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Potenziale von Open Source nutzen – Resilienz steigern

Zusammenarbeit von Unternehmen in der Supply Chain
Potenziale von Open Source nutzen – Resilienz steigern

Digitale Technologien gelten als Lösungsansatz zur Steigerung der Resilienz. Gerade in Krisenzeiten stellt jedoch die Umsetzung aufgrund fehlender Ressourcen ein Problem dar. Open-Source-Konsortien stellen sich den Herausforderungen und zeigen Potenziale der Digitalisierung durch Offenheit und Kollaboration.

Durch aktuelle Krisen hat sich Resilienz als entscheidenden Erfolgsfaktor in Unternehmen und Supply Chains in einer sich ständig verändernden Geschäftswelt hervorgehoben. Um widerstandsfähig gegenüber Krisen zu sein, sind neue Fähigkeiten im Einkauf gefordert. Der Aufbau von Resilienz durch den Einkauf erfordert nicht nur die Transformation der eigenen Organisation hinsichtlich ihrer Beschaffungsentscheidungen und der eigenen Unternehmenskultur. Es bedarf darüber hinaus einer ganzheitlichen Sichtweise auf die Lieferkette, sodass in einem kollaborativen Umfeld gemeinsam mit den Lieferkettenpartnern Resilienz in der Lieferkette aufgebaut werden kann.

Drei grundlegende Prinzipien haben sich herausgestellt, um in Krisen handlungsfähig zu bleiben: Agilität, Adaptivität und Supply Chain Alignment. Die Agilität beschreibt die Fähigkeit der Einkaufsorganisation, schnell auf Störereignisse reagieren zu können, um Managemententscheidungen auf Veränderungen anzupassen. Die Eigenschaft der Adaptivität ermöglicht die Restrukturierung und Anpassung des Lieferantennetzwerkes an Marktveränderungen. Supply Chain Alignment fokussiert die Ausrichtung von Organisationen an Zielen und Prozessen der Supply-Chain-Partner. Bereitstellung von Informationen, die Übernahme von Kosten und Risiken sowie die Wahrnehmung der Verantwortung gegenüber den Lieferkettenpartnern ermöglichen eine gemeinsame Antwort auf Störereignisse entlang der Lieferkette.

Open Source als Strategie in Krisenzeiten

Um Fähigkeiten zur Steigerung der Resilienz in Unternehmen aufzubauen, müssen konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Die Digitalisierung wird häufig als ein zentraler Treiber zur Steigerung der Resilienz genannt und die letzten Krisen haben weiter verdeutlicht, dass Unternehmen mit digitalisierten Prozessen widerstandsfähiger gegenüber disruptiven Ereignissen waren. Insbesondere ist die Transparenz Grundvoraussetzung für ein besseres Verständnis der Supply Chain und die Erkennung von Risiken zur Optimierung von Geschäftsprozessen. Auch die Verfügbarkeit von Daten in Echtzeit unterstützt die Anpassungsfähigkeit und Entscheidungsfindung.

Zur Umsetzung der digitalen Transformation in Unternehmen sind jedoch finanzielle und personelle Ressourcen gefordert und gerade die sind in Krisenzeiten oft nicht ausreichend vorhanden. Der Fokus wird daher stärker auf kurzfristige Erfolge gelegt, anstelle eines Aufbaus nachhaltiger Systeme des Risiko- und Krisenmanagements. Es fehlt ein Lösungsansatz, mit dem die digitale Transformation zum Aufbau von Fähigkeiten der Krisenbewältigung angestoßen und erleichtert werden kann. Die Entwicklung von digitalen Lösungen unter den Prinzipien von Open Source – also der freien Verfügbarkeit, Anpassung und Verbreitung von Hardware- und Softwarelösungen – kann eine solche Strategie sein.

Längst ist die Open-Source-Strategie nicht mehr nur ein Trend in der Softwareindustrie, sondern stellt auch in anderen Industriezweigen einen entscheidenden Faktor im Innovationsmanagement dar. Da die Kapazitäten zur Softwareentwicklung von Unternehmen außerhalb der Softwareindustrie häufig fehlen, schließen sich Unternehmen in Open-Source-Konsortien zusammen und teilen sich die nötigen Ressourcen zur Entwicklung der Software-Lösungen, die dann Open Source verfügbar gemacht werden. Diese Form des Zusammenschlusses ist sinnvoll, wenn Unternehmen ähnlichen Problemstellungen gegenüberstehen und entsprechende Lösungen im Wettbewerb nicht differenzierend sind.

Problemstellungen von Unternehmen in Krisenzeiten erfüllen häufig genau diese Voraussetzung. Zwar sind die meisten Krisen für sich genommen einzigartig, die Auswirkungen sowie potenzielle Maßnahmen sind aber vergleichbar. Grundlegende Lösungsansätze lassen sich daher standardisiert in Open-Source-Konsortien entwickeln und als Bausteine in die internen Systeme der Unternehmen integrieren.

Grundlegende Fähigkeiten zur Bewältigung von Krisen

Zusätzlich zur Unterstützung bei der Entwicklung digitaler Lösungen werden durch die Prinzipien von Open Source auch die Anforderungen an eine krisensichere Organisation in Form der drei Prinzipien des Krisenmanagements adressiert. Die Offenlegung von Quellcode beschleunigt die Innovationsgeschwindigkeit und die Verbreitung von Lösungen, indem dezentral und asynchron Entwickler die Open-Source-Projekte auf individuelle Bedürfnisse anpassen.

