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Ideen entwickeln – gegen das Establishment

Ein Plädoyer für mehr Punk im Einkauf
Gegen das Establishment

Rebellion und Nonkonformismus sind Haltungen, die man nicht im Einkauf vermutet, schon gar nicht um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen. Da setzt man im Einkauf gerne auf Bewährtes. Christine Freye und Mahmut Arica von der FOM University of Applied Sciences sind anderer Meinung. Sie fordern einen neuen Typus, der abseits des Mainstreams, neue Lösungen finden kann.

In den 70er Jahre revolutionierte die Punk-Szene nicht nur die Musik, sondern stellte auch ein kühnes Gegengewicht zum etablierten Establishment dar. Mit provokanten Fragen und irritierendem Auftreten forderten sie offen die Normen, Strukturen und Ansichten heraus, um die Gesellschaft aufzuwecken und zu verbessern.

Inmitten von Disruptionen, Digitalisierung und Co. erlebt die Punk-Attitüde ein Comeback. Eine frische Denkweise ist gefragt – offen für die Hinterfragung des Status Quo, für unkonventionelle Lösungen und tatkräftiges Handeln, um die Einkaufsorganisation auf ein neues Level zu heben.

Trotz des drastischen bis radikalen Mentalitätswechsels, fordern wir keine chaotische bis anarchistische Einkaufsorganisation, die von Zwangsneurotikern, Unruhestiftern und Querulanten dominiert wird. Nein, was wir fordern, sind frei- und unabhängig denkende Einkaufspunks, die mit ihrer Anders- und Einzigartigkeit einen revolutionären Wandel im Einkauf auslösen und aktiv gestalten können. Daher unser Plädoyer: Mehr Punks im Einkauf!

Was ein Einkaufspunk nicht ist

Punks werden oft als selbstsüchtige Unruhestifter abgestempelt, die alles und jeden stören wollen. Auch wird unterstellt, dass Punks alles aufmischen und demolieren wollen.

Zwar streben Punks eine gewisse Art von Aufstand und Regelbruch an, jedoch gleicht es eher einer kreativen Zerstörung: So werden offen die „historisch gewachsenen“ bis irrsinnigen („Bullshit“-) Regeln hinterfragt, unliebsame Wahrheiten offen ausgesprochen und unkonventionelle Ideen präsentiert. Mit ihrer unangepassten Art und Weise stellen sich Punks gegen die klassischen und formalen Normen, Einstellungen und Verhaltensweisen. Damit sind Punks bewusst nonkonformistisch, um Dinge anders, neu und besser machen zu können.

Aufgrund dessen sind Einkaufspunks eher als mutige Helden, Pioniere und Vorbilder zu verstehen, die mit ihrer Andersartigkeit innovativere, modernere und passgenauere Lösungen finden wollen.

Merkmale „guter Punks“

Obgleich die Beschreibung eines Punks einer romantischen Charakterisierung gleicht, sind Punks weder positive Zerstörer noch weltverbessernde Freigeister.

Eine vereinfachte und undifferenzierte Darstellung à la „Schwarz-Weiß“ greift zu kurz, um das komplexe Konstrukt des notwendigen und brauchbaren Regelbruchs von Punks beschreiben zu können. Daher sind die Merkmale zu nennen, anhand derer „gute Punks“ von „schlechten Punks“ abgegrenzt und unterschieden werden können.

So kennzeichnen sich „gute Punks“ durch eine optimistische Einstellung, die Möglichkeiten für Verbesserungen erkennt und das Gemeinwohl aller berücksichtigt. Ebenso zeichnen sich gute Punks durch eine leidenschaftliche Arbeitsweise aus, die sich in ihrem Engagement, ihrer Begeisterung für Herausforderungen und ihrem unerbittlichen Gestaltungswillen widerspiegelt.

