Beschaffung aktuell: Wie laufen die Geschäfte in diesen schwierigen Zeiten?
Maximilian Pfeifer: Schwierig trifft es in der Tat gut. Aber für uns bei Gersfelder Metallwaren wollen wir nicht zu sehr meckern. Wir können uns momentan über eine sehr, sehr gute Auslastung und Auftragsbestände freuen, sodass wir bis Ende des Jahres voll ausgebucht sind.
Beschaffung aktuell: Wie stark sind Sie denn aktuell von den Lieferkettenproblemen betroffen?
Pfeifer: An der einen oder anderen Stelle knirscht es, aber im Grunde genommen muss man auf der Stahl- und Edelstahlseite, wenn es jetzt keine richtigen Exoten sind, sagen, dass die Versorgungslage stabil ist. Von unseren Maschinenlieferanten und anderen Firmen hören wir, dass dort die Lage im Halbleiterbereich natürlich viel angespannter ist als bei uns. Wir bekommen das dann eher durch unsere Kunden und Lieferverschiebungen mit, aber generell kann man für uns sagen: nicht gut, aber okay.
Beschaffung aktuell: Haben Sie interne Strategien, wie Sie dem entgegenwirken oder ist das gar nicht notwendig?
Pfeifer: Natürlich. Wir versuchen die Anfragen weiter zu diversizieren, um die Ausfallrisiken zu minimieren. Wir fragen beispielsweise andere Lieferanten an und prüfen, wo wir welche Teile alternativ beziehen können. Bei uns ist es aber so, dass wir auch viele Zukaufteile haben, die werkzeuggebunden sind. Hier können wir nicht von heute auf morgen Alternativlieferanten aufbauen. Aber wir versuchen uns da so breit wie möglich aufzustellen oder auch mehr Material auf Lager zu legen. Also es wird alles getan, um die Lieferfähigkeit aufrechtzuerhalten.
Beschaffung aktuell: Ein Geschäftsbereich ist der Bereich Abgastechnik für Verbrennungsmotoren. Die EU hat kürzlich beschlossen, dass ab 2035 keine PKWs mehr mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden. Wie stellen Sie sich hier neu auf?
Pfeifer: Zum Glück gibt es mittlerweile in der Politik neue Erkenntnisse, sodass man sich die Technologieoffenheit auch über 2035 hinaus behält. Die Verbrennungsmotoren würden dann mit E-Fuels betrieben, also klimaneutral. Dass bedeutet, wenn ich ja einen Treibstoff habe, der CO2 bindet zur Herstellung und den dann wieder freigebe, habe ich einen klimaneutralen Antrieb. Auch wenn es ein Verbrenner ist. Nichtsdestotrotz werden wir ab 2035 natürlich das Thema Verbrenner weiter minimieren müssen, nicht nur europaweit, sondern wahrscheinlich auch weltweit. Andere Märkte hängen sich da ja auch schon dran und dementsprechend haben wir eine klare Strategie ausgesprochen, das Produktportfolio hier zu diversifizieren. Natürlich werden wir, wenn unsere Kunden mit neuen Anfragen im Abgasbereich auf uns zukommen, diese nicht ablehnen. Aber wir haben eine klare Wachstumsstrategie und diese ist darauf ausgelegt, die Diversifizierung in unserem Produktportfolio voranzutreiben. Wir haben eine Fünf-Säulen-Strategie, auf der das Fundament der GMW ruhen soll. Diese haben wir verabschiedet und an der Umsetzung arbeiten wir momentan mit Hochdruck.
Beschaffung aktuell: Welche Branchen bedienen Sie außerhalb vom Automotive-Bereich?
Pfeifer: Wir sind noch sehr abgaslastig aufgestellt, aber das ändert sich. Unsere Strategie hat darin gemünzt, dass wir jetzt ein Bremspedal im Portfolio haben. Unser erstes Bremspedal für ein Elektrofahrzeug. Dass ist zum Beispiel eines dieser Resultate. Das andere Ergebnis ist, dass wir mittlerweile pro Woche 20.000 Dachhaken für die Solarindustrie herstellen. Darüber hinaus fokussieren wir uns auch auf Branchen wie Medizintechnik, Maschinenbau und Landmaschinen. Das sind so die Bereiche, in denen wir momentan auch Aufträge akquirieren und hinzunehmen.
Beschaffung aktuell: Gerade der Landmaschinenbau boomt derzeit, oder?
Pfeifer: Absolut. Und hier sind wir wirklich gerade noch am Anfang. Wir möchten die Zusammenarbeit mit einem großen Hersteller sukzessive weiter ausbauen und auch die Marktbegleiter. Wir haben da schon sehr viele Kunden im Portfolio, auf die wir jetzt ein größeres Augenmerk legen und mit denen wir weiter wachsen möchten.
Beschaffung aktuell: Was zeichnet GMW als den idealen Partner für den Kunden und den Einkauf aus?
