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Ganzheitliches Lieferantenmanagement

Wertschöpfungsmanagement entlang der Supply Chain
Ganzheitliches Lieferantenmanagement

Die Wertschöpfungsketten sind heute komplex, aber sie bieten auch zahlreiche Hebel zur Steigerung der Kosten- sowie der Prozess-effizienz. Mit den richtigen Instrumenten können diese identifiziert und gezielt genutzt werden.

Thomas Dieringer

Noch vor wenigen Monaten dominierten die Erhaltung der Versorgungssicherheit aufgrund der starken Rohstoffnachfrage sowie die daraus resultierenden Preiserhöhungen den Alltag der meisten Einkaufsorganisationen. Heute sehen sich viele Einkäufer mit völlig anderen Herausforderungen konfrontiert: Der Rückgang der beschafften Stückzahlen lässt den Gemeinkostenzuschlag der Lieferanten und damit die Stückkosten in die Höhe schnellen, der Kostendruck im Einkauf steigt. Zugleich ist dieser gefordert, gegebenenfalls auch mit reduziertem Personalstand seine Leistungsfähigkeit zu sichern. Diese Entwicklung rückt drei Kernthemen im strategischen Einkauf in den Fokus:
  • Kosteneffizienz durch TCO-Betrachtung
  • Prozesseffizienz durch Lieferantenintegration
  • Prozesseffizienz durch Workflow-Management
Ganzheitliche Kostenbetrachtung
Die klassische Beschaffungsoptimierung konzentriert sich primär auf das Preis- und Konditionenmanagement. Ein Einkäufer, der die Preisbestandteile seiner Lieferanten kennt, kann bei Änderungen der Stückzahl oder der Rohstoffpreise die Preisentwicklung gut nachvollziehen. Der reine Vergleich der Einstandspreise sowie der Preisnebenbedingungen ist aufgrund des geringen Einsparungspotenzials jedoch nicht zielführend, was zahlreiche Studien belegen.
Werden hingegen die gesamten Faktoren der Abnehmer-Lieferanten-Beziehung, wie etwa Kosten bei der Lieferantenauswahl, manuelle Bearbeitungsaufwände in der Disposition, Koordinations-, Abstimmungs-, Qualitäts- und Nachbearbeitungskosten, Liefertreue etc. in eine strukturierte TCO-Betrachtung (Total Cost of Ownership) miteinbezogen, vervielfacht sich das Einsparungspotenzial.
Moderne Einkaufstools unterstützen den Einkäufer dabei, sämtliche kostenrelevanten Kriterien zu ermitteln und zu bewerten sowie in seine Gesamtanalyse mit einzubeziehen. Damit stellt der Einkauf sicher, dass nicht der „billigste“ Lieferant mit dem niedrigsten Angebotspreis sondern jener mit dem höchsten Nutzenfaktor für das Unternehmen den Auftrag erhält. Die Erfahrung hat gezeigt, dass auch nachgelagerte Auktionen, die diese Bonus/Malus-Systematik berücksichtigen, durchaus großes Kostenreduzierungspotenzial aufweisen.
Die Prozesseffizienz wird unmittelbar von der Lieferantenqualifikation beeinflusst. Je größer der Anteil des Lieferanten an der Wertschöpfung und seine Verflechtung mit dem Abnehmer sind, umso bedeutender wird die Integration der Lieferanten in die eigenen Prozesse für den Einkauf. Lieferverzögerungen, zusätzliche Audits, ein erhöhter Dispositionsaufwand aufgrund mangelnder Liefertreue sowie die fehlende Bereitschaft der Lieferanten, Angebote, Auftragsbestätigungen, Lieferavise und Reklamationen per EDI/WebEDI auszutauschen verursachen hohe Folgekosten.
Ein effektives Lieferantenmanagement setzt daher bereits bei der Registrierung an. Nicht geeignete Lieferanten sind noch vor der Aufnahme ins Lieferantenportfolio eindeutig zu identifizieren. Für die restlichen Lieferanten werden beim Einsatz eines geeigneten Einkaufstools im Zuge der Registrierung die Weichen für alle Folgeprozesse so gestellt, dass Entwicklungspotenziale systematisch realisiert werden können.
