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Businessplanung: Lieferzeiten, Bestände und Kosten reduzieren

Zukunftswerkstatt diskutiert integrierte Businessplanung
Lieferzeiten, Bestände und Kosten reduzieren

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Rege Debatte beim amc-Expertenaustausch über den S&OP: Sales and Operations Planning reduziert Lieferzeiten, verringert Bestände und optimiert die Auslastung. Neben einer gemeinsamen Datenbasis braucht es die richtigen Leute am Tisch.

Annette Mühlberger, Journalistin, Stuttgart

Am Prozess des Sales & Operations Planning (S&OP) zeigt sich, dass sich die Zusammenarbeit in Unternehmen nicht auf Knopfdruck verändern lässt. S&OP ist ein kontinuierlicher Kommunikations- und Entscheidungsprozess, der das ersetzt, was SCM-Manager Torsten Höller beim Experten-Diskurs der amc-Zukunftswerkstatt Einkauf & Supply Chain als „Untergrundplanung“ bezeichnet. Höller ist Vice President Supply Chain des Mannheimer Spezialfolienhersteller RKW. Er sagt: „Es gibt natürlich auch ohne S&OP Abstimmungen in Unternehmen. Es ist nur die Frage, wie effektiv diese sind.“

Geregelter S&OP statt „Untergrundplanung“

Was Torsten Höller meint: Der crossfunktionale Planungsprozess S&OP systematisiert das, was Mitarbeitende auch ohne diesen Standard tun, nämlich sich mit Kollegen und Kolleginnen aus anderen Abteilungen bei Änderungen abzustimmen. Allerdings tun sie das eher bilateral und wenig vorausschauend. Wenn sich Termine verschieben, neue Bedarfe entstehen, wenn Ware oder Personal fehlt, Maschinen ausfallen oder zusätzliche Transporte nötig sind, wird es in der Supply Planung ohne S&OP schnell hektisch. „Solche Feuerwehreinsätze prägen den Alltag in vielen Unternehmen“, bemerkt Andreas Pohle, Managing-Partner von amc, Gastgeber der Zukunftswerkstatt, und ergänzt: „Ohne S&OP entstehen an vielen Stellen im Unternehmen Ineffizienzen und hohe Kosten.“

Neugart: Mit dem S&OP zum Branchen-Benchmark

Dass das besser geht, zeigt das Beispiel des Spezialgetriebeherstellers Neugart aus Kippenheim: „Sales and Operations Planning bringt nicht nur sehr viel Effizienz, sondern auch sehr viel Ruhe in die Abläufe“, sagt Neugart-CEO Holger Obergföll. Durch die integrierte Businessplanung konnte das Unternehmen seine Lieferzeiten drastisch reduzieren. „Heute sind wir für die Branche Benchmark“, sagt Obergföll, der die Umstellung vor vier Jahren ins Laufen brachte. Die Variantenvielfalt in der Fertigung ist mit 14.000 unterschiedlichen Getriebeausprägungen extrem hoch, Losgröße 1 eher die Regel als die Ausnahme. „Der S&OP ist für unsere Geschäftserfolg elementar“, sagt Obergföll deshalb. Doch nicht nur die Lieferzeiten sind durch den S&OP erheblich gesunken, auch die Verkaufspreise stehen weniger unter Druck: „Flexibilität und Geschwindigkeit spielen für viele unserer Kunden mittlerweile eine sehr große Rolle“, sagt der CEO.

RKW: Potenzielle Engpässe kennen

Beim Spezialfolienhersteller RKW hat die übergreifende Planung im ersten Schritt für mehr Transparenz gesorgt: „Durch den S&OP wurden wir uns unseres komplexen Produktionsprozesses in der Lieferkette bewusster. Wir wissen heute, wo Engpässe entstehen können“, beschreibt Torsten Höller die ersten Effekte. „Entscheidend ist, dass man auf einen gemeinsamen Zahlensatz schaut“, erklärt der erfahrene SCM-Manager, der lange Jahre für die Konsumgüterindustrie tätig war. Durch die integrierte Planung lassen sich Liefer- und Produktionsprozesse besser synchronisieren, die Bestände wurden reduziert und die Werke können sich perspektivisch aushelfen: „Das funktioniert nicht, wenn jeder für sich plant“, sagt SMC-Experte Höller und betont: „Der S&OP sichert unser Wachstum.“

Hebel des S&OP ist riesig

Die Diskussion bestätigt, welchen Effekt der S&OP auf Wertschöpfungsprozesse hat, wenn der Prozess einen hohen Reifegrad hat. Deutlich wird aus den Schilderungen der SCM-Verantwortlichen aber auch, was der Supply Planung fehlt, wenn die abteilungsübergreifende Abstimmung noch nicht oder nur rudimentär etabliert ist. „Der S&OP ist ein zentraler Schnittstellenprozess zur Synchronisation und Harmonisierung der strategischen, taktischen und operativen Planungsebenen“, erklärt Martin Lukas, SCM-Spezialist bei amc. Weil die Engpässe bei Kapazitäten und Verfügbarkeiten im Verlauf berücksichtigt würden, entstehe eine machbare Planung.

