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Nutzfahrzeugmiete

Nutzfahrzeuge Miete
Flexibel durch Nutzfahrzeugmiete

In Krisenzeiten ist es sinnvoll, den Fuhrpark dem aktuellen Bedarf anzupassen. Mögliche Modelle sind Kurz- und Langzeitmiete, Leasing oder Kauf. Die Europäische Union vereinfacht die Anmietmöglichkeiten für Lkw und gleicht die Regeln in den Mitgliedstaaten an.

An der Nachricht aus Brüssel war vor allem eines verwunderlich: dass es in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) noch unterschiedliche Bedingungen für die Anmietung von Lkw gab. Tatsächlich durften in einigen Ländern die dort ansässigen Transportunternehmen nur Mietfahrzeuge nutzen, die auch im Land selbst zugelassen waren. Diese Unterschiede, enthalten in einer Richtlinie aus dem Jahr 2006, werden nun größtenteils beseitigt. Erst unter dem Eindruck der Corona-Pandemie kam es zu einer Einigung der europäischen Verkehrsminister, nach über vier Jahren des Verhandelns.

Einheitliche Regeln

Alle Mitgliedstaaten müssen es ihren eigenen Transportunternehmen künftig gestatten, für zumindest zwei Monate im Jahr Lkw einzusetzen, die sie in anderen Mitgliedstaaten gemietet oder geleast haben. Einige Länder dürfen weiterhin vorschreiben, dass die Fahrzeuge nach 30 Tagen Nutzung bei den inländischen Stellen zugelassen werden müssen. Und es steht allen Mitgliedstaaten frei zu verlangen, dass die Unternehmen ihren Behörden den Einsatz der Mietfahrzeuge melden, um sicherzustellen, dass diese nicht mehr als 25 Prozent der zur Verfügung stehenden Flotte ausmachen. Trotz dieser Einschränkungen bringt die Neuregelung ein deutliches Mehr an Flexibilität in der aktuellen Krisenzeit. Und Verlader könnten durch sinkende Transportkosten indirekt von der Marktöffnung Nutzen ziehen.

Bedarfsgerechter Einsatz

Von einer größtmöglichen Anpassungsfähigkeit der Flotte profitieren sowohl Krisengewinner als auch -verlierer: Für die Branchen, die während der Corona-Pandemie kräftig boomten (etwa Retail oder E-Commerce), ist es wettbewerbsentscheidend, den eigenen Fuhrpark an Flurförderzeugen kurzfristig aufstocken und alle Kundennachfragen erfüllen zu können. Für die Wirtschaftszweige, die große Flauten erleben (etwa Industrie und Gastgewerbe), ist es von Vorteil, wenn benötigtes Kapital nicht in stillstehenden Nutzfahrzeugen gebunden ist. „Die neue Vereinbarung ermöglicht es den Unternehmen, zusätzliche Lkw zu mieten, anstatt sie zu kaufen, um den saisonalen Bedarf zu decken“, nennt Cláudia Monteiro de Aguivar, Berichterstatterin des Europäischen Parlaments, als weiteren Vorteil. Die von Parlament und Rat erzielte Einigung werde zudem einen Beitrag zu den Klimazielen der EU leisten, da gemietete Fahrzeuge in der Regel neuer, sicherer und umweltfreundlicher seien als der Flottendurchschnitt, so die Politikerin.

Kurzfristmiete boomt

In der Krise gut aufgestellt ist, wer auf Mietfahrzeuge zurückgreifen kann. Insbesondere die klassische Kurzfristmiete erlaubt es, schnell über Fahrzeuge aus dem Bestand des Verleihers zu verfügen. Bei vollem Service ist man mit einer Laufzeit bis zu zwölf Monaten gut ausgestattet, um Spitzen abzufangen; aber auch eine Langzeitmiete für bis zu 24 Monate ist möglich. Wartungs- und Gemeinkosten belasten nicht das Fuhrparkbudget, das freie Kapital kann ins Core-Business fließen. Der aufgewandte Mietzins ist in der Regel steuerlich abzusetzen und im Schadensfall gibt es ein Ersatzfahrzeug.

„Während der ersten Corona-Welle kam erstmals ein erhöhter Bedarf an Kurzfristmietverträgen auf“, bestätigt Niklas Wilkowski, der den Bereich Short Term Rental beim Flurförderzeughersteller Jungheinrich leitet. „Mittlerweile ist die Nachfrage nach Mietgeräten flächig noch mal deutlich angestiegen, insbesondere aufgrund der Lieferengpässe und des Weihnachtsgeschäfts ist der Bedarf gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht“, so Wilkowski. Die – durchaus bestehenden – Möglichkeiten, Flexibilität innerhalb längerfristiger Verträge zu nutzen, seien von den Kunden allerdings weniger als erwartet in Anspruch genommen worden.