Anhand der Materialgruppen, für die sich der Lieferant bei der Registrierung bewirbt, sollte ein materialgruppenspezifisches Lieferantenprofil generiert werden, welches Informationen wie die angebotenen Technologien, Qualitäts- und Sicherheitszertifikate, unterstützte Standards, Logistikdaten uvm. enthält. Hier macht es entsprechend der Materialgruppenstrategie Sinn bereits abzuklären, ob der Lieferant beispielsweise überhaupt bereit ist, Bestellungen, Bedarfe, Anfragen, Reklamationen, Terminpläne etc. elektronisch über ein Online-Portal auszutauschen, um diese Informationen bei Ausschreibungen gleich in die TCO-Betrachtung einfließen zu lassen. Wird später eine elektronische Ausschreibung für die Materialgruppe erstellt, können im Einkaufstool alle dafür freigegebenen bzw. definierten Vorzugslieferanten automatisch übernommen werden, wodurch zeitaufwendige manuelle Zwischenschritte entfallen.
Effiziente interne Abläufe setzen zudem die frühzeitige Einbindung aller prozessrelevanten Abteilungen voraus. Dazu wird in letzter Zeit verstärkt auf den Einsatz eines Workflow-Management-Tools gesetzt. Damit werden nicht nur sämtliche relevanten Informationen entlang der internen Prozesskette gezielt gesteuert, sondern auch systematisch abgearbeitet. Die Automatisierung der Abläufe, Plausibilitätsprüfungen, eventgesteuerte Erinnerungen zur Datenaktualisierung sowie die entsprechenden Freigabe- bzw. Genehmigungsprozesse reduzieren die interne Email-Flut und den manuellen Bearbeitungsaufwand.
Workflows zur Prozesssteuerung
Welches Optimierungspotenzial in einem strukturierten Workflow-Management steckt, zeigt das Beispiel des Bestellanforderungs-Prozesses (BANF) in seinen unterschiedlichen Ausprägungen:
Der BANF- bzw. Anfrageprozess für zeichnungsgebundene Neuteile wird oft von der technischen Entwicklung initiiert. Diese hinterlegt die Spezifikation mit den relevanten CAD-Zeichnungen im System und startet damit den Workflow, der in weiterer Folge von den anderen relevanten Abteilungen mit den Anforderungen hinsichtlich Qualität (z. B. Normen) und Logistik (z. B. Transport- und Verpackungsvorschriften) angereichert wird. Dem Einkäufer stehen als Resultat alle benötigten Informationen zur Erstellung einer Ausschreibung per Mausklick zur Verfügung. Probleme aufgrund einer verspäteten Einbindung des Einkaufs in Entwicklungsprojekte gehören damit ebenfalls der Vergangenheit an.
Beim Einkauf von MRO-Teilen kann durch den Einsatz strukturierter Workflows die Verfügbarkeit von Rahmenverträgen im ERP-System geprüft sowie der Kontierungs-, Genehmigungs- und Informationsworkflow automatisiert abgewickelt werden. Durch Schnittstellen mit einem Sourcing-Tool können nachgelagerte Ausschreibungen und Bestellungen weitgehend automatisiert durchgeführt werden. Beiden Prozessen ist gemein, dass zu jedem Zeitpunkt klar ersichtlich ist, wie lange eine Abteilung für die Abarbeitung eines Workflows durchschnittlich benötigt und wie viele Workflows pro Tag abgearbeitet werden. Die Analyse dieser Informationen dient als Basis, Prozesse neu zu gestalten um diese zukünftig noch effizienter und schneller abzuwickeln. Die damit erreichten kürzeren Durchlaufzeiten sowie die damit verbundenen Kosteneinsparungen stehen derzeit bei fast allen Unternehmen ganz oben auf der Agenda.
Eine Abnehmer-Lieferanten-Beziehung ist heute ein komplexes Geflecht vieler Einzelabläufe. Um signifikante Einsparungspotenziale zu realisieren, reicht die losgelöste Betrachtung einzelner Teilbereiche nicht mehr aus.
Lieferantenportale schaffen geeignete Rahmenbedingungen für beide Seiten, um sowohl die Kosten als auch die Prozesse gemeinsam zu optimieren. Strukturierte Abläufe mit einer hohen Transparenz, einheitliche Kommunikationswege und klare Anforderungs- und Terminvorgaben, gesteuert und kontrolliert durch ein professionelles Einkaufstool, reduzieren die TCO und somit die Gesamtkosten im Unternehmen nachhaltig.

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