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„Automatisierung wird eine Voraussetzung sein, um Schritt zu halten“

Keith Fisher, Präsident, Honeywell Warehouse Automation
„Automatisierung wird eine Voraussetzung sein, um Schritt zu halten“

Der Aufbau widerstandsfähiger Lieferketten endet nicht am Werkstor. Auch der innerbetriebliche Materialfluss muss zuverlässig sein und flexibel auf Änderungen reagieren können. Der Fachkräftemangel verstärkt die Notwendigkeit der Digitalisierung und Automatisierung zusätzlich. Wie sein Unternehmen hierbei unterstützen kann, erzählt Keith Fisher, Präsident bei Honeywell Warehouse Automation, im Interview.

Das Interview führte Yannick Schwab, Beschaffung aktuell

Beschaffung aktuell: Herr Fisher, welche Trends und Herausforderungen sehen Sie auf dem europäischen und deutschen Lager- und Logistikmarkt?

Keith Fisher: Lagerhäuser und Distributionszentren (DCs) haben mit einem gravierenden Mangel an Arbeitskräften zu kämpfen. Fachkräfte sind in ganz Europa Mangelware, was eine Herausforderung für die Deckung des derzeitigen und künftigen Bedarfs darstellt. In der deutschen Transport- und Lagerbranche haben laut einer DIHK-Umfrage 65 Prozent der Unternehmen Schwierigkeiten, geeignete Mitarbeiter zu finden. Das Aufkommen des E-Commerce in Europa hat das Problem weiter verschärft, da die Nachfrage nach Lagerflächen und einer effizienten Auftragsabwicklung gestiegen ist. Im Gegensatz zu anderen Regionen stehen die europäischen Märkte vor der zusätzlichen Hürde begrenzter Lager- und Logistikzentrumsflächen, was den Betrieb erschwert. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, benötigen Unternehmen Automatisierungslösungen, die einen effektiven, hohen Durchsatz bieten, ohne viel Platz zu beanspruchen. Die Automatisierung entwickelt sich zu einem der wichtigsten Faktoren für mehr Sicherheit, Produktivität und Mitarbeiterbindung in der Lagerbranche.

Welche Auswirkungen hat der steigende Automatisierungsgrad auf die Arbeitsplätze?

Um die steigende Verbrauchernachfrage zu befriedigen, ist eine Kombination aus menschlicher und automatisierter Arbeit in den Lagerhallen erforderlich. Durch die Übertragung von wiederkehrenden Aufgaben auf Maschinen können sich die Mitarbeiter auf komplexere Aufgaben konzentrieren. Diese Verlagerung ermöglicht es technisch versierten Arbeitnehmern, die Lagerautomatisierung zu verwalten, zu warten und zu optimieren, was ihre Arbeit intellektuell anspruchsvoll macht und zu einer höheren Vergütung führen kann. Letztendlich schafft dies einen verlockenderen Arbeitsmarkt für Arbeitssuchende und Personen, die in eine höher qualifizierte Laufbahn wechseln möchten.

Wie können Unternehmen dabei die Arbeitssicherheit in ihren Logistikzentren gewährleisten?

Fisher: Logistikzentren sind mit Sicherheitsrisiken konfrontiert, zum Beispiel durch das Bewegen schwerer Gegenstände, unsachgemäßes Stapeln und den unsicheren Einsatz von Gabelstaplern. Es ist wichtig, die Mitarbeiter entsprechend zu schulen, eine sicherheitsorientierte Kultur zu fördern und die Verwendung geeigneter persönlicher Schutzausrüstung zu gewährleisten. Darüber hinaus können autonome mobile Roboter (AMR) Paletten, Wagen und Behälter von A nach B bewegen und menschliche Mitarbeiter bei Kommissionier- und Einlagerungsvorgängen unterstützen, wodurch das Verletzungsrisiko bei diesen arbeitsintensiven Aufgaben verringert wird.

Wie wichtig ist es, die Belegschaft mit den richtigen Tools und Technologien auszustatten?

Fisher: Die Digitalisierung durch fortschrittliche Automatisierung, Software, Mobilität und Sprachtechnologie kann die betriebliche Effizienz und Sicherheit erhöhen. Eine aktuelle Bitkom-Umfrage ergab, dass 84 Prozent der Befragten bestätigen, dass digitale Lösungen Zeit sparen, während 60 Prozent von Kosteneinsparungen berichten. Außerdem gaben fast 30 Prozent der Befragten an, dass die Digitalisierung dem anhaltenden Arbeitskräftemangel entgegenwirken kann. Letztlich ermöglichen diese Tools den Unternehmen, die Herausforderungen im Bereich der Arbeitskräfte zu bewältigen, künftige Investitionsausgaben zu reduzieren und flexibel auf Marktschwankungen zu reagieren.

Welche Lösungen bietet Honeywell im Bereich der Lager- und Logistiklösungen?