Im Gegensatz dazu kennzeichnen sich „schlechte Punks“ durch eine eher pessimistischere Einstellung, die zwar Probleme benennen, aber keine konstruktiven Vorschläge zur Lösung dieser Probleme unterbreiten können. Weiter zeichnen sich schlechte Punks durch ihre impulsive bis emotionsgeleitete Arbeits- und Herangehensweise aus, die weder ein Interesse an sachlichen Lösungen zeigt noch an den Erfolg von Veränderungen glaubt.

Wie die Punk-Mentalität aktiv gestaltet werden kann

Mit ihrer rebellischen bis revolutionären Denk- und Arbeitsweise sprengen die Punks im Einkauf die traditionellen Strukturen, Gefüge und Ordnungen. Auch wenn die Punk-Mentalität aus unserer Sicht unerlässlich für den Einkauf der Zukunft ist, kann die Punk-Einstellung nicht einfach „per Knopfdruck“ erzeugt werden. Daher sind folgende Impulse zur Einführung und Etablierung von Einkaufspunks zu beachten:

  • Einkaufspunks brauchen den „Punk-Sprit“: Eigentlich so selbstverständlich wie selbsterklärend, benötigen die Einkaufspunks ihre eigene Inspiration, um mit mutigen und innovativen Ideen, die sich weit abseits des Mainstreams befinden, den Einkauf zu verbessern.
  • Einkaufspunks brauchen Freiraum: Damit Punks den Status Quo hinterfragen können, brauchen Punks einen Freiraum, der offen für Veränderungen, Anpassungen und Ideen ist, ohne ihren Gestaltungswillen zu sanktionieren oder gar zu bestrafen.
  • Einkaufspunks brauchen eine (breitere) eigene Bewegung: Wir sprechen bewusst von der Mehrzahl von Punks, da Punks eine Bewegung benötigen, in der sie sich selbst ermutigen, stärken und fördern können. Gerade die gewünschte Unangepasstheit von Punks, die von der gelernten und gesellschaftlich gewünschten Anpassung abweicht, macht es erforderlich, dass Punks sich selbst erfahren und positive Resonanz erleben können.
  • Einkaufspunks brauchen eine partizipative-kooperative Führung: Einkaufspunks sind zwar auf einer gewissen Art und Weise die gefürchteten Regelbrecher, Querulanten und Unruhstifter, allerdings lehnen sie nicht per-se alles und jeden ab, sondern ausschließlich die hinderlichen Strukturen, die den Wandel, die Modernisierung und Weiterentwicklung des Einkaufs behindern. Daher sind Einkaufspunks gezielt zu ermutigen und zu befähigen, sich lösungsorientiert einzubringen und den Einkauf der Zukunft aktiv mitzugestalten. Aufgrund dessen ist die Führung so zu gestalten, dass sie einladend und offen gegenüber Veränderungen und Ideen ist. Denn es gilt: Punk-Mentalität kann nicht diktiert oder von „oben vorgegeben“ werden – Punk-Mentalität kann nur geschaffen werden, indem das „anders sein“ akzeptiert, toleriert und gefördert wird.

Uns ist bewusst, dass die Einführung, Etablierung und Führung von Einkaufspunks eine zusätzliche Herausforderung darstellen, allerdings können insbesondere diese Kolleginnen und Kollegen dazu beitragen, dass der Einkauf das nächste Level erreicht.

Einkaufspunks als neuer Typus eines Einkaufshelden

Die Krisen der vergangenen Jahre haben uns deutlich gezeigt, dass ein „weiter so“ nicht mehr funktioniert. Daher brauchen wir eine neue Generation von Einkäufern, die selbst eine Agenda für die Zukunft des Einkaufs vorgeben, die andere Wege einschlagen statt nur „auf Nummer sicher“ zu gehen. Wir brauchen Einkaufspunks, die mit ihren innovativen, eigenwilligen bis exzentrischen Ideen eine neue Denk- und Handlungsweise im Einkauf etablieren – jetzt dringender als je zuvor.


Christine Freye

Institut für IT-Management & Digitalisierung der FOM University of Applied Sciences


Prof. Dr. Mahmut Arica

Professur für allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing und Vertrieb an der FOM Hochschule für Ökonomie & Management, Münster

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