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Intralogistik: Stefan Lampa, Proglove, im Interview

Stefan Lampa, CEO, Proglove
„Die Mitarbeiter spüren wesentliche Verbesserungen in ihren Abläufen“

In der Industrie steht die Datenerfassung über Barcodes an der Tagesordnung. Allerdings bringen Pistolenscanner neben unnötigen Greifzeiten oft auch ergonomische Probleme mit sich. Proglove integriert den Barcodescanner deshalb direkt in den Arbeitshandschuh. Stefan Lampa leitet das Unternehmen und spricht im Interview über das Produkt, die entstehenden Daten und die Vorteile für die Mitarbeitenden.

Das Interview führte Yannick Schwab, Beschaffung aktuell.

Beschaffung aktuell: Herr Lampa, Sie sind seit März als CEO bei Proglove. Wie liefen die ersten Monate und wo setzen Sie Ihren Schwerpunkt?

Stefan Lampa: Die ersten Monate waren großartig, ich habe viel von unserem Team und vor allem von unseren Kunden gelernt. Wir haben eine ganze Reihe von Neukunden, die gerade beginnen, die Proglove-Technologie zu nutzen. Was mich besonders begeistert ist, dass sie dabei nicht nur von Produktivitätssteigerungen profitieren. Unser Angebot hilft ihnen auch dabei, eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung zu schaffen. Der Einsatz von Wearable Scannern reduziert nachweislich das Verletzungsrisiko durch sich wiederholende Bewegungen. Mein persönlicher Schwerpunkt liegt darauf, unsere neu formulierte Strategie umzusetzen. Diese ist auf weitere Innovationen, eine engere Zusammenarbeit mit unseren Kunden sowie den Aufbau eines Ökosystems von Technologiepartnern, u. a. Robotikunternehmen, ausgerichtet, um einen noch stärkeren Wachstumsmotor aufzubauen.

Können Sie Ihr Kernprodukt einmal beschreiben?

Wir stehen für Wearable-Scanner-Lösungen, die das Zusammenspiel von Mensch und Technologie perfektionieren. Während man herkömmliche Pistolenscanner für jeden Scanvorgang in die Hand nehmen und wieder ablegen muss, werden unsere Scanlösungen mit einer Manschette direkt am Handgelenk getragen. Das spart bei jedem Scanvorgang Sekunden, die sich über den Tag und alle Scanvorgänge hinweg zu einer Zeitersparnis von mehreren Stunden aufsummieren können. Die Handschuhe sind leicht und passen sich den Händen und dem Arbeitsablauf der Anwender an. Diese werden weniger belastet und können ihre Arbeit schneller und genauer erledigen.

Bei Proglove gilt „Human First“ – für uns steht der Arbeiter im Warehouse im Mittelpunkt; unsere Aufgabe ist es, ihn oder sie dabei zu unterstützen, ihre Arbeit effizienter, ergonomischer und angenehmer zu gestalten. Mit unseren Produkten wollen wir die Produktivität von Lagern und Produktionslinien erhöhen, die Arbeitsbedingungen verbessern und Scanvorgänge deutlich beschleunigen. Darüber hinaus profitieren Unternehmen vor allem auch von der Produktions-, Prozess- und Gerätedaten, die unsere Scanner bereitstellen.

Unser Angebot geht aber über Scanner hinaus und bezieht weitere Robotik-Lösungen mit ein. Die leistungsstarke Kombination aus Soft- und Hardware ermöglicht damit signifikante Optimierungen und reduziert Fehler.

Welche Features bieten ihre Handschuhscanner?

Zum einen haben wir es geschafft, Ergonomie und Effizienz zu verbinden und so eine attraktive Lösung für den Lagermitarbeiter und den Prozessverantwortlichen gleichermaßen zu schaffen. Die Manschetten mit den Scannern werden gerne getragen, weil sie leicht und klein sind. Zum anderen sind die Handschuhscanner weit mehr als klassische Scanner. Mithilfe von Sensorik generieren sie Prozessdaten, die wir für unsere Kunden in umsetzbare Prozesserkenntnisse aufbereiten. Das kann zum Beispiel helfen, unnötige Wege zu erkennen und die Lagerstruktur anzupassen. Zudem können unsere Scanner dem Lagermitarbeiter den optimalen Weg zum gesuchten Produkt oder Regal zeigen. Insgesamt helfen unsere Produkte durch Mikroeffizienzen, Zeit und Mühe zu sparen.

