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Mobile Expertenteams sichern die Supply Chain

Operative Unterstützung von Lieferanten durch OEMs
Mobile Expertenteams sichern die Supply Chain

Mobile Expertenteams sichern die Supply Chain
OEMs senden Expertenteams zu ihren Lieferanten um die Versorgungssicherheit wieder herzustellen und halten diese Einsätze oft schon in ihren Lieferantenverträgen fest. (Bild: Mechanik/123rf)
Supply Chains werden immer komplexer und damit verwundbarer. OEMs in der Automobilindustrie und im Maschinenbau geben sich daher mit den üblichen Methoden zu Auswahl und Management von Lieferanten nicht mehr zufrieden. Sie entsenden Expertenteams als mobile Eingreiftruppen, die mit praktischer Hilfe vor Ort die Versorgungssicherheit kurzfristig wieder herstellen oder auch nachhaltige Verbesserungen bei Lieferanten vorantreiben.

OEMs in der Automobil- und Maschinenbauindustrie fokussieren immer stärker auf die eigenen Kernkompetenzen, damit steigt die Zahl und Abhängigkeit von Lieferanten. Viele Lieferanten sind zumindest kurzfristig nicht zu ersetzen. Der OEM kann eigene Prozesse optimieren wie er will. Wenn es nicht gelingt, alle relevanten Prozesse zur Auftragserfüllung durch die Lieferanten einzubeziehen, bleiben blinde Flecken und die Versorgungssicherheit ist gefährdet. Immer mehr Unternehmen suchen Antworten auf diese Herausforderungen.

Bisher stark auf Auswahl- und Monitoring-Prozesse sowie sanktionierte Eskalationssysteme fokussiert, rücken daher aktuell praktische, operative Hilfestellungen in den Vordergrund des Lieferantenmanagements. Dahinter steht die Überlegung, dass sich mit partnerschaftlichen Hilfestellungen Probleme bei einem bereits bekannten Lieferanten schneller und zuverlässiger lösen, als dies mit einem Wechsel des Lieferanten möglich wäre. Voraussetzung dafür ist das Bereithalten von Teams aus SCM- und Produktionsexperten, die mit den Anforderungen und Prozessen in der Supply Chain des OEMs vertraut sind und bei Bedarf schnell vor Ort sein können. Überspitzt formuliert: eine mobile Eingreiftruppe zur Sicherung der Supply Chain.
Ein Anbieter in diesem Markt ist die Münchener Wassermann AG, ein auf Supply-Chain-Themen spezialisiertes Prozess- und IT-Beratungsunternehmen. Ihre SCM-Experten beraten OEMs nicht nur zu den klassischen Themen im Bereich Lieferantenmanagement, sondern stellen auch Teams, die weltweit im Bedarfsfall beim Lieferanten zum Einsatz kommen.
Bei diesen Einsätzen hat sich gezeigt: Über ein zweigeteiltes Vorgehen aus Sofortmaßnahmen zum Troubleshooting und Hilfestellungen für nachhaltige Prozessverbesserungen lassen sich die größten Erfolge erzielen.
Phase 1: Feuerwehreinsätze
Drohen und existieren Materialengpässe an den Linien des OEMs, werden die Einsätze der „mobilen Eingreiftruppe“ mit den Lieferanten abgestimmt und diese kurzfristig auf den Weg geschickt. Erste OEMs verankern diese Einsätze bereits in ihren Lieferantenverträgen und etablieren damit ein Notfallsystem, um Risiken in der Versorgung zu minimieren.
Die Teams bestehen in der Regel aus zwei Beratern und wie bei Feuerwehreinsätzen besteht deren erste Aufgabe in einer schnellen Lageanalyse und Sofortmaßnahmen zur „Brandbekämpfung“ und Schadensbegrenzung. Das oberste Ziel ist die Wiederherstellung der Versorgungssicherheit. Mit den Beraterteams erhält der Lieferant zusätzliche Ressourcen, IT- und Prozess-Knowhow, um gemeinsam die Ursachen für Lieferengpässe analysieren und wirksame Gegenmaßnahmen entwickeln zu können. Gleichzeitig wird über das Team eine enge Kommunikation mit dem OEM aufgebaut. Die Erfahrungen bei diesen Einsätzen zeigen: Schon die Kommunikation mit einem Beraterteam als Mediator und die dadurch gewonnene Transparenz über die Lage vor Ort tragen dazu bei, eine konstruktive, lösungsorientierte Atmosphäre zwischen OEM und Lieferanten aufzubauen. Die Gegenmaßnahmen werden dann situativ vereinbart und umgesetzt. In aller Regel sind es ganze Bündel von Sofortmaßnahmen und deren konsequente Umsetzung in Planung, Produktion und Qualitätssicherung, die hier zum Erfolg führen.
Phase 2: Mittel- und langfristig agieren
Entspannt sich die Lage nach Umsetzung der Sofortmaßnahmen, erfolgt der Übergang in die zweite Phase. In der Praxis werden dazu die vorher erkannten Problemfelder untersucht, um Prozessschwächen zu erkennen, zu analysieren, zu dokumentieren und dann mess- und steuerbar zu machen. Die IST-Analyse der Prozesse geht in eine FMEA (Failure Mode and Effects Analysis) über. Bei der Lösung helfen Materialflussanalysen, organisatorische Veränderungen in der Supply-Chain-Planung, die Betrachtung der Qualitätssicherung oder Verbesserungen in der IT-Unterstützung von Prozessen. Im Kern gehen die Feuerwehreinsätze hier in den Bereich Lieferantenentwicklung über, mit dem Unterschied, dass hier der OEM über das Beraterteam eng in die Umsetzung eingebunden ist.
Im Rahmen von Anschlussprojekten werden so häufig Lean-Prinzipien oder eine umfassendere Ressourcenplanung realisiert. So kann es Aufgabe sein, die Flexibilität der Fertigung zu erhöhen, um sie besser auf Kundenbedarfe abzustimmen, Anlagen besser auszulasten, die Qualitätssicherung zu verbessern oder den Ausschuss zu verringern. Weitere häufig auftretende Fehler sind Diskrepanzen zwischen theoretischen und tatsächlichen Durchlaufzeiten, die Über- oder Unterschätzung der Flexibilität von Mitarbeitern und Maschinen oder lückenhafte Bestandsbuchungen. Zu guter Letzt darf auch nicht übersehen werden, dass der Zulieferer selbst wieder von Lieferanten abhängig ist. So kommt es schließlich dazu, dass Berater, die im Rahmen des Lieferantenmanagements zum Zulieferer entsandt wurden, diesen wiederum bei seinem Lieferantenmanagement unterstützen.
Flankierende Maßnahmen
Je früher der OEM mögliche Versorgungsengpässe entdeckt, sich bei Lieferanten detaillierter erkundigt und gegebenenfalls seine Expertenteams auf den Weg schickt, desto größer die Erfolgswahrscheinlichkeit und desto niedriger die Kosten für den OEM. Die Erfahrung der Wassermann-Teams hat gezeigt, dass sich hier durchaus valide Frühindikatoren und damit Frühwarnsysteme für Probleme in der Versorgungssicherheit entwickeln lassen. So haben erste Automobil-OEMs gute Erfahrungen mit dem Monitoring von Expresslieferungen oder sich abrupt verschlechternde Qualitätskennzahlen gemacht. Ein Reichweiten-Monitoring, welches vorgelagerte Stufen in der Lieferkette integriert, bietet darüber hinaus ein Frühwarnsystem: Versorgungsengpässe werden aktiv angegangen, ehe sie auftreten. Diese Kennziffern indizieren Prozessprobleme beim Lieferanten, noch bevor die Supply Chain abreißt. Aufgabe ist es, das IT-gestützte Monitoring dieser Kennzahlen für Verantwortliche im Bereich Versorgungssicherheit und klare Handlungsanweisungen bei Schwankungen zu etablieren.
Bei strategisch besonders wichtigen Lieferanten empfiehlt sich zudem eine stärkere Integration in die IT- und Planungssysteme des OEMs. Damit wird die Transparenz für den OEM enorm erhöht. Technisch sind solche Schnittstellen zwischen modernen IT-Systemen deutlich weniger aufwendig als früher. Voraussetzung ist allerdings ein gemeinsames Verständnis von strategischen Partnerschaften im Supply Chain Management und eine große Offenheit zwischen beiden Partnern. Vielleicht wäre dann auch der Begriff Lieferantenmanagement irreführend und müsste durch neue Begriffe wie Supply-Chain-Kooperation ersetzt werden.

