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Interview: Ivonne Gassmann, Hays

Ivonne Gassmann, Chief Product and Innovation Officer, Hays
Schneller zum Projektexperten

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Ivonne Gassmann: „Der Blick auf die Kosten und der Einkauf von wichtigem Know-how dürfen sich nicht ausschließen. Schließlich funktioniert moderne Projektarbeit nicht mehr ohne externe Spezialisten.“ Bild: Jacob Lund – stock.adobe.com
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Auch beim Einsatz externer Projektmitarbeiter spielt der Einkauf eine zentrale Rolle. Er muss sicherstellen, dass deren Beauftragung und Abwicklung nahtlos den eigenen Anforderungen entsprechen. Bisher war dies mit erheblichem Aufwand verbunden. Doch diesen Luxus kann sich niemand mehr leisten. Ivonne Gassmann, Innovations-Vorständin des Personaldienstleisters Hays, weiß, worauf es bei einem schnellen Projekt-Match ankommt.

Beschaffung aktuell: Wo wird es bei der Personalbeschaffung im Mittelstand gerade eng?

Ivonne Gassmann: Überall dort, wo Digitalkompetenz gebraucht wird, um langwierige Beauftragungszyklen schneller zu machen und damit ein Stück weit mehr zu automatisieren. Wir sprechen hier von Experten, die sich mit der sogenannten „Digital Experience“ auskennen. Diese Young Talents, also Nachwuchskräfte, können Prozesse digitalisieren und gleichzeitig ein digitales Erlebnis für Kunden und Kandidaten schaffen, welches sie nahtlos zum Ziel ihres Anliegens führt. Allerdings haben viele mittelständische Betriebe mittlerweile die Erfahrung gemacht, dass diese Talente schwer zu bekommen sind. Das liegt vor allem an der fehlenden Bekanntheit der Unternehmen, zum anderen aber auch an langatmigen und komplizierten Beauftragungswegen. Diese Zeit hat niemand mehr. Alle müssen in ihren Projekten vorwärtskommen, um schnell produktiv zu werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Einkauf von Freelancern vor allem deshalb viel Zeit kostet, weil jederzeit Rechtskonformität nachgewiesen werden muss. Ist hier Erleichterung in Sicht?

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Ivonne Gassmann ist seit Januar 2024 verantwortlich für innovative Produkte bei Hays.
Bild: Hays

Grundsätzlich sollte Rechtssicherheit nicht nur über langwierige Prozesse erreichbar sein, das wäre aus unserer Sicht kontraproduktiv. Um hier eine Vereinfachung für alle Beteiligten zu erreichen, stehen wir permanent mit unseren Kunden, aber auch dem Gesetzgeber im Austausch, um ein gemeinsames Verständnis für pragmatische und marktkonforme Lösungen zu schaffen. Das geht schon damit los, dass sich der Gesetzgeber aktiv mit modernen Projektmethoden (z. B. Scrum) auseinandersetzen sollte, um zu verstehen, wie stark die aktuelle Gesetzeslage den Einkauf dieser Experten behindert. Auf der anderen Seite sind die Fragebögen, die Freiberufler für ihre Projektaufnahme in einem Unternehmen ausfüllen müssen, viel zu komplex. Es kann nicht sein, dass sie hier dauernd rechtlichen Beistand brauchen.

Der Einkauf hat häufig den Job des obersten Kostenkontrolleurs. Wo kann die Digitalisierung der Beauftragung hier von Nutzen sein?

Der Blick auf die Kosten und der Einkauf von wichtigem Know-how dürfen sich nicht ausschließen. Schließlich funktioniert moderne Projektarbeit nicht mehr ohne externe Spezialisten. Aufgrund der transparenten Abrechnung von Projektleistungen, die über unsere Plattform abgebildet werden kann, hält der Einkauf seine Kosten stets im Blick.

Für viele Unternehmen sind Rechtssicherheit und Compliance die wichtigsten Kriterien, wenn sie Freelancer beauftragen. Wie können bei der digitalen Abwicklung Haftungsängste ausgeschlossen werden?