Planung monatlich anpassen

Selbst in Branchen mit geringen Nachfrageschwankungen empfehlen sich monatliche S&OP-Treffen, in denen die Beteiligten klären, ob die Rahmenbedingungen für die Planung noch stimmen oder sich verändert haben. Neugart hat diesen regelmäßigen Austausch zwischen Einkauf, Produktion, Logistik und Vertrieb um Vertreter aus der Personalabteilung und des Betriebsrats erweitert: „So können wir auch Personalthemen wie Leih- oder Ferienarbeit gemeinsam und rechtzeitig in die Planung einsteuern“, sagt Holger Obergföll.

Planung Schritt für Schritt anreichern

Grundsätzlich empfohlen wird die schrittweise Einführung des S&OP. Dabei wird man selten schon zu Beginn 100 Prozent erreichen. Excel als Planungstool reicht für den Start aus, auch das die einhellige Meinung im Webinar. „Schaffen Sie zunächst eine einheitliche Datengrundlage und sorgen Sie für eine konsequente, strukturierte Abstimmung zwischen den Beteiligten“, betont amc-Gründer Andreas Pohle auch mit Blick auf die in verschiedenen Systemen abgelegten Informationen. Deutlich wird: Sales and Operation Planning braucht Disziplin und Vertrauen. Beides wiederum erfordert Zeit und Überzeugung: „Die Beteiligten müssen zunächst den Mehrwert erkennen. Im nächsten Schritt kann man die Planung gemeinsam durch weitere Objekte anreichern“, rät Holger Obergföll. Als CEO garantiert Obergföll gleichzeitig den Management-Support für den Prozess, bei dem viele Bereiche Hand in Hand arbeiten müssen. Oder, wie es ein Teilnehmer formuliert: „Man muss die richtigen Leute an den Tisch bekommen.“

S&OP braucht Disziplin und Vertrauen

Gefragt nach Wünschen für den S&OP im eigenen Unternehmen nennen die Webinar-Gäste „Vertrauensvorschuss in den Prozess“ und „Disziplin bei den Verantwortlichen“. Ziel der SCM-Verantwortlichen ist eine gemeinsame Entscheidungsbasis. Viele wünschen sich mehr Zeit und Kapazität, etwa um die Zusammenarbeit zu fördern, Silos abzubauen und die Stakeholder zu überzeugen.

Zusammengefasst: So entsteht der Mehrwert des Forecasts

1. Für die Planungsgenauigkeit im S&OP ist ein guter Kundenforecast wichtig. Oft ist die Datenlage nicht ausreichend belastbar. Binden Sie (Ihre wichtigen) Kunden deshalb in den Prozess ein. Über Forecastdaten, die Sie aktiv abfragen, aber auch, in dem Ihr Vertrieb sich bei den Kunden regelmäßig nach möglichen Verschiebungen erkundigt.

2. Fassen Sie Ausreißer nach, um die Verbindlichkeit des Forecasts zu betonen.

3. Federn Sie Nachfrageschwankungen ab, indem Sie auch Ihre Lieferanten in den Prozess einbinden und dorthin Ihren eigenen rollierenden Forecast übermitteln.

4. Die Forecastgenauigkeit nimmt im gleichen Maß zu, in dem die Datenqualität aus den verschiedenen Quellen steigt. Mit der Planungsgenauigkeit steigt gleichzeitig der Mehrwert für alle Beteiligten (Kunden, Unternehmen, Lieferanten).

5. Kunden profitieren u. a. von kürzeren Liefer- und Wiederbeschaffungszeiten. Lieferanten von einer besseren Planbarkeit. Im eigenen Unternehmen sinken Bestände und Lagerkosten. Transportrouten lassen sich konsolidieren und Kapazitäten besser ausnutzen, was sich positiv auf Kostenstruktur und Working Capital auswirkt.

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