Zwei Beispiele aus der Beratungspraxis

Lieferantenmanagement – Praxiserfahrung

1. Autositzhersteller
Herausforderung: Ein Tier-1-Zulieferer für die Automobilinnenausstattung kam im Zusammenhang mehrerer Produktanläufe in Lieferschwierigkeiten.
Vorgehen: Es wurden Bestandsdaten zu kritischen Materialnummern an definierten Messpunkten erhoben. Eine Bestandsübersicht der Unterlieferanten bis Tier-3 war notwendig, um frühzeitig auf drohende Engpässe in vorgelagerten Stufen reagieren zu können. Mit der Implementierung eines Tools für das Monitoring des Kettenbestandes ließen sich aufgrund der Bestandsinformationen schnell kundenbezogene Reichweiten ableiten.
Ergebnis: Die Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette ermöglichte Abrissprognosen für ein rechtzeitiges Eingreifen. Die Kommunikation zwischen OEM und Lieferant wurde verbessert, Lieferengpässe reduziert, die Lieferfähigkeit wieder hergestellt.
2. Fachbetrieb für Oberflächenveredelung
Herausforderung: Ein Handwerksbetrieb entwickelt sich zum Automobilzulieferer, kann aber mit seinen gewachsenen Strukturen und Prozessen die Bedarfsvolumen nicht mehr bewältigen. Anläufe von neuen Fahrzeugprojekten mussten aus kapazitiven Gründen verlagert werden.
Vorgehen: Die Produktionsprozesse wurden analysiert, ein Kennzahlensystem und ein Konzept für die Produktionsplanung erstellt.
Ergebnis: Mit der Transparenz über die Wertschöpfungskette und einer neuen Planungsorganisation konnten Rückstandsfreiheit gegenüber dem Kunden sowie hundertprozentige Liefertreue erreicht werden. Die Mitarbeiter des Zulieferers wurden zu den Themen ERP-Prozesse und Lean-Methoden geschult. Die verbesserte Effizienz führte zu einer Erhöhung der Ausbringungsmenge um 40 Prozent in 5 Monaten.

Sebastian Dogunke, Leiter Lieferantenmanagement, Wassermann AG
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