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Generative KI im Lieferketten-Management

Analysieren, Automatisieren, Optimieren
Generative KI im Lieferketten-Management

Generative KI im Lieferketten-Management
Generative künstliche Intelligenz bietet laut Accenture das Potenzial für einen der größten Veränderungsprozesse im Lieferkettenmanagement und für eine Neugestaltung der Prozesse im Einkauf. Bild: 418studio – stock.adobe.com
Generative künstliche Intelligenz (GenAI) verändert die Art und Weise, wie wir Lieferketten managen. Eine Accenture-Studie zeigt, dass bereits über die Hälfte der Lieferkettenprozesse durch GenAI automatisiert oder erweitert werden können. Obwohl die Bedeutung der Technologie bekannt ist, verläuft die Umsetzung zögerlich.

Der Einkauf, bisher einerseits von manuellen und repetitiven Aufgaben geprägt und andererseits auf enorme Information und Daten angewiesen, steht vor einem Wandel. Denn das Anwendungsfeld von generativer künstlicher Intelligenz ist groß und reicht von Sourcing und Lieferantenmanagement über Risikomanagement und Bedarfsplanung bis hin zu funktionsübergreifenden Themen wie Nachhaltigkeit und Resilienz.

Diese GenAI-Anwendungen können Routineaufgaben in vielen Branchen automatisieren und strategische Entscheidungsprozesse durch schnelle Datenaufbereitung vereinfachen. Beispielsweise können diese Tools die datengesteuerte Beschaffung optimieren, indem sie Daten analysieren, Trends erkennen, Lieferantenleistungen bewerten und Risiken aufzeigen. Dies ermöglicht fundiertere und zeitnahe Beschaffungsentscheidungen.

Darüber hinaus transformiert die Integration von GenAI in das Lieferantenmanagement auch die Identifikation und Kommunikation mit bestehenden und potenziell neuen Lieferanten bis hin zu Vertragsverhandlungen. KI-gesteuerte virtuelle Assistenten können die Vorbereitung und den Versand von Lieferantenmitteilungen wie Preisanpassungen oder Vertragsverlängerungen automatisieren.

Diese Automatisierung reduziert nicht nur den Verwaltungsaufwand, sondern sorgt auch für Konsistenz und Compliance bei allen Lieferanteninteraktionen. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz für diese Aufgaben können sich die Einkaufsabteilungen auf strategischere Prioritäten wie den Aufbau von Beziehungen und die Entwicklung von Lieferanten konzentrieren, was letztendlich einen Mehrwert für die Organisation des Unternehmens schafft.

Die Technologie kann auch bei der Verbesserung von Bedarfsplanungsprozessen unterstützen. Mithilfe von Algorithmen können historische Verkaufsdaten, Marktbedingungen und andere Variablen analysiert werden, um genauere Bedarfsprognosen zu erstellen. Dadurch können fundiertere Entscheidungen getroffen werden, um optimale Lagerbestände zu halten, Lagerkosten zu senken und sowohl Fehl- als auch Überbestände zu vermeiden. Führende Unternehmen haben beispielsweise KI-gesteuerte Prognosemodelle implementiert, um ihr Bestandsmanagement zu verbessern und dynamischer auf Marktveränderungen reagieren zu können.

Risiken intelligenter managen und Lieferanten sourcen

Das Risikomanagement ist ein weiterer kritischer Bereich zur Sicherstellung effizienter Lieferketten, in dem GenAI von großem Wert ist. So können KI-basierte Tools zur Lieferantensuche schnell Risiken im Lieferantenstamm identifizieren und analysieren, alternative Zulieferer empfehlen und Strategien zur Minderung potenzieller Störungen vorschlagen.

Gerade weil in den letzten Jahren durch Pandemien, politische Unruhen, Wetterphänomene oder blockierte Transportwege eine Vielzahl an Störfaktoren hinzukamen, ist eine schnelle Reaktion auf ein Ereignis und die automatisierte Lösungsfindung wertvoller denn je. Je komplexer und volatiler das globale Umfeld ist, desto größer ist der Mehrwert, den künstlich Intelligenz bei der Bewertung und Vermeidung neuer Risikofaktoren bietet.

Das „Risiko“ Lieferant kann mit GenAI ebenso schnell erkannt und Probleme im Vorfeld minimiert werden. Ganze Lieferantenportfolios können anhand von Kriterien, wie finanzielle Stabilität, historische Leistung und geopolitische Exposition bewertet werden.

Die kontinuierliche Überwachung dieser Faktoren bietet Echtzeiteinblicke in Lieferantenrisiken und -chancen, sodass Unternehmen proaktive und verlässlichere Entscheidungen über ihre Lieferantenbeziehungen treffen können. Eine echte Diversifizierung der Lieferantenbasis ist so in Rekordzeit möglich und hilft, Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten zu überdenken​.

Auch der Aufbau neuer Lieferantenbeziehungen wird dank intelligenter Technologien einfacher: Die KI-basierte Lieferantensuche ist heute beispielsweise in der Lage, die Identifizierung potenzieller Lieferanten zu rationalisieren und den Bewertungsprozess zu automatisieren.

