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Intelligent scheitern und aus den Fehlern lernen

Buchrezension
Intelligent scheitern und aus den Fehlern lernen

Intelligent scheitern und aus den Fehlern lernen
Right Kind of Wrong. Why Learning to Fail Can Teach Us to Thrive. Amy Edmondson, Cornerstone Press, London 2023, 350 Seiten, 27,40 €,ISBN 978–1–847–94376–7 Bild: Cornerstone Press
Dieses lesenswerte Buch ist keine blumig geschriebene Beraterfibel. Es ist ein wissenschaftlich fundiertes, dennoch flott geschriebenes und allgemein verständliches Werk aus der Feder der zurzeit wohl führenden Organisationspsychologin Amy Edmondson.

Prof. Dr. Robert Fieten,
Wissenschaftlicher Berater der Beschaffung aktuell, Köln

Der Titel dieses Buches „Right Kind of Wrong“ wirkt auf den ersten Blick paradox. Der Untertitel macht dann jedoch deutlich, um was es geht. Scheitern (im Amerikanischen: Failing) im Sinne des Nichterreichens von gesetzten Zielen darf nicht zwangsläufig als etwas Negatives oder sogar Verwerfliches und daher unbedingt zu Vermeidendes angesehen werden. Es darf auch nicht – wie sehr häufig anzutreffen – der Karrierekiller im Geschäftsleben sein. Entscheidend ist, wie man in einer modernen Organisation mit dem Scheitern (als unvermeidbarem Teil unseres Lebens) und auch mit den scheiternden Personen umgeht. Es kommt vor allem darauf an, die richtigen Schlussfolgerungen aus nicht erfolgreichen Aktionen oder Projekten, die eigentlich gut durchdacht waren, zu ziehen und bereit zu sein, aus den gemachten Fehlern konsequent zu lernen. Die Autorin berichtet in diesem Zusammenhang sehr offen über ihre eigenen Erfahrungen beim Scheitern (etwa ihren ersten Anlauf zur Erlangung des PhD-Titels). Im Nachhinein erwies sich – so ihre Erkenntnis – der Fehlversuch sogar als Geschenk und als Chance, in einem zweiten Versuch alles anders und besser zu machen.

Silicon-Valley liegt falsch

Ausgehend von einem durchaus schmerzhaften Reflektieren über die Gründe für das Scheitern dürfe man nicht frustriert aufgeben, sondern müsse nach anderen neuen Lösungswegen suchen. Hilfreich sei dabei auch das Reframing (Betrachtung aus einem anderen Blickwinkel) der zu lösenden Aufgaben- und Problemstellung. Scheitern müsse stets Anstoß zum Lernen aus den gemachten Fehlern sein. Mit diesem Ratschlag redet Amy Edmondson keineswegs dem Scheitern an sich das Wort. Nein man müsse lernen, intelligent zu scheitern, ist ihre Botschaft. Damit wehrt sich die Expertin vehement gegen das bekannte aber falsche Silicon-Valley-Mantra „fail fast, fail often“. Dieses Mantra sei viel zu undifferenziert und töricht. Warum? Ein Scheitern, das auf Nachlässigkeiten und Schlampereien oder auch auf ein undurchdachtes Trial-and-Error-Lösungstorso zurückzuführen sei, müsse über die normalen Kontrollmechanismen in einer Organisation verhindert werden. Die Gefahr des Scheiterns aufgrund undurchsichtiger komplexer und multipler Wirkzusammenhänge (wie etwa Pandemie und Lieferkettendisruptionen) müsse durch Etablierung eines Frühwarnsystems und Risikomanagements eingeengt werden. Dies ist nicht der Fokus der Autorin. Sie konzentriert sich stattdessen auf den (schlechten) Umgang moderner Organisationen mit den Geschäftsrisiken, wie sie in F&E-Projekten aber auch bei der Entwicklung von Marketing-Kampagnen etc. gang und gäbe sind. Die Risiken des Scheiterns müssten als gegeben anerkannt werden, und es müsse nach der Devise von Thomas A. Edison (großer amerikanischer Erfinder) „I have not failed. I have just found ten thousand ways that won’t work“ gehandelt werden. Edmondson fordert daher, dass moderne Organisationen ein intelligentes, ja sogar smartes Scheitern zulassen müssten, um weiterzukommen. Sie erläutert anschaulich anhand zahlreicherer konkreter Beispiele, wie man einen Raum für intelligentes Scheitern schaffen kann. Dies mache eine Organisation resilient und sei Voraussetzung dafür, dass die Mitarbeitenden wohl durchdacht und unverkrampft überschaubare Risiken eingehen auf der Suche nach innovativen Lösungen.

Amy Edmondsons eigentlich gar nicht so spektakuläre Botschaften sollten Führungskräfte mit Personalverantwortung bei der Entwicklung neuer Erfolgsstrategien und dem Fitmachen ihrer Organisationen beherzigen. Sie sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern basieren auf Erfahrungen aus der medizinischen und unternehmerischen Praxis, die die Autorin gründlich unter die Lupe genommen hat.


Die Autorin Amy Edmondson hat die Novartis Professur für Leadership und Management an der Harvard Business School, USA inne und zählt zu den viel beachteten fünfzig einflussreichsten Management-Vordenkern in der Welt. Ihre Monographie wurde von der hochkarätig besetzten Jury der Financial Times zum besten Business-Buch des Jahres 2023 gekürt. Die vorliegende Schrift, die durchaus eine Übersetzung ins Deutsche verdient hätte, konnte sich gegen sehr starke Konkurrenz durchsetzen.

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