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Windstrom preiswerter machen

Nordex
Windstrom preiswerter machen

Windstrom steht unter Druck. Die Preise geben nach, die Konkurrenz der Hersteller von Windturbinen ist groß. Um seine Anlagen zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten zu können, setzt Nordex auf eine enge Kooperation mit den Lieferanten.

Nur in enger Kooperation mit unseren Partnern können wir den aktuellen Herausforderungen an unsere Industrie gerecht werden“, so bringt Dr. Jürgen Zeschky seine Botschaft auf den Punkt. Mit diesen Worten richtet sich der CEO des Windenergieanlagenbauers Nordex SE, Hamburg, an seine Lieferanten, die zum internationalen „Supplier Day“ des Unternehmens gekommen sind. In den vergangenen drei Jahren musste die Windindustrie einen Preisverfall von durchschnittlich 30 Prozent verkraften. Gleichzeitig sind die technischen Anforderungen an die Turbinen in punkto Funktionalität und Verfügbarkeit weiter gestiegen. Zeschky: „Den Preisdruck unserer Kunden können wir heute nicht mehr nur einfach an unsere Lieferanten weitergeben. Hier sind intelligente Lösungen gefragt.“

Als wesentlichen Hebel zur Stärkung der Ertragskraft strebt Nordex die Senkung der Materialkostenquote an. Diese liegt aktuell bei 78 Prozent und soll schrittweise auf 75 Prozent fallen, das entspricht einem hohen zweistelligen Millionenbetrag. Nordex verfolgt ein Geschäftsmodell, das mit dem im Automobilbau vergleichbar ist. Konkret bedeutet das: „Wir können nicht in allen Aspekten der beste Hersteller sein, aber wir können eine starke Partnerschaft mit den Lieferanten bilden, die in ihrem jeweiligen Geschäftsfeld führend sind“, so Lars Rytter Kristensen, CPO des Windturbinenherstellers. Die Eigenfertigung von Komponenten erfolgt deshalb vorrangig im Bereich der Kerntechnologien, durch die sich Nordex vom Wettbewerb differenziert. Das sind zum Beispiel die Rotorblätter und die Regelungstechnik.
Als unmittelbare Reaktion auf den wachsenden Preisdruck ist der Hersteller im Jahr 2010 in die Neuverhandlung von Beschaffungsverträgen eingestiegen. Gleichzeitig startete das Unternehmen sein strategisches Projekt „Global Sourcing“. Zwar erfolgt die Beschaffung für die Montagewerke, die der Hersteller in den Regionen Europa, USA und in China betreibt, schon seit längerer Zeit möglichst „vor Ort“ beziehungsweise regional. Aber erst seit einigen Jahren exportiert Nordex auch einzelne Komponenten aus sogenannten „Low Cost Countries“ nach Europa und Amerika. Dies bezog sich zunächst auf technisch weniger anspruchsvolle Elemente wie etwa Gussteile und Rotorwellen. Aktuell bereiten der Nordex-Einkauf und das Engineering die Erweiterung des Exportumfangs auf technisch komplexere Komponenten vor. Dafür wurde ein eigenes Einkaufsteam „China Sourcing“ in Peking etabliert, das zusammen mit dem Central Engineering an der Qualifizierung von chinesischen Partnern arbeitet.
Chinesische Partner. Beispielhaft hierfür ist die Partnerschaft mit dem chinesischen Getriebehersteller NGC, der bereits seit 2007 die Nordex-Produktion in China versorgt. NGC ist einer der weltweit größten Windgetriebehersteller und produziert seine Systeme in einer hochmodernen Fertigungsumgebung, die mit westlichen Maßstäben vergleichbar ist. Insbesondere aufgrund von Skalenerträgen und weiteren Standortvorteilen sind die Preiseffekte erheblich. Rytter Kristensen: „Nach intensiven Qualitätstests haben wir NGC auch für unsere Großturbinen qualifiziert, die wir in Europa und Amerika absetzen. Die abschließenden Feldtests in Deutschland sind noch im vollen Lauf“. Nach Abzug von Transportkosten und Währungskurseffekten erwartet Nordex aus diesem Projekt einen Preisvorteil im zweistelligen Prozentbereich. Das hat besondere Bedeutung, weil das Getriebe eine der Kernkomponenten der Windenergieanlage ist – ihr Wertanteil an den Gesamtkosten der Anlage beträgt rund 13 Prozent.
