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Europa und die hiesige Stahlnachfrage

Stahlpreisentwicklung aktuell – eine Analyse
Europa und die hiesige Stahlnachfrage

Die Gesamtwirtschaft wird sich 2014 nach einhelliger Meinung deutlich positiver entwickeln. Was heißt das für die Stahlpreise? Unser Kompetenzpartner Stahlkompakt hat für Beschaffung aktuell die derzeitige Wirtschaft analysiert und wagt Prognosen für 2014.

Die Grundlage der Stahlnachfrage – und damit ein wichtiger Faktor der Stahlpreisentwicklung – ist die wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere der stahlverbrauchenden Industrien wie Automotiv, Baugewerbe und Maschinenbau.

Die Gesamtwirtschaft wird sich 2014 nach einhelliger Meinung deutlich positiver entwickeln. In Deutschland war ja bereits seit dem zweiten Quartal 2013 eine deutliche Konsolidierung zu erkennen, die sich auch 2014 bestätigen wird. Für 2014 rechnet etwa der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung mit einem Wachstum von 1,6 % (2013: 0,4 %), andere Institute gehen sogar von einem noch größeren Wachstum aus (Ifo-Institut: 1,9 %; Bundesbank: 1,7 %). Auch im Euroraum wird sich 2014 der positive Trend aus dem zweiten Halbjahr 2013 fortsetzen, sodass der Sachverständigenrat mit 1,1 % im Jahresdurchschnitt – nach minus 0,4 % in 2013 – ein positives Wachstum prognostiziert.
Die vorbeschriebenen Entwicklungen schlagen auch auf die europäische Automobilindustrie durch. So konnte nach einer längeren Durststrecke bereits in den Monaten September, Oktober und November 2013 wieder eine, wenn auch moderate Zunahme der Zulassungszahlen verzeichnet werden.
Die Automobilindustrie. Für 2014 rechnet Prof. Ferdinand Dudenhöfer, Direktor des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen, weltweit mit einem Wachstum der Zulassungen von 5 %, im Wesentlichen getrieben durch China – verantwortlich für etwa 50 % (!) des weltweiten Wachstums in diesem Bereich – und andere außereuropäische Märkte. In Europa, zumindest in weiten Teilen Südeuropas, wird aufgrund der nur langsamen Erholung der Wirtschaft durch die nach wie vor hohen Arbeitslosenzahlen und der damit einhergehenden mangelnden Kaufkraft hingegen, wenn überhaupt, nur ein sehr geringfügiges Wachstum erwartet. Dies gilt allerdings nicht für den deutschen Automarkt, für den ein Zulassungsplus von immerhin 6,1 % prognostiziert wird.
Da viele Autobauer mittlerweile vor Ort produzieren und damit auch vor Ort einen Großteil ihres Stahlbedarfes decken, sind die Stahlpreise in Europa auch eher von der europäischen Automotiv-Entwicklung abhängig, selbst wenn der Absatz in den nichteuropäischen Ländern, insbesondere in China, wesentlich stärker steigen sollte. 2014 trägt die Automotiv-Industrie in Europa damit zwar zur Konsolidierung der hiesigen Stahlpreise bei, einen wesentlichen Impuls für eine deutliche Steigerung erwarten wir hingegen nicht.
Im Baugewerbe zeichnet sich ebenfalls eine Trendwende – wenn auch auf niedrigem Niveau – ab. In den südeuropäischen Krisenländern wird es nicht (noch) weiter bergab gehen, in absehbarer Zeit müssen zudem die aufgrund der Sparprogramme zurückgestellten Infrastrukturmaßnahmen zwingend angegangen werden. In Deutschland werden die zuletzt positiven Aussichten – Wachstum im Jahresdurchschnitt 2013 ca. 2 %, im Oktober 2013 waren es sogar 5,5 % – leicht gedämpft durch einen rückläufigen Auftragseingang sowie die Ergebnisse der letzten Architektenumfrage im vierten Quartal 2013. In Deutschland wird sich die Bauindustrie nach aktueller Erwartung aber auch in 2014 zumindest moderat positiv entwickeln. Im Durchschnitt wird für die europäische Bauindustrie mit einem Wachstum von 0,9 % (2013: –3%) gerechnet. Die Stahlnachfrage aus der europäischen Baubranche wird sich daher im Vergleich zu 2013 spürbar erhöhen.
Der Maschinenbau. Drittgrößter Stahlverbraucher ist der Maschinenbau. Hier rechnet der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA), nach einem durchwachsenen Jahr 2013 mit einem Wachstum von 1 %, jetzt für 2014 mit 3 % Zuwachs und damit einer deutlich positiveren Entwicklung in Deutschland. Weltweit erwartet der VDMA sogar ein Umsatzplus für den Maschinenbau von 5 %. Bei diesem Erholungsprozess spielten gerade die klassischen Industrieländer eine wichtige Rolle, während die Entwicklungs- und Schwellenländer, aber auch China, hier nur einen begrenzten Wachstumsbeitrag werden leisten können. Dies resultiert aus den teils massiven strukturellen Problemen bzw. im Fall Chinas aus dem von der neuen politischen Führung bewusst herbeigeführten strukturellen Wandel der Wirtschaft, der eben zunächst auch Wachstumsdynamik kostet.