Diese Fähigkeit ist besonders dann nützlich, wenn Unternehmen schnell alternative Lieferanten finden müssen, beispielsweise bei einer Unterbrechung der Lieferkette durch Naturkatastrophen oder Handelsbeschränkungen. Dabei werden die Leistungsdaten der Lieferanten, die Marktbedingungen und sogar Ereignisse in Echtzeit berücksichtigt, um die am besten geeigneten Lieferanten zu identifizieren und so die Kontinuität und Resilienz der Lieferketten sicherzustellen. Auch KI-Tools wie Contract-Chatbots oder KI-gestützte Helpdesks unterstützen das Lieferantenmanagement.

Adaption von generativer künstlicher Intelligenz in der Praxis.
Quelle: Accenture

Echte Nachhaltigkeit mit KI-Tools sicherstellen

Aber auch über die traditionellen Einkaufsaufgaben hinaus bietet KI einen erheblichen Mehrwert. Hier sind insbesondere funktionsübergreifende Bereiche wie Nachhaltigkeit und Resilienz der Lieferkette zu nennen.

Im Bereich der Nachhaltigkeit kann GenAI die Erfassung und das Reporting von Nachhaltigkeitskennzahlen automatisieren und Unternehmen dabei helfen, ihre Umweltauswirkungen entlang der Lieferkette zu überwachen. Dazu können KI-Tools große Datenmengen aus verschiedenen Quellen analysieren, um die Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen wie der Reduzierung von CO2-Emissionen oder der verstärkten Verwendung recycelter Materialien sicherzustellen und gleichzeitig die Einhaltung von regulatorischen Vorschriften zu gewährleisten.

Darüber hinaus kann KI dabei unterstützen, andere Unternehmen auf ihren Reifegrad an Nachhaltigkeit zu untersuchen und so neue potenzielle Lieferanten identifizieren, die zu den eigenen Nachhaltigkeitsansprüchen und denen der Kunden passen.

Wettbewerbsvorteile durch GenAI erarbeiten

Die potenziellen Vorteile von GenAI im Supply Chain Management sind ohne Zweifel beträchtlich. Ebenso groß sind aber auch die „Pain Points“, die es zu adressieren gilt, um dieses Potenzial nutzbar zu machen. Eine der größten Herausforderungen bei der Implementierung im Einkauf ist nach wie vor die Verfügbarkeit und Qualität der vorhandenen Daten. Generative KI ist auf große Datensätze angewiesen, um genaue Einblicke zu liefern, aber viele Organisationen kämpfen immer noch mit fragmentierten Datenquellen, schlechter Datenqualität oder unzureichender Datenabdeckung.

Auch die Technologie selbst steht in der Kritik. Die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von KI-Algorithmen wird häufig in Frage gestellt und als intransparent bewertet. Entsprechende Lösungen werden nicht nur von Geschäftskunden, sondern auch den Endverbrauchern häufig als „Black Boxes“ wahrgenommen, deren Entscheidungsprozesse undurchsichtig sind. Besonders bei öffentlich zugänglichen Datenquellen gilt besondere Vorsicht hinsichtlich der Korrektheit und Glaubwürdigkeit der dargestellten Informationen. Ohne eine sorgfältige Bewertung und fachliche Expertise sollte KI-generierten Empfehlungen nicht bedenkenlos vertraut werden.

Darüber hinaus müssen die ethischen und rechtlichen Implikationen der KI-Nutzung im Einkauf und im Supply Chain Management sorgfältig bedacht werden. KI-Modelle, die – oft aus dem oben beschriebenen Mangel an eigenen Daten – auf öffentlichen Daten trainiert werden, können unbeabsichtigt Urheberrechte oder Datenschutzbestimmungen verletzen.

Zudem kann KI mögliche Vorurteile, die in den für das Training des Algorithmus verwendeten Daten enthalten sein können, aufnehmen, weiterführen und so zu diskriminierenden Ergebnissen führen. Um diese Risiken zu mindern, müssen Unternehmen robuste Governance-Rahmen und ethische Richtlinien für den Einsatz von KI etablieren oder sich zumindest auf weitere regulatorische Vorgaben in diesem Bereich einstellen.

Die Fähigkeit, repetitive Aufgaben zu automatisieren, Entscheidungsprozesse zu verbessern sowie Nachhaltigkeit und Resilienz zu fördern, bietet Unternehmen eine der größten Chancen zur Steigerung der Wertschöpfung der letzten Jahre. Gerade in Zeiten, die eher von Unbeständigkeit als von Stabilität geprägt sind, ist es wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit durch innovative Technologien zu erhalten oder sogar zu steigern. Damit dies gelingt, müssen Unternehmen die bestehenden Herausforderungen in Bezug auf Datenqualität, Algorithmen-Transparenz und ethische Governance besser jetzt als später angehen.


Andreas_Hof_Accenture.pngBild: Accenture

Andreas Hof

ist Principal Director bei Accenture Strategy im Bereich Sourcing & Procurement.


Bild: Accenture

Dr. Christoph Schulz

leitet den Bereich Procurement Services DACH bei Accenture.

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