An diesem Beispiel wird auch deutlich, dass es Nordex nicht nur um marktgerechte Preise geht. „Unsere Zielkoordinaten sind natürlich faire Preise aber ebenso die Einhaltung unserer Qualitätsstandards und eine hohe Lieferzuverlässigkeit. Zudem wird es immer entscheidender, dass unsere Lieferanten innovative Lösungen entwickeln, die am Ende einen positiven Effekt auf den Preis haben können“, erläutert der Nordex-Einkaufschef Rytter Kristensen. So hat der Windturbinenhersteller den Ruf, sehr robuste Anlagen zu bauen. Gleichzeitig sind insbesondere die Türme solide und damit für einige Einsatzgebiete zu schwer konstruiert.
Bezahlbare Technik. „Sicherheitsreserven sind wichtig, sie müssen aber im angemessenen Verhältnis zu den zu erwartenden Belastungen stehen“, ergänzt Zeschky. Damit spielt er auf die Gesamtkostenbetrachtung an, auf die der Einkauf und das Engineering im Rahmen der neuen Unternehmensstrategie ausgerichtet worden sind. Zeschky weiter: „Ich halte viel von Technik, die begeistert. Unsere Produkte müssen aber auch bezahlbar sein. Und das ist unser Ziel. Wir wollen Windstrom preiswerter machen“. Der promovierte Maschinenbauingenieur sieht keinen grundsätzlichen Zielkonflikt zwischen anspruchsvoller und preiswerter Technologie. Wichtig sei aber, dass ein Unternehmen über eine umfassende technische Kompetenz verfügt. Genau hier kommt die intelligente Kooperation mit den Lieferanten wieder ins Spiel. Zeschky: „Bislang haben unsere Partner streng auf Basis der von Nordex vorgegebenen Spezifikationen gearbeitet und neue Komponenten entwickelt. In Zukunft wollen wir unsere Kernlieferanten viel stärker in die Entwicklung einbeziehen. So können wir sehr viel mehr Wissen in den Prozess einbringen“.
Ein gutes Beispiel hierfür ist das neu entwickelte Rotorblatt „NR58.5“. Hier hat Nordex eng mit einem Tochterunternehmen von SGL Carbon kooperiert. Die Aufgabenstellung war, ein gegenüber dem Vorgängermodell deutlich längeres aber nicht gleichzeitig schwereres Rotorblatt zu konstruieren. Durch den Einsatz von Karbon an besonders belasteten Strukturelementen wurde das Ziel erreicht. Dabei waren die Erfahrungen von SGL mit dem Leichtbauwerkstoff Karbon von Vorteil.
Dieser Fall zeigt auch ein weiteres zentrales Thema in der Beschaffung auf. Rytter Kristensen: „Zur Absicherung der Lieferzuverlässigkeit und um eine faire Preisgestaltung möglich zu machen, verfolgen wir bei allen Kernkomponenten eine Mehrlieferantenstrategie. Bei neuen Produkten bedeutet das im Nachgang zur Entwicklungsphase oft die Qualifikation von Zweitlieferanten. Oder aber die Grundsatzfrage nach Make or Buy“. So auch beim Rotorblatt NR58.5, das Nordex im Jahr 2013 ebenfalls inhouse fertigen wird.
„Unser Ziel ist klar: Insbesondere durch diese Maßnahmen im Einkauf und im Engineering werden wir unsere Produktkosten bis zum Jahr 2015 nochmals um rund 15 Prozent senken. Zentral ist dabei, das geschieht nicht auf dem Rücken unserer Lieferanten, sondern in enger Kooperation mit ihnen“, so Nordex-CEO Jürgen Zeschky. dz
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