Fisher: Honeywells End-to-End-Lösungen, sprachgesteuerte Software, mobile Computer und Analysetools sorgen für die Sicherheit der Mitarbeiter und ermöglichen einen effizienten Anlagenbetrieb, selbst bei begrenztem Personalbestand. Wir konzentrieren uns auf fortschrittliche Software die moderne Datenanalyse, künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen, Robotik, 5G-Konnektivität und Sensortechnologie nutzt. Mit mehr als 2,5 Millionen Mobilitätsgeräten, die weltweit eingesetzt werden, ist Honeywell einer der größten Anbieter von industriellen Handheldgeräten und Kassenscannern weltweit. Darüber hinaus ermöglicht Honeywells neues Forschungs- und Entwicklungszentrum im tschechischen Brno (Brünn) unserem regionalen Kundenstamm zum ersten Mal in Europa, unsere Technologien, einschließlich Sortiersystemen und Förderbändern, zu erleben und zu trainieren.

Welche Rolle spielen neue Technologien wie künstliche Intelligenz bei der Automatisierung?

Fisher: Unternehmen setzen Automatisierungstechnologien ein, um die Produktivität, Sicherheit und Kosteneffizienz von Lagern zu verbessern und gleichzeitig die Flexibilität unter dynamischen Marktbedingungen aufrechtzuerhalten. Der Aufstieg von Technologien wie AMRs zeigt diesen Trend. Diese Roboter nutzen die neuesten Methoden des maschinellen Lernens, der Computer Vision und der künstlichen Intelligenz (KI), um sich schnell an veränderte Arbeitsabläufe und andere Anforderungen anzupassen, neue Fähigkeiten zu erwerben und den Betrieb entsprechend zu skalieren. Letztendlich werden diese Automatisierungslösungen eher eine Voraussetzung sein, um Schritt zu halten, als ein Wettbewerbsvorteil.

Inwiefern hat die Pandemie die Nachfrage nach Ihren Produkten und Lösungen beeinflusst?

Covid-19 hat die Lieferkette durch erhöhte Nachfrage, Arbeitskräftemangel, Handelsbeschränkungen und soziale Distanzierung – um nur einige Probleme zu nennen – schwer gestört. Die Einführung von Automatisierungs- und Digitalisierungslösungen trug dazu bei, die Effizienz, die Produktivität und die Sicherheit der Mitarbeitenden zu erhöhen, indem risikoreiche Aufgaben angegangen wurden. So passte Honeywell beispielsweise seinen Fertigungsprozess an, um desinfizierbare Gehäuse für gängige mobile Computer, Barcode-Scanner und Drucker anbieten zu können und so eine sicherere Arbeitsumgebung zu schaffen.

Darüber hinaus haben wir die Funktionen unserer Honeywell Operational Intelligence-Software erweitert, die Mitarbeitern und Managern mit Echtzeitdaten dabei hilft, auf geänderte Gesundheits- und Sicherheitsrichtlinien zu reagieren. In mehreren Einrichtungen haben wir unsere Sprachautomatisierungslösung „Honeywell Guided Work“ eingeführt, die die Produktivität um bis zu 35 Prozent erhöht. Um mit dem enormen Druck auf die Abwicklungsprozesse Schritt zu halten, verlassen sich unsere Kunden auf unser Fachwissen und unsere Technologien, die ihnen helfen, einen maximalen Durchsatz, tägliche Flexibilität, zukunftssichere Skalierbarkeit und intelligente Entscheidungen zu treffen.

Es wird viel über Deglobalisierung und Reshoring gesprochen. Verändern sich Ihrer Meinung nach die globalen Lieferketten?

Auch wenn einige Unternehmen von der Verlagerung profitieren können, ist sie nicht die einzige Lösung. Die digitale Transformation wichtiger Betriebsbereiche kann die bevorzugte Option sein. Die sich entwickelnde Natur globaler Lieferketten erfordert die Fähigkeit, sich an unvorhersehbare Marktbedingungen anzupassen. Die derzeitige Anpassungswelle in der Branche ist eine Reaktion auf diese Herausforderung, wobei die Unternehmen auf den Bedarf an Flexibilität reagieren oder proaktiv darauf eingehen.

Wie kann Honeywell dabei helfen, transparente und effiziente Lieferkette aufzubauen?

Fisher: Honeywell unterstützt Unternehmen bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen innerhalb der Lieferkette – von der Bestandsoptimierung bis zur Automatisierung ihrer Lagerabläufe. Unser umfassendes Angebot an Automatisierungstechnologien, Software und Mobilitätslösungen wird durch unser grundlegendes Know-how in den Bereichen Sensoren, KI, maschinelles Sehen und andere Lerntechnologien ermöglicht. Diese Verschmelzung von Technologien verbessert nicht nur das Verständnis des fortschrittlichen Lagerautomatisierungsportfolios, sondern nutzt auch die heute verfügbare Rechenleistung, um die schnelle Verarbeitung großer Datenmengen für eine effiziente Entscheidungsfindung zu ermöglichen.

Haben die Herausforderungen der letzten Jahre für Veränderungen in Ihrer eigenen Beschaffungsstruktur gesorgt?

Wie jedes Unternehmen hat sich auch unser Beschaffungskonzept an die sich verändernde Landschaft angepasst. Durch die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten stellen wir sicher, dass die vom Markt geforderten Lösungen konsequent umgesetzt werden. Dank unseres diversifizierten Portfolios und unserer Fähigkeit, auf internationalen Märkten vor Ort zu agieren, können wir die Bedürfnisse unserer Kunden erfüllen. Als Anbieter von Supply-Chain-Technologielösungen sind wir darüber hinaus in der Lage, unsere Erkenntnisse weiterzugeben und unsere Kunden auf der Grundlage der gewonnenen Einsichten zu unterstützen.

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