Wir sind am Markt für unsere hohen Compliance-Standards bekannt, die wir auch für unsere digitale Matching-Plattform anwenden. Wer externe Projekt-Spezialisten sucht, muss nur einen Compliance Check durchführen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Bei diesem Thema werden die Auftraggeber aber, obwohl sie online agieren – nicht allein gelassen. Wenn es vertragliche Fragen gibt, stehen erfahrene Mitarbeiter jederzeit bereit. Künftig werden wir diesen Service noch weiter ausbauen und beschleunigen, damit Kunde und Projektmitarbeiter möglichst schnell und unkompliziert zusammenfinden.

Wie kann das digitale Matching bestmöglich mit den Einkaufsprozessen harmonisiert werden?

Normalerweise kommt der Einkauf dann an den Tisch, wenn sich der Fachbereich darüber im Klaren ist, welche Kompetenz er benötigt. Das digitale Matching setzt schon vorher an. Wir können hier über einen technisch gestützten Prozess schon früh erfahren, um welche Projektanforderung es konkret geht und dem suchenden Unternehmen eine Größenordnung zu den Kosten geben. Also der Preis, den der Projektexperte im angefragten Zeitraum kosten würde. Das gibt sehr früh im Prozess Klarheit über die wesentlichen Faktoren. Darüber hinaus geht die Abwicklung aufgrund der hohen Standardisierung (Vertragsvorlagen, Budget, etc.) schneller als üblich.

Welche Freelancer finden mittelständische Unternehmen auf der Hays Matching-Plattform überhaupt und was genau übernehmen Sie für Ihre Auftraggeber?

Insgesamt verfügt unsere Plattform bereits wenige Wochen nach dem Go Live über 2000 verfügbare IT- und Digital-Experten. Die registrierten Freelancer können Aufgaben von der Softwarearchitektur und -entwicklung, über Testing, Projektleitung bis hin zur Beratung übernehmen. Technologisch ist die ganze Bandbreite vertreten: Von Unterstützung in Frontend- und Backendtechnologien, bis hin zu Cyber-Security und AI Prompt Engineering. Der Einkauf kann für die interne Unterstützung an nahezu allen Stellen wertvolle Kern-Kompetenzen einkaufen.

Viele Unternehmen setzen regelmäßig IT-Freelancer ein, und beschäftigen teilweise sogar hunderte davon. Wie kann das über so eine Plattform abgebildet werden?

Ungeachtet, ob ein Unternehmen nun 2 oder 20 Projektmitarbeiter sucht, es hat stets die volle Transparenz und Kontrolle darüber, wie der nächste Schritt aussieht. Anhand eines Dashboards geben wir den Unternehmen einen guten Überblick darüber, wie der Status der Beauftragung gerade ist. Jedes Projekt und jeder Vertrag lassen sich zudem einzeln auf die Bedürfnisse des Unternehmens anpassen. Das bedeutet, auch die Skalierbarkeit innerhalb der Beauftragung ist berücksichtigt.

Sie versprechen, dass Unternehmen jederzeit verfügbare Freelancer finden? Wie können sie das gewährleisten?

Dies ist eine der Hauptaufgaben eines professionellen Personaldienstleisters. Die Aktualität der Datenbank und die schnelle Verfügbarkeit von Experten sind von entscheidender Bedeutung. Niemand möchte sich durch unzählige Seiten klicken, nur um festzustellen, dass der gesuchte IT-Profi nicht sofort verfügbar ist. In den meisten Disziplinen kennen wir die Talente persönlich und wissen genau, ob und wann sie für das nächste Projekt bereitstehen. „Sofort“ bedeutet dabei oft, dass einige Tage oder sogar Wochen vergehen können, da Unternehmen in der Regel mehrere Interviews führen und entsprechende Onboarding-Vorbereitungen treffen möchten. Diese Prozesse können wir über die Plattform nicht direkt beeinflussen.

Wie muss man sich den Vertragsabschluss genau vorstellen?