Welche Produkte und Services bieten Sie über die Hardware hinaus an?

Ein zentrales Feld ist unsere korrespondierende Software, die in mehrerlei Hinsicht einen Mehrwert bietet. Erstens ermöglicht sie es, Geräte zu integrieren und so ein vernetztes Lager aufzubauen. Zweitens ist sie essenziell für das Gerätemanagement: Unternehmen können ihre Geräte standortübergreifend verwalten und aus der Ferne überwachen. Und drittens helfen sie dabei, Prozesswissen aufzubauen und daraus wichtige Erkenntnisse zu ziehen.

Unsere Data Engine erkennt, analysiert und verarbeitet kontextbezogene Informationen und liefert so wertvolle und umsetzbare Erkenntnisse. Darüber hinaus bieten wir auch Services wie Data-Engineering Projekte, in denen unsere Kunden lernen, die Daten und das daraus generierte Wissen optimal einzusetzen.

Welche Daten werden beim Einsatz der Lösungen gesammelt und wofür lassen sich diese nutzen?

Mit unseren Geräten können Kunden eine Reihe relevanter Daten für Gerätemanagement und Prozessoptimierung sammeln. So erschaffen wir zum Beispiel ein digitales Abbild der Lager- oder Produktionsprozesse. Dadurch muss der Nutzer sich nicht durch Excel-Reports quälen, sondern hat die Information in Echtzeit aufbereitet vorliegen.

Daneben gibt es Daten, die den Arbeitsalltag erleichtern: Ist das Gerät am Schichtende wieder in der Ladestation oder muss ich es suchen gehen? Wie ist der Akkustand? Welche Geräte werden wie intensiv genutzt? Wie groß ist der Bewegungsaufwand? In welcher Abfolge und Zeit werden Arbeitsschritte fertig gestellt? Dabei können Arbeitsstationen standortübergreifend miteinander verglichen werden, um Best-Practices zu erkennen und diese firmenweit auszurollen.

Ein dritter zentraler Anwendungsbereich ist die Fehlervermeidung. Das System weiß, welche Barcodes zu welchem Prozessschritt gehören, und kann optimierte Gerätekonfigurationen vorschlagen. Dadurch können die Mitarbeiter besser durch den Prozess geleitet werden und machen weniger Fehler. Auch systematische Fehler, die das Warenwirtschaftssystem übersieht, können kontinuierlich identifiziert und behoben werden, weil die Software wie eine durchgängige Zeitstudie ist, die alle Arbeitsschritte erfasst und analysiert.

Welche Vorteile entstehen für die Mitarbeitenden und wie ist die Akzeptanz solcher Wearables?

Wir konnten bei zahlreichen Kundenbefragungen feststellen, dass die Mitarbeiterzufriedenheit nach Einführung unserer Scanner deutlich steigt. Dies lässt sich vor allem auf die bessere Ergonomie unserer Produkte zurückführen. So berichten uns unsere Kunden, dass die Mitarbeiter wesentliche Verbesserungen in ihren Arbeitsabläufen spüren und es auch zu weniger Verletzungen und krankheitsbedingten Ausfällen kommt. Dazu haben wir auch eine Studie mit dem Fraunhofer-Institut durchgeführt, die im September veröffentlicht wird.

Die Manschetten sind klein, leicht und ergonomisch geformt, was das Verletzungsrisiko reduziert. Anwender können die Scanner eher nicht versehentlich verlegen oder vergessen, und die Handhabung ist sehr einfach: Es muss lediglich ein Auslöseknopf am Zeigefinger betätigt werden, der wie ein Kugelschreiber funktioniert. Zudem helfen ihnen die Scanner dabei, selbstständig und mobil zu arbeiten. Dazu trägt beispielsweise eine Funktion bei, die dem Anwender in Echtzeit Rückmeldung gibt: Wo muss ich als nächstes hin? War mein letzter Scan fehlerhaft? Welche Wege habe ich zurückgelegt? Das alles erlaubt es den Mitarbeitern, im Zweifel eigene Fehler selbst zu erkennen und zu beheben.

Sie zählen global Player wie BMW, VW, DHL und Bosch zu Ihren Kunden. Warum setzen diese Unternehmen auf Ihre Lösung?

