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Der Zweikampf USA versus China

High-Tech-Chips und Internetdienste in den Fängen der Politik
Der Zweikampf USA versus China

Diesen Monat stellt Ihnen Prof. Dr. Robert Fieten zwei Schriften vor, die sich wie Thriller lesen. Sie sind professionell recherchiert sowie hochaktuell und wurden als herausragende Business Bücher in 2022 ausgezeichnet. Sie betrachten insbesondere den Einfluss der Politik auf die Entwicklungen der Hightech-Industrie.

Die Schrift von Chris Miller, Associate Professor für Internationale Geschichte an der Fletcher School der Tufts University bietet fundierte Einsichten in den Kampf zwischen den USA und China um die Technologieführerschaft bei Mikrochips und um die Kontrolle über die zu ihrer Herstellung benötigten feingliedrigen Liefernetzwerke.

Ohne Mikrochips funktioniert in der heutigen Welt nichts mehr: kein Handy, kein Laptop, kein Auto und auch kein Präzisionswaffensystem. Die Chips der jüngsten Generation sind die reinsten Wunderwinzlinge und gelten zu Recht als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Sie stehen im Zentrum des Konfliktes zwischen den USA und China. Miller leuchtet die Hintergründe wissenschaftlich fundiert aus.

Mikrochips – die Schlüsseltechnologie

Im ersten, recht unterhaltsamen Teil seines Buches stellt er die kauzigen Tüftler und Forscher vor, die Ende der 1950er-Jahre die ersten Transistoren im Silicon Valley entwickelten. Es waren Menschen, die Industriegeschichte machten.

Im zweiten größeren Teil analysiert er den schwelenden Konflikt zwischen den USA und China. Das Reich der Mitte braucht im Interesse seiner wirtschaftlichen und geopolitischen Ambitionen den Zugriff auf die Chips der neuesten Generation. Am liebsten würde China diese selbst im eigenen Lande herstellen. Die USA wollen genau dies aber auch im Interesse der Aufrechterhaltung ihrer Technologieführerschaft verhindern. Sie verbieten die Ausfuhr von Mikrochips der neuesten Generation und auch die Ausfuhr der zu ihrer Herstellung benötigten Ausrüstung. Im Ergebnis hat China bisher nicht den Zugang zu den neuesten Chips erreichen können. Dies liegt auch daran, dass es alles andere als trivial ist, Chips zu entwickeln und zu designen, aber auch sie herzustellen. Hierzu sind nur wenige Unternehmen weltweit in der Lage. Über die Entwicklungskompetenzen verfügen die USA, während die höchst anspruchsvollen Fertigungskompetenzen mit sehr speziellem Prozess-Know-how bei Auftragsfertigern den sog. Foundries wie etwa TSMC in Taiwan sowie Samsung in Südkorea liegen. Heute werden laut Chris Miller 91 Prozent aller Hightech-Chips weltweit in Taiwan produziert.

Vor diesem Hintergrund wirft Miller die bange Frage auf, wie China die eklatante technologische Lücke zu den USA zu schließen versuchen könnte. Er glaubt nicht, dass China eine groß angelegte Invasion Taiwans initiieren wird, denn die Foundries würden einen harten militärischen Schlag kaum überstehen. Realistischer erscheint Miller daher die Variante, dass China langsam den Druck auf Taiwan immer mehr mit Drohgebärden wie etwa einer Blockade erhöht. Die Lage bleibt in jedem Fall angespannt und dürfte auch Einkäufern noch schlaflose Nächte bereiten.

Web-Kommunikation –
Made in China

Die lesenswerte Schrift von Lulu Yilun Chen, die bei dem Wirtschaftsinformationsdienst Bloomberg Chinas Internetunternehmen unter die Lupe nimmt, analysiert sehr fundiert die Erfolgsgeschichte von Tencent aber auch den Gegenwind, der dem Unternehmen seitens der Staatsführung in jüngster Zeit heftig entgegenbläst. Tencent ist bei den Sofortnachrichtendiensten, sozialen Netzwerken, Onlinemedien, der interaktiven Unterhaltung und dem Netzhandel tätig und ist mittlerweile das in puncto Börsenkapitalisierung wertvollste chinesische Unternehmen. Die Autorin stellt den Gründer Ma Huateng, genannt Pony, vor. Er startete in 1998 und entwickelte das Unternehmen vom Underdog unter vielen zum Powerhouse. Die imposante Entwicklung wurde nicht zuletzt möglich dank der Kommunistischen Partei Chinas, die aus Angst vor einer zunehmenden Kritik an ihrer Politik der Meinungsunterdrückung schon vor Jahren westliche Plattformen und Dienste wie Facebook, Google, WhatsApp oder Twitter rigoros ab- und damit ausschaltete. Tencent füllte das entstandene Vakuum daraufhin mit eigenen Angeboten. Heute gilt das Unternehmen mit seinem sozialen Netzwerk QQ, eine der zehn meistbesuchten Websites weltweit, als chinesisches Facebook bzw. mit dem Messenger-Dienst WeChat als chinesisches WhatsApp und gilt als Pionier des globalen mobilen Internet.

Das Buch bietet sehr wertvolle Einsichten in die herausfordernden Rahmenbedingungen von Internetunternehmen in China. Die staatliche Aufsicht sitzt stets mit im Boot und kontrolliert Content und Infrastruktur. Wer in China Geschäfte machen will, darf bei der KP nicht in Ungnade fallen.

Beide Bücher machen eines deutlich: Die Politik greift immer stärker in das unternehmerische Handeln ein. Auf diese neue Realität müssen sich die Unternehmen und speziell auch die Supply Manager einstellen. (rf)


Prof. Dr. Robert Fieten

wissenschaftlicher Berater der Beschaffung aktuell, Köln

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