Auch aus dem Maschinenbau werden sich insgesamt aber merklich positive Effekte auf die Stahlnachfrage ergeben.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Stahlnachfrage insgesamt erhöhen wird. Dieser Nachfragezuwachs betrifft in Europa aber tendenziell eher einfache Baustähle als Stähle, die vorwiegend in der Automotiv-Industrie eingesetzt werden.
Die Kostenseite der Stahlproduzenten. Etwa dreiviertel der Kosten der Stahlproduktion setzen sich aus Rohstoff- und Energiekosten zusammen. Hierzu lässt sich folgende Entwicklung feststellen:
Die Weltmarktpreise für Eisenerz sind in den letzten Monaten – insbesondere aufgrund der hohen chinesischen Nachfrage – zwar gestiegen (Juni 2013: 114 USD/to => Dezember 2013: 139 USD/to), sie befinden sich aber unter den Werten noch Anfang 2013 (150 USD/to) und reichen bei weitem nicht an die Höchstwerte aus 2011 heran, als man bereits bei knapp unter 190 USD/to war. Da China nicht weiter Monat für Monat Rekordmengen importieren wird – wir berichteten in den vergangenen Ausgaben der Beschaffung aktuell – und einige Minen ihre Kapazität zudem erhöhen werden, gehen wir nicht von einer deutlichen weiteren Steigerung aus, sondern eher von konstanten bis sogar leicht fallenden Eisenerzpreisen.
Der IndustrieStrompreis ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. Aufgrund der geplanten Reform der Ökostromförderung und der Unsicherheit, ob und inwieweit deutsche Stahlhersteller auch weiterhin von der EEG-Umlage befreit bleiben, herrscht hier allerdings eine gewisse Skepsis bei den Stahlerzeugern. Im Moment wird die Befreiung auf EU-Ebene dahingehend überprüft, ob es sich bei diesen „Rabatten“ um unerlaubte Subventionen handelt. ThyssenKrupp beispielsweise würde nach eigener Aussage jährlich mit ca. 300 Millionen Euro zusätzlich belastet, sollten diese Zusagen gekippt werden. Da ein Teil aber durch die grundsätzliche Preisreduzierung kompensiert wird und der Ausgang des Beihilfeverfahrens der Europäischen Kommission gegen Deutschland ohnehin noch unklar ist, gehen wir vorerst von keinem nennenswerten negativen Einfluss der Strompreise auf die Kostenstruktur der Stahlkocher aus. Im Gegenteil: Falls deutsche Unternehmen weiter von der Befreiung profitieren, wird sich eher eine weitere Entlastung ergeben.
Die Entwicklung der Gaspreise wird für 2014 ebenfalls eher rückläufig eingeschätzt (siehe auch eex.de). So haben in den letzten Monaten mehrere europäische Gaskunden neue Verträge mit Gazprom zu deutlich verbesserten Konditionen abgeschlossen.
Für die Stahlindustrie ist in 2014 daher insgesamt von allenfalls konstanten Kostenbelastungen, eher jedoch noch von einer geringfügigen Kostenentlastung auszugehen.
Die Stahlpreisentwicklung. Nachdem es in den letzten eineinhalb Jahren bereits häufig, allerdings vorschnell angekündigt wurde, dürften wir im Sommer 2013 jetzt wohl tatsächlich den Tiefpunkt der Stahlpreisentwicklung erreicht haben. Der Rückgang wurde nicht nur gestoppt, vielmehr geht es seitdem sogar wieder leicht bergauf. Die Ursachen sind einerseits zyklisch und resultieren aus Lagerfüllung, andererseits aber auch aus den eingangs genannten positiven konjunkturellen Entwicklungen in den Schlüsselbranchen. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage ist auch die Auslastung der Stahlproduzenten nicht mehr ganz so schlecht wie teilweise noch vor einigen Monaten. Insbesondere deutsche Hersteller produzieren wieder mit deutlich über 80 % ihrer Kapazität. Trotz der häufig diskutierten Überkapazitäten wurden in Europa in 2013 nur ca. sieben von einer Gesamtkapazität von 240 Millionen Tonnen stillgelegt. Obwohl die Nachfrage gestiegen ist, befinden sich also immer noch Überkapazitäten im Markt.
Nach unserer Prognose ergeben sich nach alledem in 2014 für Massenstähle konstante Preise, die lediglich kleineren zyklischen Schwankungen unterliegen dürften. Das Nachfragewachstum ist (noch) nicht so stark, dass dadurch die immer noch vorhandenen Überkapazitäten kompensiert würden. Aufgrund der in Deutschland deutlich höheren Auslastung im Vergleich zu anderen europäischen Werken, kann es sich für Einkäufer lohnen, einen Blick auch in andere Länder zu werfen. Für hochwertige Stähle, bei denen es weniger Alternativen im Ausland gibt, erwarten wir moderate Preisanstiege.
Quellen:
  • absatzwirtschaft.de
  • automobil-produktion.de
  • newsroom.sparkasse.at
  • stahl-kompakt.de (aktuelle Stahlpreisentwicklungen)
  • vdma.org
  • Unsere Webinar-Empfehlung
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