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„Gemeinsam geht’s leichter“

Lieferkettensorgfaltspflichten
„Gemeinsam geht’s leichter“

„Gemeinsam geht’s leichter“
Die gesetzlichen Pflichten zur Zusammenarbeit treten vor allem gegenüber unmittelbaren Zulieferern zutage. Schließlich gibt es hier eine bestehende Geschäftsbeziehung, die „nur“ noch angereichert werden muss. Bild: Yatakviju/stock.adobe.com
Unternehmen können miteinander kooperieren, um ihre Lieferkettensorgfaltspflichten zu erfüllen. Teilweise werden sie dazu sogar verpflichtet. Dieser Beitrag skizziert die gesetzlichen Pflichten und die unternehmerischen Chancen der Zusammenarbeit bei der Erfüllung von Lieferkettensorgfaltspflichten.

Lieferkettensorgfaltspflichten – für deutsche Unternehmen ist das kein Fremdwort mehr. Wer den Begriff noch nicht kennt, schaut im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) nach: Lieferkettensorgfaltspflichten sind verschiedene Maßnahmen, die seit Anfang 2023 zahlreiche Unternehmen in Deutschland umsetzen müssen und die ein Ziel verfolgen: in Lieferketten die Risiken für Menschenrechte und Umwelt erkennen, vermeiden oder zumindest begrenzen.

Wer seinen Sorgfaltspflichten nicht nachkommt, riskiert hohe Bußgelder, die von der LkSG-Durchsetzungsbehörde, dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), verhängt werden können. Unternehmen sind daher gut beraten, ihre Sorgfaltspflichten zu kennen und zu wissen, wie sie diese effektiv und zugleich praxisnah im eigenen Betrieb und in ihren Lieferketten umsetzen.

Zusammenarbeit als gesetzliche Pflicht

An verschiedenen Stellen des LkSG zeigt sich, dass Unternehmen mit anderen zusammenarbeiten müssen, um bestimmte Sorgfaltspflichten erfüllen zu können. Das bedeutet für diese Unternehmen Aufwand und Komplexität, ist aus gesetzgeberischer Sicht aber nachvollziehbar: Die Zusammenarbeit der Unternehmen und die wechselseitigen Verpflichtungen, die sie eingehen, verankern Sorgfaltspflichten in den Lieferketten strukturell, ohne dass das BAFA als Regulierungsbehörde tätig werden müsste. Man kann zwei Form der verpflichtenden Zusammenarbeit unterscheiden:

  • die bilaterale Zusammenarbeit mit Zulieferern und
  • die multilaterale Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Stakeholdern.

Bilaterale Zusammenarbeit mit Zulieferern

Es ist wenig überraschend, dass Pflichten zur Zusammenarbeit vor allem gegenüber unmittelbaren Zulieferern häufig zutage treten. Schließlich gibt es hier eine bestehende Geschäftsbeziehung des Unternehmens, die „nur“ noch um Elemente LkSG-bedingter Zusammenarbeit angereichert werden muss. Solche Elemente haben meist den Zweck, den unmittelbaren Zulieferer beim Schutz von Menschenrechten und Umwelt „einzuspannen“ und ihn zu bestimmten Verhaltensweisen zu verpflichten.

Beispiele – Veränderungen bewirken

Unternehmen sollen laut LkSG risikoangemessene Verhaltensziele zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt formulieren; das LkSG spricht hier von „Erwartungen“. Eine solche Erwartung könnte etwa sein, dass bestimmte umweltschädliche Herstellungsmethoden nicht verwenden werden. Das LkSG verpflichtet Unternehmen dazu, sich von ihren unmittelbaren Zulieferern vertraglich zusichern zu lassen, dass solche Erwartungen erfüllt und entlang der übrigen Lieferkette adressiert werden.

Diese Zusicherungen werden durch weitere vertragliche Elemente ergänzt. So soll das Unternehmen laut LkSG mittels Schulungen und Weiterbildungen seine unmittelbaren Zulieferer darüber aufklären können, wie dessen Erwartungen erfüllt werden können. Dass die Erwartungen tatsächlich erfüllt werden, soll dank vereinbarter Kontrollmechanismen (etwa Informationsabfragen oder Audits) vom Unternehmen überprüft werden können.

