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ReUse-Plattform Tool2Share: Kreislaufwirtschaft im Werkzeugbau

ReUse-Plattform „Tool2Share“
Kreislaufwirtschaft im Werkzeugbau

Kreislaufwirtschaft im Werkzeugbau
Nach Zahlen von „Excellence in Production“ 2022 werden nur etwa 4,3 % der Werkzeugkomponenten wiederverwendet. Bild: WBA

Das Thema Nachhaltigkeit ist gesellschaftlich als auch wirtschaftlich zunehmend in den Fokus gerückt. Insbesondere die Kreislaufwirtschaft zur Schließung und Transformation biologischer und technischer Stoffkreisläufe ist hier von zentraler Bedeutung. Angetrieben durch den gesellschaftlichen sowie kundenseitigen Druck nach Nachhaltigkeit, steht die Branche Werkzeugbau vor großen Herausforderungen.

Der Werkzeugbau ist innerhalb der industriellen Fertigung zentral für die Reduktion des Ausmaßes der Umwelteinwirkung von Produktionsprozessen, Produkten und Dienstleistungen sowie der zur Produktion notwendigen Betriebsmittel. Diese Reduktion umfasst die Minimierung der direkt sowie indirekt verursachten Umweltbelastungen der stark linear ausgeprägten Geschäftstätigkeiten der Branche. Das Potenzial zirkulärer Geschäftstätigkeiten im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist seit einigen Jahren bekannt, jedoch wird nur ein geringer Teil an Werkzeugen bzw. derer Komponenten wiederverwendet oder in einen neuen Werkzeuglebenszyklus zurückgeführt.

Ein Grund dafür sind beispielsweise die vom Kunden geforderten langen Gewährleistungsfristen, in denen Werkzeuge weder wiederverwendet noch recycelt werden dürfen. Nach aktuellen Zahlen des Wettbewerbs „Excellence in Production“ 2022 werden momentan nur etwa 4,3 Prozent der Werkzeugkomponenten wiederverwendet.

Abbildung 1: Aufbau eines Spritzgießwerkzeugs mit den für den ReUse geeigneten Komponenten. Bild: WBA & Fraunhofer IPT

Das Forschungsvorhaben „Tool2Share“

Zur Analyse der Ursachen für die geringe aktuelle ReUse-Quote in der Branche Werkzeugbau und zur Steigerung der Wiederverwendung von Werkzeugkomponenten führt die WBA Aachener Werkzeugbau Akademie GmbH gemeinsam mit dem Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen University sowie weiteren Forschungspartnern aus der Industrie aktuell das Verbundforschungsprojekt „Tool2Share“ durch. Das Projektergebnis wird eine B2B-Plattform für den ReUse von Werkzeugen und Werkzeugkomponenten inklusive dazugehörigem Geschäftsmodell zur innovativen Schließung des Stoffkreislaufs der Branche Werkzeugbau sein (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2: Zielbild des Forschungsvorhabens Tool2Share. Bild: WBA

Besonderer Fokus liegt dabei auf dem Zusammenspiel der Themenschwerpunkte Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Die B2B-Plattform soll den Handel sowie die Bewertung von genutzten Werkzeugen und Werkzeugkomponenten ermöglichen. Neben einer entsprechenden Bewertungssystematik stellt insbesondere der Digitale Schatten den Kern der ReUse-Plattform dar. Der Digitalen Schatten bildet alle kaufentscheidenden Daten des Werkzeugs – von der Entwicklung über die Produktion bis hin zur Nutzung sowie der Rückführungslogistik – für den Käufer transparent ab. Rückführungslogistik beschreibt die logistischen Prozesse bei denen Güter vom Kunden ausgehen und wieder in der Lieferkette zum Hersteller zurückgeführt werden.

Über die ReUse-Plattform wird der fälschungssichere Datentransfer und das Vertrauen in Käufer und Verkäufer durch Nutzerbewertungen und die Überprüfung von Seiten der Plattformbetreiber gewährleistet. Auf der Basis dieses Vertrauens und der Daten können Nutzer die angebotenen Werkzeugkomponenten und Werkzeuge für den ReUse bewerten und kaufen.

Umsetzung der Kreislaufwirtschaft für den Werkzeugbau

Die Hauptakteure der ReUse-Plattform sind Serienproduzenten, Werkzeugbaubetriebe und der Plattformbetreiber. Serienhersteller treten als Verkäufer und Werkzeugbaubetriebe können sowohl als Käufer als auch als Verkäufer auftreten. Der Serienproduzent, der Werkzeuge in seiner Produktion einsetzt, bietet das gebrauchte Werkzeug über die Plattform an und führt es so in den Materialkreislauf zurück. Dabei werden die Werkzeuge zum Schutz von Wissen über Produkt oder Technologie demontiert und die kritischen Komponenten entfernt.

Werkzeugbaubetriebe verkaufen ebenfalls Werkzeuge oder Komponenten, treten aber vor allem auch als Käufer auf. Die einzelnen Werkzeugkomponenten werden für die Instandhaltung oder den Neubau von Werkzeugen nutzt und finden damit den Weg zurück in die Nutzungsphase. Neben dem Hosting der Plattform bietet der Plattformbetreiber ergänzende Dienstleistungen wie die Bewertung von Plattformnutzern und die Sicherstellung eines fairen und transparenten Marktplatzes an.

Bewertung und Klassifizierung der Werkzeugkomponenten

Der durch die kontinuierliche Datenerfassung erzeugte Digitale Schatten bildet die Grundlage für die Bewertung und Klassifizierung der Werkzeugkomponenten vor der Kaufentscheidung. Im ersten Schritt der Kaufentscheidung wird der Grundzustand anhand der Daten aus dem Werkzeugeinsatz bewertet. Dabei werden Datenpunkte wie der Verschleiß und die Einsatzhäufigkeit des Werkzeugs berücksichtigt. Auf dieser Datenbasis können potenzielle Käufer zunächst beurteilen, ob die Werkzeugkomponente aufgearbeitet werden muss oder direkt durch den Einbau in ein Werkzeug in die Nutzungsphase reintegriert werden kann. Im zweiten Schritt wird die Eignung des Werkzeugs oder der Werkzeugkomponente für eine neue Anwendung bewertet.

Abbildung 3: Vorstellung des Prototypens der ReUse-Plattform Tool2Share. Bild: WBA

Der funktionsfähige Prototyp der ReUse-Plattform Tool2Share ist ausgearbeitet und wird im Rahmen des Forschungsvorhabens bis Ende 2023 weiterentwickelt (vgl. Abbildung 3). Zukünftig erhalten die Plattform-Nutzer auch einen Überblick über die Einsparung von CO2-Emissionen, die durch den Einsatz von gebrauchten Komponenten erzielt wurden.

 

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Boos. Bild: WBA

Die Autoren:
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Boos, Geschäftsführender Gesellschafter, WBA Aachener Werkzeugbau Akademie GmbH
Gerret Lukas, M.Sc.
Christoph Frey, M.Sc.
Riccardo Calchera, M.Sc.

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