Startseite » Einkauf »

Das Richtige effizient gestalten

Geschäftsmodelle neu denken
Das Richtige effizient gestalten

Das Richtige effizient gestalten
„Erst fragen, was das Richtige ist und dann handeln. Sonst machen wir das Falsche richtig und damit richtig falsch.“ Prof. Dr. Michael Braungart, Entwickler des Cradle-to-Cradle-Konzepts. Bild: MedRocky/stock.adobe.com
Der reine Effizienz-Gedanke ist nicht zeitgemäß. Langfristig ist das alte, ressourcenfressende und energieintensive Wachstumsmodell der Wirtschaft nicht mehr steigerbar. Wer sich für eine wünschenswerte Zukunft einsetzen möchte, muss Geschäftsmodelle neu denken und das Thema Nachhaltigkeit priorisieren – und zwar vor dem Thema Effizienz.

Meist sind es Kostensteigerungen, die ein Unternehmen zur Produktivitätssteigerung und zum Umsatzwachstum zwingen. Ein Umsatzwachstum klingt positiv, bedeutet aber in den meisten Fällen keine Ergebnissteigerung, da die Kostensteigerungen nicht 1:1 weitergegeben werden können. Außerdem stellt sich doch die Frage, ob das Wachstum wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Mit Blick auf begrenzte Ressourcen und die Umwelt dürfen moderne Geschäftsmodelle sich nicht mehr ausschließlich am Effizienz-Anspruch orientieren. Wer das dennoch tut, befindet sich allerdings aktuell immer noch in guter Gesellschaft. Der Anspruch, Nachhaltigkeit nicht nur als Köder für potenzielle Mitarbeitende und als Teil des Markenimages auszuspielen, sondern dieses Thema wirklich ernst voranzutreiben, setzt sich bei den meisten Unternehmen erst nach und nach durch. Dabei hat eine Nachhaltigkeit, die noch vor der Effizienz priorisiert wird – oder zumindest auf dieselbe Hierarchieebene gestellt wird – viele Vorteile.

Unternehmen, die das Thema Nachhaltigkeit ernst nehmen, fragen zuerst nach der Effektivität der Lösung, bevor sie sich mit der Effizienz befassen. Der Unterschied liegt darin, dass Effektivität sich damit beschäftigt, ob die Vorgehensweise die richtige ist. Wer zuerst den Maßstab der Effizienz anlegt, läuft Gefahr, das „Falsche“ zu optimieren.

Beispiele für missglückte Effizienzsteigerungen

Beispiel 1: Wenn Plastik drei Prozent leichter gemacht wird, können Kosten gespart werden. Ein Erfolg? Nein, jedenfalls nicht auf ganzer Linie. Es lohnt sich nämlich nicht mehr, dieses „optimierte“ Plastik einzusammeln.

Beispiel 2: Autoreifen halten doppelt so lange wie vor 30 Jahren. Aber: In der Elbe sind nachweislich mehr Chemikalien zu finden: 54 Prozent des Mikroplastiks stammen vom Reifenabrieb.

In beiden Fällen entsteht eine große Umweltbelastung. Das Falsche wurde perfektioniert und somit perfekt falsch gemacht. Es handelt sich um Paradebeispiele, dass die Effizienz nicht vor der Effektivität einer Lösung stehen sollte. Besser wäre es, zunächst zu fragen, was das Richtige im Sinne einer wünschenswerten Zukunft ist. Wenn man sich auf dem rechten Weg befindet, kann die Lösung effizienter gestaltet werden. Dieses Vorgehen zieht zwangsläufig mit sich, dass Unternehmen über bestehende Geschäftsmodelle nachdenken.

Geschäftsmodelle für eine wünschenswerte Zukunft

Es gibt bereits einige Firmen, die mit gutem Beispiel vorangehen. Die Firma Flokk vermietet unter dem Markennamen Giroflex Bürostühle und nutzt dabei ein Pfandsystem: Auf jeden Stuhl gibt es 25 Prozent Pfand. Dank des Pfandsystems kehren die Bestandteile des Stuhls zum Unternehmen zurück. Das hat gleich mehrere Vorteile: Erstens können bei der Herstellung sehr hochwertige Materialien genutzt werden, da diese zweitens in technologische oder biologische Kreisläufe zurückkehren. Drittens bindet es die KundInnen im positiven Sinne an das Unternehmen. Kurz: Nach 10 Jahren bekommt das Unternehmen die KundInnen und das Material zurück. In diesem Beispiel wird nicht das Produkt, sondern ein Nutzungsrecht verkauft. Dadurch werden ein besserer Materialeinsatz, Kundenbindung und ein ökologisches Verhalten gefördert.