Durch die Nutzung externer und Bündelung unternehmensübergreifender Ressourcen bleiben Unternehmen daher auch in Krisen handlungsfähig. Dabei werden in Open-Source-Lösungen Anforderungen aus mehreren Unternehmen gleichzeitig berücksichtigt und können agil um weitere Anforderungen erweitert werden. Die Adaptivität und eine damit verbundene Anpassung an die Unternehmensumwelt wird durch die individuelle Gestaltung von Open-Source-Konsortien erreicht. Für teilnehmende Unternehmen stellt die Community einen Kanal zur Kommunikation dar, der den Zugang sowohl zu potenziellen (Software-)Lieferanten als auch zu Wettbewerbern auf dem Markt erleichtern kann. Die Integrationsstrategie und damit die Rolle der Unternehmen innerhalb einzelner Open-Source-Projekte – vom reinen Nutzer der Lösungen bis hin zur aktiven Projektteilnahme und Steuerung – kann individuell entschieden werden.

Supply Chain Alignment wird sowohl durch die Prozesse der Open-Source-Konsortien als auch durch die festgelegten Ziele erreicht. Open-Source-Entwicklung ist geprägt vom offenen Informationsaustausch und der Zusammenarbeit, welche durch Governance Strukturen in den Communities geregelt wird. In den Steering Commitees der Konsortien, welche sich üblicherweise aus Vertretern der aktiven Mitgliederorganisationen zusammensetzen, werden die Entscheidungen zur Lenkung der Community abgestimmt. Die Offenheit der entwickelten Open-Source-Lösungen fördert über die Beteiligung an den Konsortien hinaus einen demokratischen, kollaborativen Technologiefortschritt.

Open-Source-Konsortien als Innovationsquelle bieten Unternehmen die Möglichkeit, gemeinsam unternehmensinterne und –externe Prozesse effizienter zu gestalten und insbesondere informationstechnische Innovationen schnell und standardisiert zu entwickeln. Im Hinblick auf das Supply Chain Management können durch diese Art der Innovationsbeschaffung gemeinsam Lösungen für Ineffizienzen auch in Krisenzeiten entwickelt und Hürden der allgemeinen Zusammenarbeit abgebaut werden. Da die Prinzipien Agilität, Adaptivität und Supply Chain Alignment innerhalb von Open-Source-Konsortien unterstützt werden, stellen Open-Source-Strategien eine Alternative zur Verknüpfung von Risikomanagement, Krisenmanagement und Innovationsmanagement dar.

Quellen:

  • Henke, Michael; Besenfelder, Christoph; Kaczmarek, Sandra. Dortmunder Management-Modell. Handbuch Industrie 4.0: Band 3: Logistik, 2020, S. 555–571.
  • Patrucco, Andrea S.; Kähkönen, Anni-Kaisa. Agility, adaptability, and alignment: new capabilities for PSM in a post-pandemic world. Journal of Purchasing and Supply Management, 2021, 27. Jg., Nr. 4.

Die Autoren:

Florian Paffrath, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Forschungsfeld Open Source Integrationsstrategien, Lehrstuhl Unternehmenslogistik an der TU Dortmund

Julian Brinkmeyer, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Forschungsfeld Resilienz und Supply Chain Risikomanagement,
Lehrstuhl Unternehmenslogistik an der TU Dortmund

Tobias Jornitz, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abteilung Einkauf und Finanzen im Supply Chain Management, Fraunhofer IML

Natalia Broza-Abut, Teamleitung, Abteilung Einkauf und Finanzen im Supply Chain Management, Fraunhofer IML


Co-Versatile

Co-Versatile ist ein von der Europäischen Union gefördertes Forschungsprojekt mit dem Ziel, die Anpassungsfähigkeit, Resilienz und Flexibilität im europäischen verarbeitenden Gewerbe durch das Bereitstellen von Open-Source-Lösungen zu erhöhen. Das Ziel besteht darin, die Fähigkeit zur schnellen Reaktion auf plötzliche Bedarfsspitzen lebenswichtiger, medizinischer Versorgungsmittel und Ausrüstungen zu verbessern. Im Fokus stehen:

  • eine schnelle Reaktionsfähigkeit in Krisenzeiten,
  • die Schaffung eines zugänglichen und demokratischen Digitalen Technopols zur effizienten und flexiblen Umlenkung von Produktionskapazitäten,
  • die Validierung des Digitalen Technopols und
  • die Nachhaltigkeit und Erweiterung des Digitalen Technopols, sodass diese Infrastruktur auf die gesamte europäische Fertigungsindustrie ausgedehnt werden kann.

www.iml.fraunhofer.de


Open Logistics Foundation

Die Open Logistics Foundation ist eine gemeinnützige Organisation, die sich auf die Förderung und Entwicklung von Open-Source-Lösungen im Bereich der Logistik und des Supply Chain Managements spezialisiert. Die Stiftung setzt sich aktiv für Offenheit und Transparenz ein, indem sie die Verbreitung offener Standards und Technologien fördert, um den Zugang zu Daten und Ressourcen für alle Beteiligten zu erleichtern und somit die Resilienz der Unternehmen zu stärken. Ein zentraler Schwerpunkt liegt auch auf der Nachhaltigkeit, wobei die Open Logistics Foundation bestrebt ist, umweltfreundliche Praktiken zu fördern und so den ökologischen Fußabdruck der globalen Lieferketten zu minimieren. Zusätzlich wird eine signifikante Effizienzsteigerung zur Optimierung von Logistikprozessen angestrebt, indem innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen vorangetrieben werden.

https://openlogisticsfoundation.org/

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