Zur Vereinfachung gehört auch, dass man den Vertrag digital abschließen kann. Nachdem der Einkauf alle Details zur Beauftragung nochmals geprüft hat, kann der externe Experte digital annehmen und die Buchungsbestätigung wird automatisch erstellt.

Unternehmen können bei Ihnen auch Reverse Recruitment für externe Projektmitarbeiter praktizieren?

Beim Reverse Recruitment bewerben sich Arbeitgeber bei wechselwilligen Kandidaten, was sich auf Festanstellungen bezieht. Auf unserer Plattform funktioniert dies anders: Hier gibt es Firmenprofile und Auftragsoptionen, aus denen Projektmitarbeitende wählen können. Sie müssen wissen, wie lange bestehende Projekte dauern und wann sie sich für Folgeaufträge interessieren könnten. Der Freelancer spielt eine entscheidende Rolle dabei, dass eine Beauftragung zustande kommt.

Wie sehen die Bezahlvorgänge aus? Sind diese schon automatisiert?

Hays übernimmt die monatliche Abrechnung der geleisteten Stunden. Der Freelancer reicht seine Leistung monatlich zur Freigabe ein. Nach Genehmigung durch den zuständigen Ansprechpartnerwird die Rechnung digital an die hinterlegte Rechnungsadresse versendet und die Zahlungsfreigabe erteilt. Zukünftig sind Funktionen geplant, die das direkte Einsehen des Abrechnungsstatus oder den Download der Rechnungsdokumente durch eine Anbindung an das Abrechnungssystem ermöglichen sollen.

Wettbewerber im IT-Freiberuflermarkt bieten ähnliche digitalen Services bereits an. Warum setzen Sie erst jetzt auf mehr Digitalisierung?

Wir wollten unser jahrelang aufgebautes Wissen im Einkauf sowie im Handling von Freelancern sinnvoll und zielgerichtet verbessern. Dafür haben wir die traditionellen Abläufe sehr genau studiert und abgeleitet, wo auf der digitalen Journey ein Self-Service und wo ein Mitarbeitergespräch gewünscht wird. Daraus ist das neue Setting im Wesentlichen entstanden. (sas)


Ivonne Gassmann

… ist seit Januar 2024 als Chief Product Innovation Officer (CPIO) im Vorstand. Zu Ihren Aufgaben gehört es, das Leistungsportfolio von Hays für die digitale Zukunft ausbauen. Zudem befasst sie sich mit Datenmanagement und KI-Themen. Ivonne Gassmann hat während ihrer 24 Jahre Hays-Betriebszugehörigkeit in unterschiedlichen Verantwortungen die Sales-Organisation weiterentwickelt. Zuletzt verantwortete sie die Businesseinheiten in Bayern und Nordrhein-Westfalen mit regionalem Fokus auf kleinen und mittelständischen Unternehmen. Darüber hinaus hat sie vielfältige gesamtunternehmerische Projekte aus den Themenbereichen digitales Kundenmanagement, Vertriebscontrolling und Prozessoptimierung verantwortet.


IT-Personal-Matching

Die Matching-Plattform „Tribeworks“ von Hays ermöglicht es Unternehmen, im Self-Service ihre Projektanfragen zu skizzieren und live zu stellen. Externe IT-Spezialisten erhalten dadurch einen schnellen Überblick über passende Projekte, die ihren Erfahrungen und Kompetenzen entsprechen. Beide Seiten werden durch den Prozess geführt und haben jederzeit Transparenz über den Kommunikationsverlauf vom ersten Kontakt bis zur Beauftragung.

Hays-Recruiter unterstützen den Prozess im Hintergrund, um die Passgenauigkeit zu optimieren und als zusätzliche Unterstützung für Unternehmen und Freelancer zu dienen. Kommt es zu einem Match, kann sofort ein Dienstvertrag geschlossen werden. Alle Abläufe während des Einsatzes werden ebenfalls über Tribeworks gesteuert. Die Registrierung und Nutzung der Plattform ist für Unternehmen und Freelancer kostenlos.

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