Für mehr Kundenzufriedenheit

Um am Markt zu bestehen, reicht es nicht, eine perfekt nachhaltige und effiziente Lösung zu präsentieren. Damit das Produkt auf dem Markt bestehen kann, muss auch in dessen Nutzbarkeit investiert werden. Bei jeder Sparmaßnahme gilt es zu hinterfragen, welchen Einfluss diese auf das Kundenerlebnis hat. Wenn eine Firma beispielsweise Sitzkissen herstellt, könnte die Frage lauten: Haben zehn Prozent mehr Füllmenge einen Einfluss auf das Kundenerlebnis oder können diese gespart werden?

Die Priorisierung der Nachhaltigkeit vor der Effizienz bedeutet in den meisten Unternehmen ein radikales Umdenken. Vor allem erfordert es Mut, Dinge neu zu denken. Die gute Nachricht ist, dass niemand alleine vor dieser Herausforderung steht. Obwohl Führungskräfte diesbezüglich als Vorbilder fungieren sollten, kann dieses Vorhaben nur mithilfe der Rückendeckung der gesamten Belegschaft gelingen. Alle Mitarbeitenden sind dazu angehalten, sich aktiv daran zu beteiligen, Prozesse kritisch zu hinterfragen und zu optimieren. Auf den ersten Blick ein steiniger Weg, aber langfristig definitiv empfehlenswert.

Ideen steuern und Erfolge messbar machen

Wenn alle Mitarbeitenden an einem Strang ziehen und ein gemeinsames Mindset vorhanden ist, wurde bereits eine Erfolgsbasis geschaffen. Aber: Schulterklopfen reicht nicht, diese Erfolge müssen nun auch messbar gemacht werden. Das beginnt bei den Ideen, wie Prozesse optimiert werden können. Diese müssen gesammelt, beurteilt und in konkrete Maßnahmen mit klaren Verantwortlichkeiten übersetzt werden. Dabei geht es nicht darum, nur Top-Ideen zu haben. Es reicht, wenn mindestens eine gut funktioniert.

Beyond Savings: Das neue Rollenbild des Einkaufs

Für den Einkauf wird es zunehmend schwieriger, Erfolge mit klassischen Preisverhandlungen zu erzielen. Aus der oben geschilderten Denkweise ergeben sich jedoch neue Chancen. Der Einkauf macht 50 Prozent des Umsatzes aus und trägt gleichzeitig die größte Verantwortung für CO2-Emissionen: Bis zu 90 Prozent werden in der Lieferkette verursacht. Da der Einkauf hier eingreifen kann, kann er sich zu dem zentralen Werttreiber des Unternehmens und einem Instrument zur Zukunftsgestaltung entwickeln.

Die Geschäftsleitung muss sich der weitreichenden Verantwortung des Einkaufs bewusst werden und eine kluge Budgetplanung vornehmen: Der Einkauf kann seine Kraft nur dann vollends entfalten, wenn ihm ein entsprechendes Budget zur Verfügung gestellt wird.


Valuedesk

Valuedesk verfolgt den ganzheitlichen Ansatz: gemeinsam Value Creation. Torsten R. Bendlin kennt als ehemaliger Einkaufsleiter die Herausforderungen, die sich in puncto Kostenmanagement ergeben. Seine Vision ist es, Unternehmen zu befähigen, ihr Potenzial kontinuierlich besser auszuschöpfen: Nachhaltig, aus eigener Kraft und kollaborativ.


Bild: Valuedesk

Torsten R. Bendlin

Co-Founder und CEO von Valuedesk

Unsere Webinar-Empfehlung
Aktuelles Heft
Titelbild Beschaffung aktuell 5
Ausgabe
5.2024
PRINT
ABO
Aktuelles Heft

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de