Einen weiteren Fall der Zusammenarbeit sieht das LkSG vor, wenn ein unmittelbarer Zulieferer eine menschenrechts- oder umweltbezogene Pflicht verletzt und das Unternehmen diese Verletzung nicht in absehbarer Zeit abstellen kann. Dann sollen das Unternehmen und der unmittelbare Zulieferer einen gemeinsamen Plan erarbeiten, wie die Verletzung jedenfalls möglichst zeitnah beendet oder zumindest minimiert werden kann.

Einige der vorgenannten Maßnahmen sollen gemäß LkSG auch mit mittelbaren Zulieferern vereinbart werden, wenn dort menschenrechts- und umweltbezogene Risiken identifiziert werden.

Multilaterale Kooperation mit allen Stakeholdern

Das LkSG kennt als weitere Formen der Zusammenarbeit Brancheninitiativen und Branchenstandards. Sie bezwecken in der Regel die Arbeit an gemeinsamen Projekten zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt oder die Entwicklung freiwilliger Verhaltensstandards mit demselben Ziel. Sie sind multilaterale Vereinbarungen, die nicht nur für Zulieferer, sondern auch für Wettbewerber, Kunden, Verbände, Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften offen sind.

Das LkSG sieht die Gründung oder den Beitritt zu Brancheninitiativen oder Branchenstandards in der Regel dann vor, wenn ein Risiko oder eine bereits eingetretene Pflichtverletzung bei einem Zulieferer festgestellt worden ist, das Risiko oder die Pflichtverletzung aber nicht kurzfristig abgestellt werden kann. Dann soll das Risiko bzw. die Pflichtverletzung über geeignete Projekte einer Brancheninitiative oder dank geeigneter Branchenstandards adressiert und jedenfalls mittel- bis langfristig abgebaut werden.

Zusammenarbeit als Chance begreifen

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die im LkSG vorgeschriebenen Pflichten zur Zusammenarbeit vielfältig und komplex sind. Ausgestaltung und Umfang hängen immer auch vom konkreten Risikoprofil des jeweiligen Unternehmens ab. Dieser Umstand soll aber nicht den Blick dafür verstellen, dass die Zusammenarbeit mit anderen die Umsetzung von Lieferkettensorgfaltspflichten auch erleichtern kann.

So dürfte es beispielsweise für ein Unternehmen meist nützlich sein, wenn es mit seinen Zulieferern Vereinbarungen trifft, die den Informationsaustausch zu möglichen Risiken in der Lieferkette erleichtert. Genauere und bessere Information über Risiken bedeutet, dass Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten risikoangemessen und damit praxisgerechter erfüllen können. Auch sinnvoll: eine Branchenvereinbarung, die Best Practices zur Beseitigung typischer menschenrechts- und umweltbezogener Risiken in einer Branche sammelt.

Letztlich geht es in diesen Fällen immer um die Suche nach kreativen Ideen zur Bewerkstelligung von Herausforderungen, die sich bei der Umsetzung von Lieferkettensorgfaltspflichten konkret stellen. Es gilt dabei, Ausschau nach Lösungen zum gegenseitigen Vorteil zu halten und andere dafür zu gewinnen. Dabei empfiehlt sich immer auch eine gründliche rechtliche Beratung, die sicherstellt, dass die vertraglichen Lösungen rechtlichen Standards, insbesondere des Kartell- und AGB-Rechts, entsprechen.


Bild: Hartmut Nägele

Dr. Reto Batzel

Partner von Marck, einer auf Kartellrecht, Compliance und Regulatory spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei aus Düsseldorf.
www.marck.eu


Beispiele für Zusammenarbeit nach dem LkSG

  • Vertragliche Zusicherungen des Zulieferers, dass dieser die Erwartungen des Unternehmens einhält
  • Vereinbarung dazu, wie das Unternehmen seinen Zulieferer zu den Erwartungen schult bzw. weiterbildet
  • Modalitäten der Kontrollen, mit denen geprüft wird, ob der Zulieferer seine Zusicherungen einhält
  • Gemeinsame Pläne zur Beendigung oder Minimierung andauernder Pflichtverletzungen beim Zulieferer
  • Eintritt des Unternehmens und des Zulieferers in eine Brancheninitiativen bzw. Beitritt zu einem Branchenstandard

Die Pflichten im LkSG

 1. Risikomanagement einrichten

 2. Festlegung betriebsinterner Zuständigkeit

 3. Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen

 4. Abgabe einer Grundsatzerklärung

 5. Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern

 6. Ergreifen von Abhilfemaßnahmen

 7. Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens

 8. Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern

 9. Dokumentation

10. Berichterstattung

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