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Bürokratie: Abbau jetzt! Mehr Digitalisierung

Kommentar
Bürokratie: Abbau jetzt!

Bürokratie: Abbau jetzt!
Die Bürokratie induziert eine insbesondere vom Mittelstand nicht mehr tragbare Kostenbelastung ohne Mehrwert. Bild: Steffen Kögler/stock.adobe.com
Laut DIHK kamen auf EU-Ebene im Jahre 2021 auf ein abgeschafftes Gesetz 1,5 neue hinzu. Im Juni dieses Jahres kamen auf ein abgeschafftes Gesetz sogar fünf neue. Prof. Dr. Robert Fieten wirft einen kritischen Blick auf die deutsche Bürokratie und fordert mehr Digitalisierung in der Verwaltung.

Jetzt auch das noch: Nach einem neuen Vorschlag der EU-Kommission sollen Unternehmen ihre Rechnungen im Geschäftsverkehr künftig spätestens nach 30 Tagen bezahlen – ohne Ausnahme. Überprüfen soll das eine neu zu gründende Behörde. Dies zeigt einmal mehr: Unsere Unternehmen werden beinahe täglich mit neuen Gesetzen, Dokumentationspflichten, Auflagen, Formularen und Anträgen konfrontiert. Laut DIHK kamen auf EU-Ebene im Jahre 2021 auf ein abgeschafftes Gesetz 1,5 neue hinzu. In 2022 lag das Verhältnis bei 1 zu 3,5. Im Juni dieses Jahres kamen auf ein abgeschafftes Gesetz sogar fünf neue. Von einer Umsetzung der schon seit längerem postulierten „One in, one out“ -Regel zum Bürokratieabbau sind wir weit entfernt! Dabei ist in der Praxis meist gar nicht eine grundsätzlich sinnvolle Vorschrift das Problem, vielmehr sind es die damit verbundenen Verfahren oder auch die vielen überflüssigen Zusatzpflichten (z. B. Statistiken für die verschiedenen Ämter sowie Dokumentationspflichten).

Auf dem Deutschen Arbeitgebertag im Oktober beklagten Unternehmer nicht nur den halbherzigen Bürokratieabbau sondern auch eine nicht auf das Gelingen ausgerichtete Attitüde der Genehmigungsbehörden, die offensichtlich auch mit der Normenflut überfordert sind und dann vor der Genehmigung lieber abwarten, bis alle Detailfragen unklar formulierter Vorschriften durch die Mühlen der Justiz gelaufen sind.

Das Normendickicht behindert die Unternehmen – bei der Strategieanpassung, bei Investitionen und nicht zuletzt auch bei der Diversifizierung der Lieferketten (Stichwort Lieferkettensorgfaltsgesetz). Die Bürokratie induziert zudem eine insbesondere vom Mittelstand nicht mehr tragbare Kostenbelastung ohne Mehrwert. Völlig zu Recht konstatiert der BDI: „Der Abbau kostenintensiver Bürokratie ist Mittelstandspolitik im besten Sinne.“ Der BDA stellt fest: „Die digitale Abwicklung von Verwaltungsleistungen sowie eine Rechtsetzung, die Unternehmen von unnötigen Dokumentationspflichten befreit, wirkt wie ein Konjunkturpaket und fördert das Wirtschaftswachstum.“

Bei der Politik scheint die Botschaft allmählich anzukommen. So gestand Bundeskanzler Olaf Scholz beim Treffen mit den Arbeitgebern ein: „Wir haben es übertrieben mit der Bürokratie.” Er versprach Besserung. Hoffentlich kommt diese bald mit Wumms und mit mehr digitaler Verwaltung!

Im europäischen Vergleich ist Deutschland leider ein Bürokratie-Streber. Ein Beispiel: Die Bürokratie torpediert das jüngst verabschiedete Wachstumschancengesetz, das unsere Unternehmen dazu bringen soll, mehr zu investieren. Die F.A.Z. vom 19. Oktober 2023 berichtet, dass etwa zur Erlangung der geplanten Prämie für Investitionen in den Klimaschutz ähnlich wie weiland bei den Corona-Hilfen erst wieder eine neue Antragsplattform programmiert werden müsse. Hierzu heiß es im Gesetzentwurf. „Da das Antragsverfahren neu aufgebaut und entwickelt werden muss, wird hierfür ein Zeitraum von mindestens einem Jahr benötigt. Aus diesem Grunde wird eine Antragstellung frühestens erst ab dem 1. Januar 2025 möglich sein“. Hoffentlich sind dann die Wachstumschancen nicht schon verspielt.


Prof. Dr. Robert Fieten

wissenschaftlicher Berater der Beschaffung aktuell, Köln

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