Leasing im Vergleich

Nutzfahrzeuge zu leasen, ist aus gutem Grund beliebt. Wer ganz spezielle Ausstattungswünsche hat, der kann mit einem Leasingvertrag zumeist neu ab Werk produzierte Fahrzeuge bekommen, bindet sich aber länger als zwölf Monate und haftet meist für Beschädigungen. Dafür kann der Flottenbetreiber den Servicegrad in der Regel variabel gestalten. Im Regelfall verbleibt das Leasing-Objekt im Eigentum – und damit auch in der Bilanz – der Leasinggesellschaft und schont die Liquidität des Nutzers. „Der Kundenfokus liegt beim Leasing auf Planbarkeit gegenüber Flexibilität bei der Kurzfristmiete“, weiß Jungheinrich-Mann Wilkowski.

Ein großer Vorteil gegenüber dem Kauf: Die geleasten Fahrzeuge befinden sich immer auf dem neusten Stand der Technik – Leasing hält den Fuhrpark jung. Dagegen steht schon in Artikel 14 des Grundgesetzes: „Eigentum verpflichtet“. Steuern, Wartung, Versicherung und Schäden rund um Lkw, Gabelstapler oder Transporter müssen vom Eigentümer getragen werden. Er kann dafür das Fahrzeug steuerlich abschreiben.

Ein Sonderfall ist das Modell „Sale & Lease back“. Hier kauft die Leasinggesellschaft dem Flottenbetreiber das Fahrzeug ab und vermietet es ihm sogleich wieder. Der Leasinggeber wird Eigentümer und aktiviert das Asset in seiner Bilanz, tatsächlich verbleibt es jedoch beim Unternehmen und kann dort unverändert eingesetzt werden. Statt Zinsen und Tilgung für eine Finanzierung zahlt der Flottenbetreiber Raten fürs Leasing. Vorteile: Die Bilanz wird nicht belastet, die Raten lassen sich zumeist steuerlich geltend machen, Kapital wird frei. Das Modell vereint die Vorteile von Miete und Leasing und ist insbesondere im Mittelstand beliebt.

Die aktuelle Initiative des Europäischen Parlaments bedeutet zwar eine Lockerung, aber keine vollständige Abschaffung bestehender Beschränkungen des Miet-Lkw-Marktes. Gegen eine vollständige Marktöffnung sprachen sich etliche Länder aus, die Ausfälle bei der Kfz-Steuer befürchteten sowie ein mögliches Unterlaufen der Kabotage-Regeln. In der Tat muss die durch das EU-Mobilitätspaket neu eingeführte Verpflichtung für Lkw, im internationalen Verkehr spätestens alle acht Wochen zur Firmenniederlassung zurückzukehren, in Einklang mit der aktuellen Lockerung beim Anmieten gebracht werden. Das systematische Austauschen der Fahrzeuge gilt es zu verhindern.

Bedenken bei Lockerungen

Wettbewerbsverzerrungen fürchtet man in Deutschland nicht. „Es sind keine wettbewerblichen Nachteile für deutsche Transportunternehmen zu erwarten, da die Kennzeichen der angemieteten Fahrzeuge über das elektronische Register ERRU den Mietern zugeordnet werden können“, teilt der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik dazu mit. Das ERRU (European Register of Road Transport Undertakings) ermöglicht einen europaweiten Datenaustausch bei Verstößen einzelner Transportunternehmen in den Mitgliedstaaten. Das System gibt Verfehlungen an die jeweiligen nationalen Register weiter.

Klar ist allerdings auch: Zukünftig dürfen im Ausland angemietete Lkw für zwei Monate in Deutschland eingesetzt werden, ohne dass sie die deutschen Vorschriften zur Zulassung, zur Kfz-Steuer, zur regelmäßigen Wartung sowie zur Pflichtversicherung einhalten müssen. Wird die Reform endgültig beschlossen, muss die neue Richtlinie innerhalb von 14 Monaten in nationales Recht umgesetzt werden.


Die Autorin: Anja Falkenstein,

Rechtsanwältin, Karlsruhe


Serie Einkaufsrecht

RA Anja Falkenstein stellt aktuelle und einkaufsrelevante Rechtsthemen vor.

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