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Herausforderungen annehmen – Ziele erreichen

Herausforderungen annehmen – Ziele erreichen
Kopf hoch und nach vorne schauen in schweren Zeiten

Kopf hoch und nach vorne schauen in schweren Zeiten
Die Einkäuferveranstaltung ProcureCon 2024 in Boston eröffnete Charlotte de Brabandt mit einer Rede zum Thema „Discipline is essential on everyone‘s journey to success“: https://rb.gy/dxnrv1 Bild: ProcureCon
Als Expertin im Bereich Einkauf, Verhandlung und Technologie hat sich Dr. Charlotte de Brabandt weltweit einen Namen gemacht. In diesem Beitrag spricht sie nach ihrer schweren Erkrankung darüber, wie man mit schwierigen Situationen umgeht. Jeder von uns trägt einen Rucksack voller Herausforderungen, aber wie geht man damit um? Dazu gehört das Bewusstsein, Klarheit, richtiges Kommunizieren und sich mit der richtigen Gemeinschaft zu umgeben.

Charlotte de Brabandt

Vielleicht ist es kein Zufall, dass ausgerechnet das deutsche Wort „Rucksack“ Eingang in die englische Sprache fand und dadurch weltweit verbreitet wurde. Bringt es doch die Last auf dem Rücken deutlich zum Ausdruck. Es ist eine universelle Weisheit, dass jeder Mensch seinen individuellen Rucksack zu tragen hat. Er speichert persönliche Erfahrungen, Belastungen und Herausforderungen.

Das gleiche gilt für den Businessbereich. Jede Unternehmung hat ihre eigene Geschichte, die nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen beinhaltet. Nicht jede Preisverhandlung ist gut gelungen und so manches Top-Produkt entpuppte sich schon als Ladenhüter. Gerade die Einkäufer müssen sich im Zeitalter der Globalisierung Situationen stellen, in denen es ebenso schnell wie flexibel zu reagieren gilt. Doch trotz innovativer Strategien sind sie nicht immer so effektiv und effizient, wie es wünschenswert ist. Im privaten wie im beruflichen Leben kommt es immer wieder zu Ereignissen, die nicht vorhersehbar waren und von denen man überrollt wird. Dann findet man sich plötzlich in einer Krise wieder. Wie kann man sie bewältigen? Wie kann man trotz widriger Umstände die eigenen Ziele erreichen?

Innere Balance gewinnen

Zunächst einmal gilt es für jede beteiligte Person, das innere Gleichgewicht zu erhalten. In kritischen Lagen hilft es weder die Augen zu verschließen, noch sich unreflektiert in etwas hineinzustürzen. Auf der psychischen Ebene ist es wichtig, externe Anforderungen wie berufliche Verpflichtungen von den persönlichen Bedürfnissen zu unterscheiden. Zwischen beiden das Gleichgewicht zu erhalten, ist eine Voraussetzung, den Inhalt des Rucksacks nicht zu schwer werden zu lassen. Gleichzeitig ist eine klare Analyse des Sachverhalts nötig. Den Dingen in die Augen schauen statt weglaufen heißt die Devise. In einer klaren Übersicht zeigt sich schon der erste Lösungsansatz. So strukturiert sich das Durcheinander im Rucksack.

Doch das Bewältigen einzelner Ereignisse ist nicht die alleinige Anforderung, die sich dem modernen Menschen stellt. Wir haben stets ein übergeordnetes Ziel im Auge, das es trotz immer wieder auftretender widriger Umstände zu erreichen gilt. Im Privatleben kann das eine Beziehung sein, die man aufrechterhalten will, im Geschäftsleben ist es die Ausgestaltung und Weiterentwicklung des Unternehmens, wofür alle Mitarbeitenden Verantwortung tragen. Wie kann es gelingen, Ziele mit Zuversicht und Entschlossenheit zu verfolgen? Mit welchem Mindset muss man ausgerüstet sein, die Herausforderungen des Lebens anzunehmen?

Bleiben wir zunächst auf der individuellen Ebene. Die Frage, wie man Resilienz in und für Krisenzeiten entwickelt, stellten sich schon große Philosophen des Altertums. Sie gehörten dem Stoizismus an, aus dem sich die heutige Praktische Philosophie entwickelte. Ihr Anliegen war es, Leid zu mildern. Ihr Postulat war, dass die Einstellung eines Menschen sein Verhalten in Krisen grundlegend bestimmt. Zu allem, was eine Person anstrebt, was sie besitzt und worunter sie leidet, hat sie eine individuelle Überzeugung. Aus dieser Überzeugung resultieren ihre spezifischen Gefühle. Der griechische Philosoph Epiktet (50–138 n. Chr.) formulierte dazu: „Nicht die Dinge selbst, sondern die Vorstellungen und Meinungen davon beunruhigen uns.“ Demnach ist es nicht die Situation als solche, die Stress und Angst erzeugt, sondern die eigene Bewertung, die man ihr zuordnet. Erst dieses persönliche Urteil führt dazu, sich bedroht zu fühlen. Diese Erkenntnis ist hilfreich dabei, Klarheit und Übersicht in die Analyse der Krise zu bringen, denn sie befähigt dazu, objektive Gegebenheiten, die sich nicht im Rucksack befinden, und persönliche Urteile, die sehr wohl zu seinem Inhalt gehören, zu trennen. Sie bereitet den Boden dafür, Problemlösungsstrategien zu entwickeln und Handlungsmöglichkeiten zu entdecken. Daraus resultiert innovative Kraft ebenso wie eine neue, bessere und optimistischere Bewertung der Lage.

