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Deutschland 2024: Fitness für den Champion

Meinung
Deutschland 2024: Fitness für den Champion

Deutschland 2024: Fitness für den Champion
Der Autor: Prof. Dr. Robert Fieten, wissenschaftlicher Berater der BA, Köln

Die deutsche Konjunktur war in der zweiten Jahreshälfte 2023 nicht Fisch nicht Fleisch. In das neue Jahr starten wir aus einer technischen Rezession (Bruttoinlandsprodukt in zwei aufeinander folgenden Quartalen rückläufig im Vergleich zu den jeweiligen Vorjahresquartalen) heraus. Ein kräftiger Aufschwung ist für das erste Halbjahr 2024 kaum zu erwarten. Unsere exportorientierte Industrie leidet unter der schwachen Auslandsnachfrage, die nicht zuletzt auch auf die in dieser Ausgabe analysierte Abkühlung der chinesischen Wirtschaft zurückzuführen ist. Die zu Beginn 2023 noch beachtlichen Auftragspolster sind inzwischen abgearbeitet. Schon seit Monaten stagniert der Auftragseingang. Belastend für die Industrie wirken auch die nach den kräftigen Zinssteigerungen hohen Finanzierungskosten, die die privaten Investitionen und damit auch die Nachfrage nach Industriegütern und besonders nach Bauleistungen dämpfen. Von der Geldpolitik wird es 2024 kaum Rückenwind für die Konjunktur geben. Die erhofften Zinssenkungen dürften bescheiden ausfallen, da die EZB ein Wiederauflodern der Inflation (berechtigterweise) nicht ausschließt.

Die volkswirtschaftliche Nachfrage in unserem Lande dürfte durch das jüngste Karlsruher Urteil deutlich beeinträchtig werden. Es wird weniger öffentliche Aufträge geben; das Wegfallen von Subventionen für die grüne Transformation wird die Investitionsneigung der Unternehmen bremsen, und nicht zuletzt werden weniger konsumtive Staatsausgaben die Kaufkraft vieler privater Haushalte schwächen. Immerhin stabilisiert der bisher noch sehr robuste Arbeitsmarkt das Wirtschaftsgeschehen in Deutschland. Der Personalmangel geht einher mit kräftigen Lohnkostensteigerungen in Verbindung mit Arbeitszeitverkürzungen. Nach dem Abklingen der Lieferkettenprobleme der letzten Jahre treten wir ein in eine für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes gefährliche Lohn-Preis-Spirale, der man nur durch nachhaltige Produktivitätssteigerungen beikommen könnte. Doch danach sieht es nicht aus.

In dem auch in 2024 konjunkturell schwierigen Umfeld werden die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft mehr als deutlich. Viele davon z. B. Bürokratie sind hausgemacht. Recht treffend hieß es hierzu in der Wirtschaftswoche vom 6. November 2023: „We were the champions.“ In der Tat sind wir lahm geworden und laufen in eine strukturelle Wachstumsschwäche hinein. Der exportorientierte Champion Deutschland mit seiner starken industriellen Basis war sich zu lange zu siegessicher; er verfrühstückte die Dividenden der Globalisierung und vergaß darüber, seine Fitness zu trainieren. Nicht überraschend hat er nun Schwierigkeiten, mit der ökonomischen Weltspitze mitzuhalten. Wenn man dies näher analysiert, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Fehlentwicklungen nicht nur ein Problem der Unternehmen und der Wirtschaftspolitik, sondern auch des Mindsets in unserer Gesellschaft sind. Es muss ein Ruck durch Land und Leute gehen: Weniger Verlass auf den All-Problemlöser Staat und mehr Privatinitiative – von jedem Einzelnen. Die anhaltend schwache Konjunktur bietet die Chance, das deutsche Wirtschaftsmodell einer Runderneuerung zu unterziehen. Dies ist Priorität 1 für 2024.

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