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Arbeiten im Zeitalter von Industrie 4.0

Alternative Beschäftigungsmodelle
Arbeiten im Zeitalter von Industrie 4.0

Der Industrie 4.0 folgt die Arbeit 4.0 auf dem Fuße. Die technischen Veränderungen durch Digitalisierung, Big Data und mobiles Arbeiten haben Einfluss auf das Arbeitsleben in der Zukunft. Unternehmen können von den Neuerungen profitieren, müssen aber umdenken.

Unter dem Begriff Arbeit 4.0 lassen sich alle Möglichkeiten, Phänomene, Probleme und Anforderungen zusammenfassen, die mit der zunehmenden Digitalisierung der Arbeit einhergehen. Schon der Arbeitsmarkt selbst verändert sich durch den technischen Fortschritt. So kann beispielsweise das sogenannte Crowdworking eine Möglichkeit darstellen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. „Der Crowdworker bietet seine Leistungen in der Regel auf einer Internetplattform an, die als Vermittler zwischen ihm und dem Unternehmen fungiert, das Arbeit auslagert“, erklärt Rechtsanwalt Thomas Niklas von der Kölner Arbeitsrechtskanzlei Küttner. „Dem Crowdworker bleibt dabei das Unternehmen, für das er eine genau definierte Aufgabe erfüllt, oft unbekannt, da der Vertrag – in der Regel ein Werkvertrag – zwischen ihm und der Plattform geschlossen wird“. Der Auftragnehmer ist als Selbständiger tätig, sodass die arbeitsrechtlichen Bestimmungen, wie etwa zum Kündigungsschutz, nicht gelten und auch keine Sozialabgaben anfallen. Unternehmen müssten überlegen, wie sie solche abgrenzbaren Aufträge definieren und auslagern könnten.

Neue Möglichkeiten des Jobsharing eröffnet die Plattform Tandemploy. Hier können sich Teilzeit-Interessierte finden, die sich zusammen einen Vollzeitjob teilen wollen. Geschäftsführerin Jana Tepe erklärt: „Interessierte Menschen melden sich bei uns an, füllen einen kurzen Fragebogen aus und bekommen darauf basierend direkt Vorschläge für ihren perfekten Tandempartner. Dabei matcht unser Algorithmus nicht nur harte Fakten, sondern auch Parameter wie die Arbeits- und Kommunikationsweise, damit die Chemie stimmt.“ Die „Tandems“ können sich dann gemeinsam bewerben, zum Beispiel bei Unternehmen, die sich bereits auf der Plattform registriert haben. Tepe stellt auch vermehrt Anmeldungen von Ingenieuren fest. „Jobsharing ist relativ branchenunabhängig, es funktioniert besonders gut bei allen Positionen, bei denen klassische Teilzeit an ihre Grenzen stößt: bei komplexeren Aufgabenbereichen, Jobs mit einem hohen Workload und Kommunikationsbedarf oder bei Führungsaufgaben.“ Ist ein Unternehmen dazu bereit, zwei Arbeitnehmer auf einem Arbeitsplatz zu akzeptieren, kann es womöglich von doppelter Manpower profitieren.
Alle neuen Arbeitsformen, die Unternehmen und arbeitenden Menschen mehr Möglichkeiten und Spielräume bieten, müssen aber mit den Grundsätzen des deutschen Arbeitsrechts – dem Kündigungsschutz, dem Mutterschutz, dem Arbeitszeitrecht, dem Urlaubsrecht, dem Mindestlohn, der Lohnfortzahlung bei Krankheit, der betrieblichen Mitbestimmung durch den Betriebsrat und den Arbeitsschutzverordnungen – in Einklang gebracht werden.
Anpassung des Arbeitsrechts. Arbeiten ist heute dank mobiler Geräte sowie schneller Datenverbindungen an fast jedem Ort und zu jeder Tages- und Nachtzeit möglich. Einer aktuellen Studie von TNS Infratest im Auftrag der Deutschen Bank zufolge arbeitet bereits jeder Vierte (23 Prozent) nicht mehr an einem festen Arbeitsplatz, sondern mobil. Logistikdienstleister wie Hellmann sind Vorreiter ihrer Branche. Die Flexibilität ist für Arbeitnehmer attraktiv, verwischt aber auch die Grenze zwischen Berufs- und Privatleben und kann zu familiären oder gesundheitlichen Problemen führen. Das klassische Modell des Acht-Stunden-Arbeitstags, wie es unser 21 Jahre altes Arbeitszeitgesetz vorsieht, gerät aktuell ins Wanken, auch durch die weltweite Arbeitsteilung über Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg. „Das Gesetz muss sich für flexiblere und individuellere betriebliche Lösungen öffnen“, sagt Rechtsanwalt Fabian Seus vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und fordert eine „maßvolle, aber konsequente Fortentwicklung“ des Arbeitsrechts. „Das bietet neben Vorteilen für die Unternehmen auch die Chance für die Beschäftigten, durch intelligente digitale Vernetzung stärker auf ihre persönlichen Lebensumstände einzugehen.“ Homeoffice, Arbeitszeitkonten, Jobsharing sind Stichworte dazu, aber zum Beispiel auch bessere Ergonomie durch technische Erleichterungen am Kommissionierarbeitsplatz. „Aufgrund alternder Belegschaften, des weiter um sich greifenden Fachkräftemangels sowie einer sich wandelnden Vorstellung von einer gesunden Work-Life-Balance der ‚Generation Y‘, erlangt eine lebensphasenorientierte Personalpolitik eine immer größere Bedeutung“, bestätigt Arbeitsrechtler Niklas. „Hierzu gehören Coachings und Wiedereingliederungsprogramme nach der Elternzeit ebenso wie die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Sabbaticals und der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer.“
Stress durch Arbeit 4.0. Daneben müssen die Arbeitsschutzgesetze und -verordnungen dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer geschützt werden. Dem Schutz vor psychischen Belastungen soll sich bald eine lange geplante „Anti-Stress-Verordnung“ widmen. Stress kann auch die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust durch die zunehmende Automatisierung auslösen. Jeder Dritte glaubt, nicht gut für die neue Arbeitswelt gerüstet zu sein. Auch hier müssen die Unternehmen gegensteuern und entsprechende Weiterbildungen im Sinne eines lebenslangen Lernens anbieten.

Politik startet Initiative

www.arbeitenviernull.de

Auch das Bundesarbeitsministerium hat sich des Themas Arbeit 4.0 angenommen, ein entsprechendes Strategiepapier vorgelegt und die Plattform www.arbeitenviernull.de initiiert. „Dort sollen Bürger und Unternehmen ihre Gedanken und Erwartungen an die Zukunft der Arbeit formulieren“, so eine Sprecherin des Ministeriums. „Uns bewegt auch die Frage, wie wir die soziale Marktwirtschaft von morgen gestalten, wenn bunte Erwerbsbiografien und neue Beschäftigungsformen die Absicherung über klassische Sicherungssysteme schwieriger machen.“ Auch hier werden Betriebe im Sinne der Mitarbeiterfindung und -bindung kreative Angebote machen müssen.
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