Der Mensch braucht den Menschen

Doch die individuelle Einstellung, und sei sie auch noch so positiv, reicht nicht aus. Menschen können sich nicht allein Mut machen, denn sie sind, entwicklungsbiologisch betrachtet, Herdentiere. Sie brauchen andere Menschen. Ob sie sich dabei gegenseitig bekämpfen oder sich gegenseitig unterstützen – diese Entscheidung unterliegt ihrem freien Willen. Der Verhaltensbiologe Karsten Brennsing berichtet in seinem aktuellen Buch „Magie der Gemeinschaft“ vom musterhaften Verhalten unserer tierischen Vorfahren, den Schimpansen: „Sie erbringen sich in ihrer Gemeinschaft ständig gegenseitig soziale Dienstleistungen und haben ein gutes Gedächtnis dafür, was sie im Vergleich zu anderen selbst leisten und empfangen.“ Er verweist auch darauf, dass Fairness im menschlichen Zusammenleben die Grundlage für Moral ist, was aber in der heutigen Zeit zurückzugehen droht.

Gegenseitige Unterstützung gilt es also zu gewinnen und auszubauen. Aus dem Stoizismus (vom Philosophen Seneca, 1 bis 65 n. Chr.) stammt das Sprichwort „eine Hand wäscht die andere“. Diese einfache Weisheit gilt im privaten wie im beruflichen Leben. Was in der Antike die Gemeinschaft der Schülerschar war, die Seneca und seiner Philosophie folgte, sind heute unsere Peergroups und Communities. Eine Gemeinschaft erreicht selbstverständlich mehr als eine einzelne Person, und zwar auf allen Ebenen. Niemand kann heute noch allein eine große Erfindung machen. Für Motivation und einen optimistischen Blick in die Zukunft braucht man eine Gemeinschaft, die zusammenhält und in Krisenzeiten Rückhalt gibt. Mit erhobenem Kopf und festem Blick nach vorne schauen – das gelingt mit gegenseitigem Support und nimmt dem Rucksack einiges an Gewicht.

Fußball-Bundestrainer Julian Nagelsmann brachte es nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft aus der EM auf den Punkt mit den Worten „Es ist wichtig zu realisieren, … was für Möglichkeiten wir haben, wenn wir alle zusammenhalten und nicht alles extrem schwarzmalen.“ Nur in der Gemeinschaft werden wir stärker und resilienter – im Privaten wie im Beruflichen. Wir lernen voneinander, wir inspirieren uns gegenseitig und wir entwickeln uns sogar in unserer individuellen Persönlichkeit weiter. Der Zusammenhalt erleichtert es uns, uns den aktuellen Tendenzen anzupassen und zuversichtlich zu bleiben.

Nehmen wir als Beispiel die moderne Businessvariante des Partnering. Dieser Managementansatz beruht auf der Zusammenarbeit von zwei oder mehr Organisationen, die gemeinsame Geschäftsziele verfolgen. Die Zusammenarbeit steigert die Effektivität, schont Ressourcen und fördert Problemlösungen. Bei diesem Modell vertraut jeder Partner darauf, schwere Zeiten gemeinsam durchzustehen. Nicht dem Einzelnen, sondern der Gemeinschaft gelingt es so, mit erhobenem Kinn weiterzumachen und die Ziele weiterhin stringent zu verfolgen.

Appell an die Gemeinschaft

Es geht darum, über das ständige Vergleichen hinwegzukommen und erst recht über das gegenseitige Ausspielen. Gegenseitige Förderung und Inspiration sind der Schlüssel zu Glück und Erfolg. Ronald Reagan betonte 1987 vor der UN-Generalversammlung die Notwendigkeit der menschlichen Kooperation mit einem drastischen Gedankenspiel. Sinngemäß sagte er, dass die Menschen sehr stark unvereinbare Gegensätze betonen und ihre Gemeinsamkeiten vergessen. Vielleicht müssten wir von außerirdischen Wesen bedroht werden, um uns als Menschen zu vereinen, schlussfolgerte er.

Was Reagan auf die Weltsituation bezog, vollzieht sich im Großen wie im Kleinen. Gruppen mit vielen Beteiligten unterliegen der gleichen Dynamik wie Gruppen mit weniger Beteiligten. Es geht immer darum, in welcher Art und Weise Menschen miteinander umgehen.

Eine gegenseitige respektvolle und wertschätzende Haltung bereitet die Basis für Erfolge und Überwindung von Misserfolgen. Dazu gehört unabdingbar, diverse Menschen auf allen Ebenen betrieblicher Prozesse einzubeziehen. Ausgrenzungen, Diskriminierungen und Mobbing widersprechen dem Prinzip moralisch verantwortbaren Gemeinschaftshandelns grundlegend. Eine Community stärkt ihre Mitglieder auf der Basis von Humanität, Empathie und Verständnis. Diese Fähigkeiten nehmen viel Gepäck aus dem Rucksack. Ein modernes Unternehmen tut gut daran, diese Prinzipien ebenfalls anzuwenden. Sie garantieren Menschlichkeit ebenso wie gute Bilanzen.


Dr. Charlotte de Brabandt

… ist eine weltweit anerkannte Expertin für Technologie und Verhandlung sowie eine gefragte Keynote-Sprecherin und Moderatorin. Seit nunmehr 17 Jahren ist sie im Einkauf tätig und hat in dieser Zeit eine Serie von Verhandlungsbüchern geschrieben: „Verhandlung für jedermann“ und „Verhandlung in Krisenzeiten“. Bis sie von einer Krebserkrankung aus der Bahn geworfen wurde. Sie hat gegen das Schicksal gekämpft und möchte nun ihre Erfahrungen teilen. In diesem Beitrag will sie allen Mut und Motivation geben, die selber in schwierigen Zeiten stecken.

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