Gerade globale Unternehmen haben einen hohen logistischen Aufwand und verfügen international über eine Vielzahl an Distributionslagern oder Produktionslinien – und das bedeutet zugleich eine hohe Anzahl von Scanvorgängen. Dadurch, dass unsere Scanner direkt an der Hand getragen werden, erreichen die Lagermitarbeiter eine Zeitersparnis von bis zu sechs Sekunden pro Scan – je mehr Scanvorgänge am Tag, desto mehr lohnt sich das.

Unsere Produkte sind außerdem flexibel einsatzbar und für unterschiedliche Szenarien geeignet. So bieten wir eine flexible Scanreichweite bis zu 6 Metern, auch vom Gabelstapler aus kann so problemlos gescannt werden. Dabei sind unsere Produkte leicht mit anderen Technologien wie Sprachsteuerung oder Cobots integrierbar.

Und nicht zuletzt schätzen unsere Kunden die sehr enge Zusammenarbeit vor Ort. Wir sind kontinuierlich über Umsetzung weiterer Verbesserungspotentiale und zusätzlicher Features im Gespräch.

Welche Branchen und Unternehmensgrößen adressieren Sie grundsätzlich mit Proglove?

Unsere Lösungen richten sich an alle Unternehmensgrößen. Besonders hoch sind die Produktivitätsgewinne aber natürlich bei Prozessen mit einem hohen Scanvolumen. Fokusbranchen sind für uns daher Automobil, Manufacturing, Einzelhandel, die Konsumgüterindustrie, Logistik und die rezeptfreie Arzneimittelindustrie (OTC).

Wie funktioniert die Integration der Scanner?

Wir sind systemagnostisch und bieten verschiedene Schnittstellen für Android, Windows beziehungsweise Linux und iOS an, damit der Kunde unsere Lösungen möglichst schnell und unkompliziert nutzen kann. Im einfachsten Fall funktioniert die Integration über Plug-and-play: Unsere App wird installiert beziehungsweise unser Gateway per USB an das Terminal angeschlossen, der Scanner wird durchs Abscannen eines QR-Codes mit dem Computer oder Smart Device verbunden, und schon kann es losgehen.

Wann rechnet sich ein Umstieg auf die Proglove-Lösung?

Je wichtiger es ist, die Prozessqualität sicherzustellen, desto schneller rechnet sich Proglove. Das kann schon innerhalb von sechs Wochen passieren, bei den meisten Kunden amortisiert sich die Lösung aber in unter einem Jahr.

Sie möchten das europäische Wachstum verdoppeln, haben Sie dem Handelsblatt gesagt. Wie nahe sind Sie diesem Ziel und wie steht Proglove aktuell da?

Wir sind im letzten Jahr global um ca. 40 Prozent gewachsen und wollen in diesem Jahr um weitere 45 Prozent wachsen. Wir gehen daher davon aus, dass wir bis Ende des Jahres unser Wachstum im Vergleich zu den letzten zwei Jahren in der Tat verdoppelt haben werden. Das haben wir vor allem auch dem Wachstum im Enterprise-Bereich zu verdanken. Neben zahlreichen neuen Kunden konnten wir unser Bestandskundengeschäft deutlich ausbauen, was auch die Zufriedenheit unserer Kunden widerspiegelt.

Nächstes Jahr wird Proglove 10 Jahre alt. Was steht für 2024 auf dem Plan?

Der Nutzer bleibt im Mittelpunkt all unserer Produktneuentwicklungen. Daher arbeiten wir gezielt an Lösungen, die das Arbeiten für Lageristen weiterhin vereinfachen. Das heißt konkret, dass wir den Einsatz von Arbeitsgeräten noch mehr konsolidieren und Potenzial für mehr Produktivität schaffen wollen. Außerdem bauen wir die Softwarefunktionalitäten für unsere Scanner aus, um die Daten aus dem Lager einfacher zugänglich zu machen und die Erkenntnisse zur Prozessoptimierung noch besser nutzen zu können. Darüber hinaus hoffen wir, das Wachstum in unseren Fokusmärkten weiter vorantreiben zu können. Gerade bei Handelsunternehmen sehen wir hier noch großes Potenzial und eine verstärkte Nachfrage.

Und nicht zuletzt steht ein weiterer wichtiger Punkt auf der Agenda: Feiern! Unser Erfolg ist keineswegs selbstverständlich. Wir haben uns in einem traditionellen Markt von einem kleinen Start-up zu einem der innovativsten Unternehmen im Bereich des Barcode Scanning entwickelt – und das haben wir jedem einzelnen Mitarbeiter zu verdanken.

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