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„Humor in der Politik? Tendenziell unfreiwillig!“

BME-Region Köln
„Humor in der Politik? Tendenziell unfreiwillig!“

„Humor in der Politik? Tendenziell unfreiwillig!“
Wolfgang Bosbach im Gespräch mit Moderator Berthold Schäfer, Vorstandsmitglied der BME-Region Köln. Bild: Tobias Anslinger, BME

Der CDU-Politiker und ehemalige Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach eröffnete das Veranstaltungsjahr in der BME-Region Köln. Seine geistige Zeitreise durch Deutschland und Europa war kurzweilig und sorgte bei den Gästen immer wieder für den einen oder anderen Lacher.

Es waren nicht nur politische Inhalte, die Wolfgang Bosbach, von 1994 bis 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages, den gut 60 Gästen in einem Kölner Innenstadthotel zum Feierabend vortrug. Auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Themen sparte der 67-jährige Jurist in seinem Referat nicht aus, das stellenweise äußerst humorvoll daherkam.

Und das, obwohl Humor nach Bosbachs Erfahrungen in der Politik gar nicht Usus sei: „Wenn sie in der Politik Humor erleben, gehen Sie davon aus, dass er unfreiwillig ist“, so der CDU-Politiker.

„Fröhlichkeit ist keine Kernkompetenz von uns Deutschen“, sagte der Rheinländer, der mehr Optimismus in der Öffentlichkeit anmahnte. „Während wir uns im Inland kritisch sehen, finden andere uns toll.“ Gerade das anstehende Jubiläum zu 30 Jahren Wiedervereinigung könne genutzt werden, um auf die Erfolge dieser Zeit zurückzublicken. „Es ist nicht alles so schlecht, wie wir oft meinen.“

Bosbach: „Können Sie die Trainer des HSV aufzählen?“

Von vielen eher als lähmend empfunden, betrachtet Bosbach vor allem die politische Stabilität der Bundesrepublik als Stärke. Während Regierungen in andere Staaten Europas reihenweise scheitern oder manche Länder oft monatelang gar keine Regierung haben (Belgien etwa anderthalb Jahre lang, Bosbach: „In dieser Zeit hatte das Land das höchste Wirtschaftswachstum – da sollte man sich als Politiker vielleicht auch Gedanken machen!“), seien die politischen Verhältnisse hierzulande seit Jahrzehnten stabil. „Drei Regierungschefs in den vergangenen 35 Jahren – können Sie auch alle Regierungschefs Italiens oder die Trainer des HSV in dieser Zeit aufzählen?“, fragte er mit einem Augenzwinkern.

Den schleichenden Niedergang der Volksparteien verfolge er mit Sorge, denn politische Mehrheiten und somit Entscheidungen würden immer schwieriger. „Politik ist nicht Mathematik. Die Meinungsbildung ist mit sechs Fraktionen schwieriger als mit vier.“ Dass die beiden ehemaligen Volksparteien Wähler verlieren, sei ihm zufolge aber keineswegs ein Ausdruck der Politikverdrossenheit: „Wir haben eine Parteien- und Politikerverdrossenheit, aber keine Politikverdrossenheit.“

Bosbach warnt vor „Marginalisierung der EU-Mitgliedstaaten“

Mit Blick auf den Wirtschaftsstandort Deutschland lautete die eher subtile Botschaft: mehr Mut und Selbstbewusstsein. „In den alten Industrien sind wir Weltklasse. Auch für neue, digitale Entwicklungen haben wir das Potenzial, aber andere schöpfen es besser aus.“

Hoffnungen setze er trotz nationalistischer Tendenzen auch in Zukunft auf die EU, in der er sich mehr Geschlossenheit wünsche. „Das Prinzip der Einstimmigkeit hat ein hohes Erpressungspotenzial. Was wir brauchen, sind Einigkeit und einheitliches Vorgehen in bestimmten, definierten Bereichen und Themen, aber keine Vereinigten Staaten von Europa.“

Eine Zerbröselung der EU würde zu einer „weltpolitischen Marginalisierung“ aller Mitgliedsstaaten führen. Die wirtschaftliche Stärke gerade Deutschlands basiere auf dem Prinzip der frei zugänglichen Märkte.

Brexit: Bosbach rechnet mit zähen Verhandlungen

Den bevorstehenden Brexit betrachte er mit Skepsis. „Nach drei Jahren intensiver Forschung haben die Briten festgestellt, dass sie eine Grenze zu Irland haben“, bezog sich Bosbach ironisch auf die langwierigen Diskussionen rund um den „Backstop“. Er gehe davon aus, dass sich die Zollverhandlungen zwischen – dem dann Drittstaat – Großbritannien und der EU über Jahre hinziehen werden.

„Die EU kann kein Interesse haben, die Briten besserzustellen. Es muss einen Unterschied machen, ob man EU-Mitgliedstaat ist oder nicht.“ Anderen EU-Staaten, die möglicherweise ähnliche Austrittsüberlegungen hegen, sei „die Lust am Austritt vorerst vergangen.“

Weitere Infos:

tobias.anslinger@bme.de

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