beschreibt im Romanstil, wie die Familie Quandt es fertigbrachte, über die drei politischen Systeme Monarchie, Demokratie und Diktatur hinweg eine führende Rolle in der deutschen Wirtschaft zu behaupten. Das Buch ist dem Autor zufolge eine Familiensaga, die die deutsche Geschichte widerspiegelt wie keine andere.

In der dritten Auflage steht die vierte Generation der Quandt-Dynastie im Vordergrund. Dies ist zu begrüßen, denn so werden Ereignisse und unternehmerische Entscheidungen (mit durchaus gemixten und keineswegs stets positiven Ergebnissen) aus der jüngeren Vergangenheit in ihrem Kontext vorgestellt. Der Autor widmet sich besonders den beiden Geschwistern und BMW-Großaktionären Susanne Klatten und Stefan Quandt und zeigt auf, dass auch diese als Unternehmer und Investoren keine Magier sind. Es wird deutlich, dass der eigentliche Glücksgriff der Familie der Einstieg von Herbert Quandt, dem Vater von Susanne und Stefan, bei BMW in den fünfziger Jahren war. Damals war BMW in Existenznot, und die Familie Quandt konnte das Unternehmen retten und auf Erfolgskurs bringen. Die Quandts profitieren bis heute von dem phänomenalen BMW-Erfolg.

Jungbluth wagt auch den Blick in die Zukunft und widmet sich in der Neuauflage auch der fünften Quandt-Generation, deren Mitglieder zum Teil bereits Vermögen und Einfluss von ihren Eltern übertragen bekommen haben.

Das Buch weist 21 zum Teil recht kurze aber informative Kapitel auf. Der Charakter des Quandt-Firmenimperiums wandelte sich über die vielen Jahre hinweg. Die Quandts schafften es recht gut, sich auf die jeweiligen Anforderungen lukrativer Märkte einzustellen. Sie griffen absolut eigennützig entschlossen und ohne allzu viel Skrupel zu, wenn sich Gelegenheiten – heute würde man sagen Chancen für Deals – boten. Diese Flexibilität in der Ausrichtung ihres Firmenimperiums ist wohl ihr bedeutendster Erfolgsfaktor.

Die Quandts begannen als Tuchfabrikanten in Brandenburg und produzierten am Anfang Uniformen für Preußen und das Kaiserreich. Ein sehr lukratives Geschäft! In der Inflationszeit nach dem ersten Weltkrieg übernahm der opportunistische Machtmensch Günther Quandt den Elektrokonzern AFA und vergrößerte dadurch sein Imperium. In der Nazi-Zeit geriet er in den braunen Sumpf und profitierte als unverzichtbarer Rüstungsfabrikant (u. a. U-Boot-Ausstatter) von Hitlers Krieg. Dies ist wohl die dunkelste Phase der Familiengeschichte.

Der (geplante?) Game Changer für das Quandt-Imperium war Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs der Einstieg von Herbert Quandt als Retter von BMW. Dies war einmal wieder ein Neuanfang . Nach dem Tode von Herbert Quandt kam es zur Trennung und Teilung des Imperiums . Die große Zeit von Susanne Klatten und Stefan Quandt begann.

Das dickleibige Werk verlangt eine erhebliche Lesekondition. Für Neugierige/Voyeure ist es sicherlich interessant, soviel Privates über die Familie – etwa die Sympathien und Antipathien unter den Familienmitgliedern zu erfahren. Ob die Lektüre dagegen auch sachlich hohen Nutzen stiftet, mag dahingestellt bleiben. Der Autor erzählt, bemüht sich aber nicht, die betriebswirtschaftliche Logik (so es eine solche gab) des Handelns der Quandt-Matadoren herauszuarbeiten und zu bewerten. Ist das verdienstvolle Buch also in erster Linie l’art pour l’art?

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