Pfeifer: Dass ist wie mit dem Bremspedal für das Elektrofahrzeug, was wir hersellen. Hier kam der Kunde mit einer Thematik auf uns zu, nicht nur mit einer reinen Anfrage, sondern der konkreten Frage, was wir als Experten für Rohrumforumg für Designvorschläge hätten. Genau in dieser eher partnerschaftlichen Beziehung verstehen wir uns mittlerweile und dort können wir auch unseren Kunden einen Mehrwert bieten. Wenn der Kunde mit einer Fragestellung oder einem Problem zu uns kommt und wir ihm jetzt nicht nur sagen: Okay, das Teil machen wir dir, sondern dass wir ihm wirklich den kompletten Service anbieten, also von Engineering-Dienstleistungen bis hin zum kompletten Fertigungskonzept. Bis zur gesamten Betreuung hin zur Serienfertigung, das heißt auch mit externen Bearbeitungsschritten, sodass der Kunde am Ende ein Bauteil erhält, was seinen Spezifikationen entspricht. Welche dann nicht nur qualitativ, sondern auch in Sachen Wirtschaftlichkeit im richtigen Rahmen liegen. So haben wir es bei diesem Bremspedaldesign auch gemacht. Der Kunde hat uns mit dieser Fragestellung konfrontiert. Wir haben ihm dann einen ersten Designentwurf geliefert. Daraufhin gab es dann Simulationen, ob das auch von den Vorgaben passt, dass das Bremspedal die Kräfte aushält. Bis hin zu einem kompletten Fertigungskonzept. Wir haben dann eine komplette Fertigungslinie für den Kunden aufgebaut. Also das war nichts, wo man sagt: Okay, wir gehen jetzt zu einem Maschinenhersteller, die Maschine brauchen wir und dann können wir das Teil herstellen. Sondern wir haben eine Fertigungszelle aufgesetzt, die genau auf dieses Teil zugeschnitten war und dann das Ganze auch mit dem Kunden zusammen abgestimmt. Dass haben wir in unserem Werk in Rumänien aufgebaut und gefertigt. Was auch zu der Preisstrategie gehört hat – dass wäre in Deutschland zu den Preisen nicht abbildbar gewesen. Dieses Projekt war für uns eine sehr große Herausforderung, die aber auch wahnsinnig viel Spaß gemacht hat. Dieses Vorgehen ist auch ein anderes Zusammenarbeiten mit dem Kunden. Es ist ein partnerschaftliches Projekt und das ist es, wo wir uns mittlerweile immer mehr hinbewegen. Wir verstehen uns als Fullservice-Dienstleister.
Beschaffung aktuell: Was genau bieten Sie noch an Services an, um für den Einkäufer interessante Angebote machen zu können?
Pfeifer: Im Einkauf soll ja bekanntlich gespart werden. Der Einkäufer hat den ganzen Tag über auch noch andere Lieferantenthemen, Preisverhandlungen und so weiter auf seiner To-Do-Liste stehen. Das heißt, was ist das ureigenste Interesse des Einkäufers? Er möchte mit dieser Anfrage so wenig wie möglich Arbeit haben. Genau da setzen wir an. Wir wollen dem Einkäufer diese Arbeit abnehmen, wenn er mit einer Anfrage auf uns zukommt. Unsere Maxime ist, dass wir das für ihn so reibungslos wie möglich gestalten. Wir geben also nicht nur ein Angebot ab, sondern nehmen ihm die Arbeit ab und versuchen ihm so viel wie möglich zuzuarbeiten. Darüber hinaus erfolgt eine enge Abstimmung, sodass es einen zügigen und effizienten Übergang in die Serie gibt. Idealerweise hat der Einkäufer am Ende nicht mehr viel zu tun. Das fängt bei uns bei Engineering-Tätigkeiten an, sodass wir uns die Zeichnung nochmal genau anschauen und unter Herstellbarkeitsanalysen und es unter Kostengesichtspunkten, mit gewissen Rotstiftzeichnungen betrachten. Dann gehen wir wieder auf den Kunden zu. Falls noch zusätzliche Bearbeitungsschritte notwendig sind, kümmern wir uns natürlich auch um diese vollumfänglich. Somit übernehmen wir die komplette Bauteilverantwortung für unserren Kunden und entlasten damit den Einkäufer.
Beschaffung aktuell: Dann haben Sie eine hohe Fertigungstiefe?
Pfeifer: Wir versuchen die Fertigungstiefe so hoch wie möglich zu halten. Dass ist immer von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Wir prüfen immer, dass wenn das Bauteil in unsere Vertriebsstrategie reinpasst, was wir uns von der Wertschöpfungstiefe ins Haus holen oder wo es am besten ist, einen Dritten ins Boot zu holen, der den jeweiligen Arbeitsschritt besser kann.
Beschaffung aktuell: Was sind Ihre Ziele und Strategien für das kommende Jahr?
Pfeifer: Wir hatten bis 2025 eine Strategie ausgerufen, ein gewisses Umsatzziel zu erreichen. Das sollte dieses Jahr schon erreicht sein. Wir arbeiten nun an einem Update dieses Ziels. Unser Ziel ist ganz klar weiter zu wachsenn. An beiden Standorten – Rumänien und Deutschland. Darüber hinaus möchten wir den Mobilitätswandel beziehungsweise den dadurch angestoßenen Diversifizierungsprozess in unserem Produktportfolio noch weiter voranzutreiben.
Für Beschaffung aktuell führte Alexander Gölz, Chefredakteur Beschaffung aktuell, das Interview.
Gersfelder Metallwaren
Die Gersfelder Metallwaren GmbH steht seit über 50 Jahren für innovative Fertigungslösungen und gehört heute zu den führenden Herstellern von Montage- und Schweißbaugruppen, Draht- und Rohrbiegeteilen sowie Drehtteilen in Deutschland. Zu den Kunden der GMW zählen Tier-1- und Tier-2-Systemlieferanten aus den Branchen Landmaschinen, Maschinenbau, Automobil- und und Medizintechnik. Der Familienbetrieb hat seinen Sitz in Gersfeld nahe Fulda und gehört mit ca. 250 Mitarbeitern auf einer Werksfläche von 6.000 m² zu den größten Arbeitgebern in der Region. Seit 2019 gibt es einen weiteren Produktionsstandort nahe Arad in Rumänien mitweiteren 3.000 m² Produktionsfläche.