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Zukunftsfeste Supply Chains für unsichere Zeiten

Zukunftsfeste Supply Chains für unsichere Zeiten
Im Auge des Sturms – Supply Chains für die Zukunft klug aufstellen

Im Auge des Sturms – Supply Chains für die Zukunft klug aufstellen
Geopolitische Konflikte, der Trend zu mehr Nachhaltigkeit und neue Gesetze üben Druck auf Lieferketten aus. Unternehmen bleibt oft nur noch wenig Zeit, darauf zu reagieren. Bild: Artsiom P/stock.adobe.com
Rebuilding Trust – so das Motto des diesjährigen Weltwirtschaftsgipfels in Davos. Damit reagieren die führenden Köpfe aus Politik, Wirtschaft und Medien auf eine Vielzahl an Krisen, unter denen derzeit die Weltwirtschaft leidet. Sie hoffen so, Impulse für mehr öffentliches Vertrauen und stärkeres Wachstum auszusenden. Dennoch bleibt die Lage angespannt. Unternehmen sind daher gut darin beraten, sich systematisch auf die Herausforderungen vorzubereiten.

Wo es an Vorhersehbarkeit und Planungssicherheit mangelt, wird es für Unternehmen umso wichtiger, in Szenarien zu denken und sich auf diese vorzubereiten. Tragende Säulen sind dabei die Supply Chains und, damit verbunden, wirklich smarte Logistikkonzepte. Diese sollten nachhaltige Antworten auf wichtige Aspekte wie die zunehmende gesetzliche Regulierung geben (Sustainable), transparent und messbar sein (Measurable), moderne Technologien einsetzen, damit Unternehmen schnell auf neue Herausforderungen reagieren können (Advanced), die Resilienz des Unternehmens stärken (Resilient) und die Kooperation entlang der Supply Chain stärken (Together). Unternehmen können sie dann entlang der gesamten Lieferkette nutzen, um damit die künftigen Kernaufgaben zu stemmen. Diese sind: Digitalisieren, Antizipieren, Kooperieren, Regionalisieren und Diversifizieren.

  • Digitalisieren:

Basis für jedes smarte und resiliente Supply-Chain-Management ist eine zeitgemäße IT-Infrastruktur. Dazu gehören Plattformen wie die SAP Business Technology Platform (SAP BTP) sowie das SAP Business Network. In Kombination mit einem offenen Datenaustausch gewinnen Unternehmen so beispielsweise mehr Transparenz über die Lagerbestände der Lieferanten. Zusätzlich können sie Bestellungen stärker automatisieren und Lieferungen auf dem Transportweg nachverfolgen. Davon profitiert gleichzeitig die Produktionsplanung. Aber dies ist nur ein Vorteil der Digitalisierung. Gleichzeitig liefert sie für Unternehmen die technischen Voraussetzungen, um den Status quo zu monitoren und auf Basis wirklichkeitsnaher Prognosen künftige Entwicklungen zu antizipieren.

  • Antizipieren (und Prognostizieren):

Durch Vorgaben wie das LKSG und die CSR-Berichtspflichten wird das Monitoring obligatorisch. So legt der § 3 LKSG beispielsweise umfassende Sorgfaltspflichten für Unternehmen gegenüber ihren Lieferanten fest. Dafür benötigen sie moderne IT-Lösungen, die via Dashboards Risikofaktoren in Kenngrößen verdichten und so für Übersichtlichkeit sorgen. Allein das Einrichten des vorgeschriebenen Beschwerdeverfahrens des §3 I Nr. 7 LKSG lässt sich in der Praxis nur digital realisieren.

Digitales Monitoring ist aber nicht nur wegen dieser gesetzlichen Vorgaben sinnvoll. Gleichzeitig ermöglicht es Szenarioanalysen und langfristige Prognosen. Mit KI-basierten Verfahren wie Predictive Analytics können Trends zu wichtigen Fragestellungen ermittelt werden, etwa: In welchem Umfang werden Bestellungen bei wichtigen Lieferanten steigen? Nehmen Lieferschwierigkeiten aus spezifischen Weltregionen oder Staaten zu? Die Antworten auf solche Fragen liefern wichtige Impulse für evidenzbasierte Entscheidungen. Auch Hinweise darauf, ob ein Unternehmen in starke Abhängigkeiten gerät oder für einige Produkte Lagerkapazitäten vorhalten sollte, lassen sich aus diesen Informationen ableiten.

