Die beiden Autoren, die über Chinaerfahrungen verfügen, gehen von der These aus, dass China für das Lieferantenmanagement von morgen einen nicht zu ignorierenden Beschaffungsmarkt darstellt. Diese These kann man in Anbetracht der großen wirtschaftlichen Bedeutung Chinas, die die Autoren aus der Sicht des Krisengeredes 2016 über die chinesische Volkswirtschaft etwas zu pessimistisch kleinreden, nicht genug unterstreichen. Die Dinge, auch die Zahlen zum Wirtschaftswachstum, haben sich in den vergangenen Monaten wieder grundlegend geändert. Nach dem jüngsten Parteitag in Peking darf man davon ausgehen, dass China unter Präsident Xi einen großen Schritt in Richtung Modernisierung und Fokussierung auf High- tech machen wird. China wird daher als Global Player immer wichtiger.
In der Tat sind die Zeiten längst vorbei, in denen China billige Werkbank für den Westen und Low Cost Country war, das für Billigprodukte auch Zulieferprodukte minderer Qualität stand. China hat heute den globalen Wettbewerb mit den Best Cost Countries aufgenommen und spielt in dieser Liga immer besser mit. Vor diesem Hintergrund verändert sich auch das Lieferantenmanagement. Es geht wie in allen hoch entwickelten Volkswirtschaften um mehr partnerschaftliche Kooperation in Lieferantennetzwerken. Dabei ist es natürlich auch zwingend notwendig, über digitale Medien, insbesondere Plattformen, die Lieferanten der verschiedenen Stufen (nicht nur Tier 1) in die Wertschöpfungsprozesse zu integrieren. Es ist aber wenig bekannt, wie weit China auf diesem Wege wirklich ist.
Das Buch erhebt vor diesem Hintergrund den Anspruch, aufzuzeigen, wie ein Lieferantenmanagement der Zukunft in China in den Teilprozessen Lieferantenbeziehungsmanagement, -strategie, -struktur, -auswahl,- bewertung, -entwicklung, -integration und -controlling konzipiert sein sollte. Damit haben die Autoren sich die Latte sehr hoch gelegt. Ganz so hoch sind sie dann doch nicht gesprungen. Sie bieten dem Leser einiges an Landeskunde – interessant zu lesen, und sie gehen die einzelnen Themen des Lieferantenmanagements lehrbuchmäßig durch.
Kapitel 1 beinhaltet recht allgemein den Gegenstand des Lieferantenmanagements und die Veränderung des Leitbildes. Kapitel 2 zeigt, dass die Beschaffung in China lohnenswert ist, wenn bestimmte allgemeine Regeln eingehalten werden. Kapitel 3 ist dann wieder mehr chinaspezifisch und behandelt heute nicht mehr ganz unbekannte kulturelle Aspekte wie Guanxi. Kapitel 4 geht etwas theoretisch auf Fragen der Aufbau- und Ablauforganisation des Lieferantenmanagements ein. Kapitel 5 behandelt den Aufbau eines Einkaufsbüros in China. Kapitel 6 kommt wieder zum strategischen Lieferantenmanagement zurück. Kapitel 7 geht gekonnt auf weltweit gültige Elemente des operativen Lieferantenmanagements ein. Kapitel 8 skizziert treffend Aspekte des Lieferantenmanagements im Zeitalter der Digitalisierung.
Insgesamt bietet das Buch einen guten Überblick über modernes Lieferantenmanagement. Es ist ein Plädoyer für ein solches. Es fehlen allerdings empirische Befunde über die besonderen Herausforderungen und auch die Pferdefüße des Lieferantenmanagements in China. Wie fit sind die chinesischen Zulieferer heute? Wo stehen sie produkt- und produktionstechnisch, aber auch informationstechnisch heute? Wie stehen sie zu modernen Formen der Organisation und Führung? Es bleibt also spannend, über das Thema wertfokussierte Lieferantenbeziehungen in China und mit chinesischen Geschäftspartnern in der Unternehmenspraxis zu recherchieren.