  • Kooperieren:

Gemeinsame Tourenplanungen, Echtzeitüberwachungen von Transporten oder möglicherweise auch das Errichten gemeinschaftlicher Lager: All dies erfordert eine enge Kooperation im Lieferantennetzwerk und wird erst möglich durch den wechselseitigen Datenaustausch. Vertrauen ist hier Trumpf. In der Vergangenheit war dies nicht immer der Fall. Eine umfassende CO2-Bilanzierung, heute aufgrund der CSR-Richtlinie für viele Unternehmen verpflichtend, war so nicht möglich. Daher steigt die Anforderung an alle in der Supply Chain beteiligten Unternehmen, offen und transparent miteinander zu arbeiten.

  • Regionalisieren:

Gerade die geopolitischen Unsicherheiten sprächen prinzipiell dafür, wichtige Vorprodukte wieder lokaler zu sourcen. Dies gilt insbesondere bei Branchen, die aufgrund der internationalen Arbeitsteilung:

1. nur noch in wenigen Weltregionen beheimatet,

2. weltweit ökonomisch sehr bedeutsam sind und

3. deren Versorgung durch die geopolitische Lage akut gefährdet ist.

Musterbeispiel ist hierfür die Halbleiterindustrie in Asien, insbesondere Taiwan. Einzelne Unternehmen können dazu allerdings nur wenig beitragen – daher sind hier Interventionen der Staaten gefragt. So setzen die USA und die EU derzeit beispielsweise diverse Anreize, um die Chipindustrie wieder stärker vor Ort anzusiedeln – etwa über den in Washington initiierten Inflation Reduction Act oder die geplanten Fabriksubventionen für Intel und TSMC in Deutschland.

Anders sieht es bei Branchen aus, die lokal ansässig sind: Dort hilft regionales Sourcing Unternehmen schon heute, CO2-Emissionen einzusparen, unsichere Transportrouten zu umgehen und schnelle Lieferbereitschaft abzusichern. Gerade bei Produkten, bei denen Qualität und Liefertreue wichtiger sind als niedrige Kosten, stellt es somit eine interessante Option dar. Gleiches gilt für Produkte, die Kundinnen und Kunden individuell zusammenstellen und bei denen die Hersteller klimafreundliche Transportmengen für die Vorprodukte kaum realisieren können.

  • Diversifizieren:

So attraktiv regionale Lieferketten auch sein mögen, nicht immer sind sie möglich. Daher wird in Zukunft die Risikostreuung bei Lieferanten an Bedeutung gewinnen – vor allem dann, wenn diese in politisch instabilen Regionen ansässig sind.

Daher ist es empfehlenswert nicht nur die Lieferanten, sondern ebenfalls die wichtigsten Beschaffungsmärkte zu monitoren. Einschlägige Expertinnen und Experten ranken dabei typische Risikofaktoren, wie politische Stabilität, wirtschaftliches Umfeld, gesellschaftliche Trends et cetera, und überführen sie in einen leicht verständlichen Zahlenwert. Dieser ist dann Grundlage für die Entscheidung, inwieweit ein Unternehmen bei den wichtigsten Lieferanten diversifizieren sollte.

Viele Risiken, aber auch Chancen – ein Fazit

Die gegenwärtige Situation ist zwar durch Krisen gekennzeichnet, bietet Unternehmen aber ebenso Chancen, sich im Wettbewerb neu aufzustellen. Ein smartes Supply Chain Management könnte sich hierbei künftig zu einem der entscheidenden Wettbewerbsvorteile entwickeln. Wie sich die Welt in den kommenden Jahren entwickeln wird, ist momentan kaum abzusehen.

Flexibilität und schnellere Reaktionsfähigkeit sind für Unternehmen daher unerlässlich. Aber selbst dann, wenn sich die geopolitische Lage wieder beruhigen sollte, blieben die Folgen des Klimawandels, sich verändernde Regulatorik-Vorgaben und begleitende makroökonomische Einflüsse weiter bestehen. Allein dies erfordert ein Umdenken in den Supply Chains. Unternehmen sollten sich frühzeitig mit diesen neuen Anforderungen arrangieren.

Wie das effizient gelingt, erläutert der zweiten Beitrag „Fünf Kriterien für resiliente Lieferketten – und konkrete Schritte zur Umsetzung“ in der nächsten Ausgabe von Beschaffung aktuell.


Bild: MHP

Dr. Sylvia Trage

Partner MHP


Bild: MHP

Bastian Kempe

Associated Partner MHP

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